Gerangel mit Linken-Stadtrat Oraner:"Du hast mich geschlagen"

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Linken-Stadtrat Çetin Oraner beschuldigt einen Polizeibeamten, ihn bei einer Demo geschlagen zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück: Die Demonstranten seien handgreiflich geworden. Aber auch ein Video kann nur wenig beweisen.

Von Susi Wimmer

Çetin Oraner versteht die Welt nicht mehr. Den etwa 20 000 Kurden brenne es auf der Seele, "in ihrem Land gibt es Krieg, Massenmorde". Und dann dieses Verhalten der Münchner Polizei: "Unbegreiflich, unsensibel", nennt es der Stadtrat der Linken. Damit meint er eine Eskalation bei einer Demonstration am Sonntag am Stachus. Die Polizei sagt, Çetin Oraner solle einen USK-Beamten getreten haben, der Veranstaltungsleiter denselben Beamten geohrfeigt haben. Oraner hingegen sagt, der Beamte habe ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Die diversen gegenseitigen Anzeigen laufen.

Der SZ liegt ein Video des umstrittenen Vorgangs vor. Es ist verwackelt und zeigt aufgebrachte Menschen, die sich Wortgefechte mit USK-Beamten liefern. Eine Ohrfeige gegen den Beamten ist nicht zu sehen, ob er getreten wurde, nicht zu erkennen. Zu sehen ist, dass der Beamte plötzlich vorspringt, schlägt oder schubst. Mehr ist nicht zu erkennen.

Oraner sagt, er wollte die Demonstranten beruhigen

Und so steht derzeit Aussage gegen Aussage. Feststeht, dass rund 120 Demonstranten durch die Innenstadt zogen, um gegen die Angriffe der islamischen Terrorgruppe IS zu protestieren. Nach der Demo nahmen die Polizisten am Stachus Personalien diverser Teilnehmer auf. Laut Polizei sollen verbotene Slogans für die PKK gefallen sein, einer soll ein verbotenes Lied gesungen und eine verbotene Fahne benutzt haben. Oraner behauptet, er habe die Demonstranten beruhigen wollen, auch als es nach Ende der Demo am Stachus zu Wortgefechten mit Polizisten kam. Die Sache eskalierte.

Laut Polizei soll ein Demonstrant zu einem ausländisch aussehenden Beamten "Scheiß Türke" gesagt haben. Daraufhin stürmten offenbar vier bis fünf USK-Beamte auf den jungen Mann zu und rangen ihn zu Boden. Die Demo-Teilnehmer wollten dem Festgenommenen zu Hilfe kommen, die Polizeikette verhinderte dies. Oraner sagt, danach habe "ein Beamter dem am Boden Liegenden einen Faustschlag ins Gesicht versetzt".

"Ich bin umgekippt, war benommen"

Daraufhin habe er von einem USK-Beamten verlangt, als Stadtrat vorgelassen zu werden. Dieser soll ihm einen Faustschlag ins Gesicht verpasst und ihn mit der anderen Hand gegen die Brust geschlagen haben. "Ich bin umgekippt, war benommen", so der Stadtrat. Dann sei er im Polizeigriff abgeführt worden, der USK-Beamte habe geschrien: "Du hast mich geschlagen." Zwei Stunden sitzt der Stadtrat danach in der Zelle, Widerstand und Körperverletzung werden ihm angelastet. "Eine glatte Lüge", sagt er. Immerhin seien später eine Platzwunde an der Lippe und eine leichte Gehirnerschütterung in einer Klinik diagnostiziert worden.

Die Polizei sieht das anders: Bei der Festnahme des Mannes sei es zu "Widerstandshandlungen" gekommen, bei denen "drei Beamte verletzt wurden". Gegen den beschuldigten USK-Beamten ermittelt das Landeskriminalamt, der Staatsanwaltschaft liegen bis dato noch keine Akten vor. Stadtrat Oraner will nach weiteren, deutlicheren Videos suchen.

© SZ vom 01.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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