Internationales Restaurant im Westend "Ganghofer 68":Tellerparade im Loft

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Essen in Feng-Shui-Ambiente? In einem Loft? Und auf der Karte bayerische, österreichische, russische, italienische, französische und sogar thailändische Küche? Gibt's nicht? Gibt's doch! Und zwar im Westend.

Tankred Tunke

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Früher Bananenreiferei, heute "Location": Sechs Küchentraditionen - von bayerisch bis russisch - stehen auf der Karte. (Foto: Catherina Hess)

Wer heutzutage essen geht, sucht angeblich keine bloße Abfolge von Speisen, sondern ein Erlebnis. Das jedenfalls glauben viele Marktforscher, die den Motiven der Gäste nachspüren. Und das lässt sich auch an den vielen Restaurants ablesen, die ihre Räume nicht mehr als Platz für einige leidlich gemütliche Tische begreifen, sondern als Inszenierung, als Design gewordenes Versprechen.

Im Falle des Ganghofer 68, das im Juni auf dem Gelände der neuen Medienfabrik im Westend eröffnet hat, war das Versprechen durch das Gebäude vorgegeben: Der einzige Altbau des Areals, der in das neue Ensemble sehr vorteilhaft integriert wurde, beherbergte früher im Erdgeschoss die Lagerhalle eines Supermarktes und im Gewölbekeller eine Bananenreiferei.

Entsprechend großzügig sind die Ausmaße: zwei riesige Säle auf zwei Ebenen, die durch eine lange Treppe verbunden sind, eine Galerie, zwei Bars, bis zu sieben Meter hohe Decken und allein im Hauptrestaurant 160 reguläre Plätze. Einen so enormen Raum muss man ausfüllen können; und dem Ganghofer 68 gelingt dies tatsächlich auf sehr überzeugende Weise.

Ob es nun am Feng-Shui-Zertifikat liegt, auf das die Restaurantleitung stolz ist, oder am bemerkenswert herzlichen Service: Jedenfalls fühlt man sich sofort überraschend wohl in diesem seltsamen Mega-Loft mit seinem angenehmen Licht, den hellen Parkettböden, den teilfreigelegten Ziegelmauern und der breiten Fensterfront, die den Blick auf eine traumhafte Südterrasse freigibt.

Ein solcher Ort ist ein Geschenk. Oder er wird zur Bürde, je nachdem, wie man ihn interpretiert. Das Ganghofer 68 hat da klare Vorstellungen: Es will die Mittagsgäste aus den Büros auf der Theresienhöhe. Es will Abendpublikum an sieben Tagen die Woche. Und es will "Location" sein für Veranstaltungen mit mehreren hundert Personen. Für dieses Konzept aber braucht man eine selbstbewusste Küche, die Qualität mit Pragmatismus und Bezahlbarkeit zu verbinden weiß und nicht versucht, nach mehr auszusehen, als sie ist. Schon der Blick in die Speisekarte lässt den Gast an diesem Selbstbewusstsein zweifeln.

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Weil sechs Küchentraditionen (von bayerisch über österreichisch, russisch, italienisch und französisch bis thailändisch) auf einem Menü mit nur 17 Positionen entweder von Souveränität oder von Wagemut zeugen. Weil Rechtschreibfehler zwar grundsätzlich völlig in Ordnung gehen, aber leider nicht an Blauschimmelmousse oder Thunfisch-Carpaccio.

Und weil etwa getrüffeltes Samtsüppchen vom Babyspinat eben schnell im Verdacht steht, den Tisch nur als Rahmspinatsuppe mit Trüffelöl zu erreichen. Leider zeigte schon der Gruß aus der Küche, dass die Befürchtungen eine gewisse Berechtigung hatten: Ein Koch, der in was auch immer geschwenkte Nudeln mit drei Rucolastielen als "Getrüffelte Linguine mit Crema die Azeto (sic!) Balsamico" servieren lässt, sollte sich über seine Prioritäten klar werden. Und im Zweifel auf Amuse-Gueules verzichten.

Zudem gelingt dem Ganghofer 68 das in München wohl einzigartige Kunststück, dass dem Gast eine Menüabfolge vor allem als Tellerparade in Erinnerung bleibt. Während das Spinatsamtsüppchen (etwas penetrant, 5,20 Euro) nur die Mittelvertiefung in einem Teller mit handbreitem Rand einnahm, kam das gleichzeitig servierte Geeiste Gurkensüppchen mit Flusskrebsschwänzen (zu sauer, 4,20 Euro) als vierfache Portion in einer breiten Schüssel.

Der lauwarme Oktopussalat (10,80 Euro) war in Ordnung, doch warum servierte man ihn auf einem 30 Zentimeter langen Glasriegel - links die nackten Tomaten, in der Mitte der Tintenfisch und rechts etwas Radicchio mit ein paar Balsamico-Spritzern? Die Hauptgänge wurden wahlweise in ovalen Schüsseln (Rotes Thaicurry, solide, wenn auch zu sahnig, 9,20 Euro), auf runden Tellern (Pay Ka Pow, viel zu viel Soja, 16,20 Euro) oder quadratischen Platten (Schnitzel, sehr anständig, 15,90 Euro) aufgetragen. Und jede Portion Crème brûlée (zu fest, 5,80 Euro) erreicht den Gast hier in zwei nierenförmigen Schüsselchen auf einer Art Porzellantablett.

Das mag nach Äußerlichkeiten klingen, doch wo das Essen gut ist, hätten wir diese gar nicht bemerkt. Effekte dürfen im Eventgeschäft wichtig sein, vor der Küche sollten sie halt machen. Die Ansätze im Ganghofer 68 sind übrigens gut, und das Lokal hat angekündigt, ab Januar regionale Gerichte mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Bis dahin raten wir: Pipifax runter von der Karte. Und ein paar Teller mit zum nächsten Polterabend. Allein der Ort hat verdient, dass man ihm eine Chance gibt.

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Ganghofer 68, Ganghoferstraße 68, München

© SZ vom 08.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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