Zum Zeitungsjubiläum:Sekt und Slam

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Die Fürstenfeldbrucker SZ feiert ihr 40-jähriges Bestehen mit einem Konzert mit den Bluestrings und Fee Brembeck. Die 200 Gäste im vollen Eichenauer Kardinal-Döpfner-Saal sind vollends begeistert

Von Florian J. Haamann, Eichenau

Vier Finger zeigt Fee mit ihrer rechten Hand, die linke schnellt aus Hüfthöhe über den Kopf. Blitzschnell legen die Musiker der Bluestrings nun einen wilden Klangteppich in den Raum, aus 16 Instrumenten schallt ein bedrohliches Getöse und mit ebensolcher Stimme schleudert Fee dem Publikum ihre Worte entgegen: "Ich bin das Böse. Ich bin die Mutter, die ihre eigenen Kinder tötet." Dann wird sie still, die Musiker werden noch einmal lauter, als ob sie das Gesagte in die Köpfe des Publikums pressen wollen, so dass die Brutalität jedes Satzes dort nachhallt und sich einnistet. Diese düstere Version von Fees "Medea", einer Frau, die nach der Trennung aus Rache an ihrem Mann die Kinder tötet, war wohl der Höchstpunkt der an Höhepunkten nicht armen Jubiläumsveranstaltung zu 40 Jahren Süddeutsche Zeitung in Fürstenfeldbruck.

Bluestrings-Leiter Frank Wunderer hatte extra dafür ein einfaches Symbolsystem entwickelt, mit dem die Poetry-Slammerin Fee sein Ensemble zu ihrem Text dirigieren konnte. Aber es war nur eines von mehreren gemeinsamen Stücken an diesem Abend, die alle so noch nie zu hören waren und es wahrscheinlich sobald auch nicht wieder sein werden. 200 SZ-Leser und geladene Gäste waren nach Eichenau in den Kardinal-Döpfner-Saal gekommen, um diese Veranstaltung gemeinsam zu erleben. Und die SZ war nicht das einzige prominente Geburtstagskind des Abends: Gerda Hasselfeldt, die scheidende CSU-Landesgruppenchefin, ließ sich auch an ihrem eigenen Festtag nicht davon abhalten, den Abend im Publikum zu genießen.

"Wir feiern heute ein Geburtstagkind, das mittlerweile einigermaßen reif ist und trotzdem jeden Tag jugendlich und frisch daherkommt", eröffnete der Brucker Redaktionsleiter Christian Hufnagel den Abend - und sprach natürlich von der Zeitung. "Wir hätten auch eine tiefgründige Podiumsdiskussion oder einen Tag der offenen Tür machen können. Aber wir stehen auch für eine anspruchsvolle Kulturberichterstattung. Und was läge da näher, als Ihnen ein Kulturevent anzubieten". Gerade, wenn man mit Fee Brembeck und den Bluestrings zwei so herausragende Künstler habe, die auch noch aktuelle Preisträger des Tassilopreises der SZ sind. "Dass wir mit dem Preis immer wieder junge Künstler fördern können, ist eine wunderbare Sache". Vor allem, wenn sie so einmalig mit Sprache umgehen könnten wie Fee.

Und die zeigte mit der Auswahl ihrer Texte das ganze Spektrum ihres Werks: mal lustig, mal ernst, aber immer mit einer Portion kluger Gesellschaftskritik. Diese Ebene ist es, die sie aus der Masse der Poetry-Slammer hervorhebt und sie bis zum deutschen Meistertitel geführt hat. Den Text "So einfach ist das eben nicht", mit dem die heute 23-Jährige, damals den U-18-Titel gewonnen hat, bringt sie eigentlich nicht mehr auf die Bühne. Für die SZ-Veranstaltung allerdings hat sie eine Ausnahme gemacht. Auch, weil Frank Wunderer direkt eine Idee hatte, wie er ihn mit seinen Musikern passend begleiten kann. Bei dem Thema des Textes, der Vergewaltigung einer Studentin und ihrem Weg zur Abtreibung, keine einfache Aufgabe, die mit "Metal" geradezu ideal gelöst wurde, einer schweren und dramatischen, anfangs ruhigen Rocknummer, die von Takt zu Takt mächtiger wird.

Ausgelassen dagegen war die Stimmung schon vor Beginn der Veranstaltung, wo bei Sektempfang und Häppchen SZ-Leser und geladene Gäste zusammen kamen. Darunter der ehemalige Eichenauer Bürgermeister Hubert Jung, sein amtierender Puchheimer Kollege Norbert Seidl, Dorothee von Bary von der Bürgerstiftung, Dirk Hoogen von der Brucker Sparkasse und VR-Bank-Chef Walter Müller.

Für gute Stimmung im Saal sorgten dann die Bluestrings, als sie Gershwins Arie "Summertime" anstimmten. Und dabei wartet gleich die nächste Überraschung auf die Besucher. Denn zur Bluestrings-Sängerin Zarah Patschke gesellte sich Fee mit einem Mikrofon. Es war ein eindrucksvolles Zusammenwirken: Patschke mit ihrem wundervollen Jazz-Gesang und Fee mit ihrer klassisch ausgebildeten Stimme verschmolzen zu einer Einheit der Gegensätze. Später, bei der Zugabe sollte sich dieses Schauspiel bei "Bei mir bist du schön" noch einmal wiederholen. Nach der zweiten Zugabe, der Bluestrings-Eigenkomposition "Mr. Jingle" war der Abend dann beendet, auch wenn der stürmische Applaus des Publikums vermuten ließ, dass die Besucher den Künstlern liebend gerne noch zwei weitere Stunden zugehört hätten.

Und so war am Ende des Abends spürbar, was Christian Krügel, SZ-Ressortleiter für München, Bayern und die Region, zu Beginn in seiner Rede erwähnt hatte: Dass es das Zusammentreffen von Redaktion und Lesern ist, was der Brucker Lokalausgabe ihre Bedeutung verleiht. "Wir versuchen jeden Tag, den Überblick über alles zu behalten, manchmal hat man aber das Gefühl, ihn zu verlieren", so Krügel. Es seien der direkte Kontakt und das Feedback der Leser, die der Arbeit einer Redaktion dann wieder die Erdung verleihen.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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