Wirtschaft:Wie viel ein Sparkassenvorstand verdienen darf

Lesezeit: 4 min

Rainer Gottwald vom Bürgerforum Landsberg wirft dem Brucker Kreditinstitut vor, dass Vorstand und Verwaltungsräte um ein Viertel mehr verdienen, als der eigene Verband als Höchstgrenze berechnet hat. Sparkassen-Chef Klaus Knörr weist das zurück

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Vorwürfe sind hart - und werden von den Betroffenen prompt zurückgewiesen: Entscheidungen über die Bezüge von Vorstand und Aufsichtsrat der Sparkassen in Bayern würden unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt. Zudem seien die Dotierungen, vor allem aber die Altersversorgung der Vorstände sehr üppig bemessen. Und wenn Sparkassen fusionierten, stiegen die jährlichen Bezüge der amtierenden und ehemaligen Vorstände um sechsstellige Beträge. All das behauptet das als sparkassenkritisch bekannte Bürgerforum Landsberg. In einem am 24. April verschickten Brief an Kontrollbehörden und Politiker erinnert dessen Sprecher Rainer Gottwald daran, dass die Geldinstitute sich im Besitz von Städten und Landkreisen befinden und dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Gottwald beschäftigt sich in einer Analyse auch mit der Fürstenfeldbrucker Sparkasse. Deren Chef Klaus Knörr weist Gottwalds Rückschlüsse und auch den Vorwurf der Intransparenz entschieden zurück: Dieser habe einmal mehr Zahlen aus der Luft gegriffen und falsch gerechnet.

Gottwald gilt als sehr akribischer Rechner, Kritiker werfen dem Betriebswirt aber auch vor, er schüre Sozialneid. Erst im vergangenen Jahr hatte sich der Chef einer auf die Aufbereitung von Wirtschafts- und Sozialdaten spezialisierten Firma in Landsberg zu Wort gemeldet und eine Ausschüttung der Sparkassengewinne gefordert. Statt den Großteil davon der bankinternen Rücklage zuzuführen, sollten mit den Millionen lieber Kitas gebaut oder Straßen repariert werden, so sein Credo.

Bei Politikern, die im Kontrollgremium Verwaltungsrat sitzen, drang Gottwald mit dieser Forderung bislang ebenso wenig durch wie beim Bayerischen Sparkassenverband. Dort verweist man aufs großzügige Sponsoring der Sparkassen und auf reichlich fließende Gewerbesteuern. In der Tat zählt die Sparkasse Fürstenfeldbruck zu den wichtigsten Steuerzahlern der Stadt.

Diesmal also hat sich Gottwald die Bezüge von Vorstand und Verwaltungsrat vorgeknöpft. Die sollen bei etwa der Hälfte der 71 bayerischen Sparkassen die vom Bayerischen Sparkassenverband berechneten Höchstgrenzen übersteigen - in Fürstenfeldbruck angeblich um jeweils ein Viertel. Knörr weist dies ebenso zurück wie die im Raum stehende "Selbstbedienungsmentalität" bei den Sparkassen. Gottwalds Zahlen seien falsch und falsch gerechnet.

Sichtbares Zeichen der Fürstenfeldbrucker Sparkasse: ihr markantes Hauptgebäude in der Innenstadt. (Foto: Johannes Simon)

Nachprüfen lässt sich dies freilich vor allem deshalb nicht, weil die Sparkasse in ihren Jahresabschlüssen eine wichtige Kenngröße nicht veröffentlicht. Alle vier Jahre - das nächste Mal im Dezember - werden die Höchstgrenzen für die Einkünfte des Vorstands und des Verwaltungsrats neu berechnet. An diesen Limits orientiert sich dann das Kontrollgremium bei der Entscheidung über die exakten Bezüge. In die Berechnung fließen Größen ein wie Bilanzsumme, ausgereichte Kredite oder Verbindlichkeiten an andere Institute. Berücksichtigt wird hier auch der "Steuerkurswert der Kundenwertpapiere (Depot B)", dessen Wert die Sparkasse unter Verschluss hält. Sparkassensprecher Dirk Hoogen begründet dies mit dem Wettbewerb. Weil Gottwald den Wert schlicht auf Null gesetzt hat, kommt er in der Folge auf niedrigere Höchstgrenzen. Die im Jahresabschluss 2014 ausgewiesenen 1,047 Millionen Euro für den aus Klaus Knörr, Peter Harwalik und Frank Opitz bestehenden Sparkassenvorstand sind ihm deshalb zu üppig bemessen. Gleiches gilt für die 155 000 Euro, die der sechsmal pro Jahr tagende Verwaltungsrat erhält. Diesem gehören neben Landrat Thomas Karmasin (CSU) und Oberbürgermeister Klaus Pleil (BBV) auch Stadtrat Markus Droth (CSU), Kreis- und Stadtrat Ulrich Schmetz (SPD), Allings Bürgermeister Frederik Röder (CSU), Bankkauffrau Margit Quell (SPD) sowie AEZ-Chef Udo Klotz und Bäckereichef Franz Xaver Rackl an.

Eine Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Jürgen Mistol an die Staatsregierung im Herbst 2014, in der es um eben jene Dotierung der Sparkassenverwaltungsräte in Bayern ging, hatte freilich keine Beanstandungen durch die Aufsichtsbehörde ergeben - auch nicht für die Fürstenfeldbrucker Sparkasse. 2015 hatte Mistol gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Ludwig Hartmann noch einmal nachgebohrt, kam aber letztlich zu dem Schluss, "dass sich die Sparkassen bei der Entschädigung von Verwaltungsräten in den letzten Jahren im zulässigen Rahmen bewegt haben". Zum gleichen Ergebnis war die Abschlussprüfung durch den Sparkassenverband Bayern am 4. Mai 2015 in Fürstenfeldbruck gelangt.

Karmasin, der sich an der Spitze des Verwaltungsrats mit Pleil abwechselt, sieht ebenfalls keinen Grund für Beanstandungen, zumal auch die Aufwandsentschädigungen für den Verwaltungsrat weit niedriger seien als in den Aufsichtsratsgremien anderer Banken oder Wirtschaftsunternehmen. Seine Bezüge beziffert der Landrat in seiner Funktion als Verwaltungsratsvorsitzender aktuell auf monatlich 2713 Euro. Amtsträger müssen Beträge, die eine Kappungsgrenze überschreiten, an ihren Dienstherren abführen. Nach Berechnung der SZ erhielten der Vorsitzende des Verwaltungsrats von März bis Dezember 2014 monatlich brutto 2649 Euro, sein Stellvertreter 1987 Euro und die weiteren Mitglieder jeweils 1324 Euro. Wegen Überschreitung der Kappungsgrenze wurden 2014 von der Sparkasse knapp 5700 Euro nicht an Thomas Karmasin, sondern direkt an den Landkreis überwiesen.

Das Bürgerforum Landsberg bleibt grundsätzlich bei seiner Kritik an den Regelungen für die Dotierung in den bayerischen Sparkassen und weist auf die angeblich besonders üppige Altersversorgung hin. In diesem Punkt bekommt die Gruppe Unterstützung von dem 2015 im Handelsblatt zitierten Frankfurter Finanzprofessor Ralf Jasny: Die Pensionen der Sparkassenvorstände seien "sehr viel höher als bei Genossenschafts- und Privatbanken". In ihrem Jahresabschluss 2014 beziffert die Sparkasse Fürstenfeldbruck die Zahlungen an "frühere Mitglieder des Vorstandes und deren Hinterbliebene" auf 597 000 Euro. Das Bürgerforum stört sich zudem daran, dass der Verwaltungsrat - im Rahmen der vom Verband vorgegebenen Grenzen - selbst über die Höhe seiner Aufwandsentschädigung entscheidet. Vor allem könne die für die Höhe der Vorstands- und Verwaltungsratsbezüge entscheidende Bemessungsgrundlage alle vier Jahre zum entsprechenden Stichtag hin beeinflusst werden - etwa durch eine stärkere vorherige Kreditvergabe. Selbst "faule" Kredite, also solche mit hoher Ausfallwahrscheinlichkeit, würden sich somit positiv auf die Höhe der Bezüge auswirken. Gleiches gelte für eine höhere Verschuldung bei anderen Sparkassen. Vor allem hält das Bürgerforum die Regelungen bei Sparkassenfusionen für grotesk. Weil das neu gebildete Geldinstitut in eine andere Größenklasse aufsteigt, steigen die Bezüge des dann aufgestockten neuen Vorstands deutlich.

Eine solche Fusion hat zwar auch die Sparkasse Fürstenfeldbruck (Bilanzsumme 2015: 3,51 Milliarden Euro, Jahresüberschuss 5,9 Millionen Euro, 792 Mitarbeiter) immer wieder erwogen - gerade in Zeiten niedriger Zinsen wächst der Druck auf die Banken, sich zu größeren Einheiten zusammenzuschließen. Eine mögliche Fusion mit Landsberg und Dachau kam bislang aber noch nicht voran. In Branchenkreisen heißt es, dass sich vor allem Dachau gegen solche Pläne sträube. "In absehbarer Zeit gibt es da keine Entscheidung", bestätigt Sparkassenchef Klaus Knörr.

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: