Wirtschaft:Fachkräftemangel erreicht Behörde

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Das Landratsamt wollte 54 neue Stellen schaffen. Bislang sind erst 37 besetzt oder im laufenden Verfahren. Die Gründe dafür seien vielfältig, heißt es. Die SPD kritisiert, dass die Lage zuvor dramatisiert worden sei

Von Heike A.Batzer, Fürstenfeldbruck

Der Landkreis tut sich schwer, alle seine Stellen zu besetzen. Geplant waren für das laufende Jahr 54 neue Stellen, 37 davon konnten bis Anfang August besetzt werden oder befinden sich im Besetzungsverfahren. "Wir haben enorme Probleme, in verschiedenen Bereichen Fachkräfte zu finden", gestand Landrat Thomas Karmasin (CSU) jetzt im Ferienausschuss des Kreistags. Dahinter stand freilich die Frage, ob denn der Landkreis die vielen neuen Stellen wirklich benötigt oder ob Karmasin die Lage dramatisiert habe, "um für sich zu Lasten der Kommunen einen günstigeren Kreishaushalt zu erzielen", wie ihm SPD-Fraktionssprecher Peter Falk in seinem schriftlichen Antrag vorwirft.

Zusätzliches Personal hatte sich zum Beispiel das Bauamt gewünscht. Doch weil die Konjunktur im Bausektor boomt, konkurriere der Landkreis deshalb auch mit privaten Firmen um Architektinnen und Architekten, erläutert Manfred Jankowetz, Leiter der Personalverwaltung, im Gespräch mit der SZ. Die Zahl der Bewerbungen auf eine solche Stellenausschreibung sei viel geringer als noch vor vielen Jahren. Damals habe man 20 oder 25 Bewerbungsschreiben bekommen, heute sei die Zahl der eingehenden Unterlagen häufig nicht einmal zweistellig. Das Hochbaureferat hatte zuletzt weiteres Personal benötigt, weil es viele Flüchtlingsunterkünfte einrichten musste. Außerdem läuft seit knapp einem Jahr der Abriss mit Neubau der Berufsschule Fürstenfeldbruck als größtes Bauprojekt des Landkreises, nebenher werden Schulen saniert und Anbauten geschaffen.

Der Landkreis sucht in vielen Bereichen nach Personal. In den aktuellen Stellengesuchen, die auch auf der Internetseite der Behörde zu finden sind, werden derzeit - vorerst befristet auf ein Jahr - Vollzeit-Assistenzkräfte für den Bereich Ausländerwesen gesucht, zudem - in Teilzeit - eine Tourismusbeauftragte in der Wirtschaftsförderung als Elternzeitvertretung für voraussichtlich ein Jahr sowie im Jugendamt ein Kinderpfleger oder eine Kinderpflegerin für die Ersatzbetreuung von Tagespflegekindern, ebenfalls als halbe Stelle, ebenfalls befristet auf zwei Jahre.

Auch bei den Verwaltungsstellen sieht sich das Landratsamt Fürstenfeldbruck in Konkurrenz, vor allem zu den umliegenden Landkreisen und der Landeshauptstadt München, die um dasselbe Personal buhlen. "Es ist nicht einfach in der Region", weiß Jankowetz. Im Vorjahr hatte der Landkreis insgesamt 59 neue Stellen ausgeschrieben, aber nur für 38 Stellen Personal gefunden.

Dass heuer noch 17 der geplanten 54 neuen Stellen nicht besetzt sind, dafür werden im Landratsamt verschiedene Gründe angeführt. Bei einigen Planstellen konnte man auch durch Personalrochaden auf die Einstellung neuen Personals verzichten. In einem anderen Fall wurde eine Planstelle mit Staatspersonal besetzt und fiel so aus dem kommunalen Stellenplan. Im Ausländeramt herrsche zudem eine "sehr dynamische Situation", die dazu führe, dass man "auch welche nicht braucht", wie Landrat Karmasin im Ausschuss sagte. Der Sicherheitsdienst, der neuerdings das in den Brucker Westen ausgelagerte Ausländeramt und auch das Hauptgebäude der Behörde an der Münchner Straße überwacht, wird eigens finanziert und nicht von eigenem Personal gestellt. Jankowetz weist auch darauf hin, dass das Personalcontrolling übers Jahr prüfen würde, wie viele Stunden auf einer Stelle tatsächlich benötigt würden. Der Stellenplan für das nächste Jahr wird jeweils bei den Beratungen für den Kreishaushalt im Dezember durch den Kreistag festgelegt und genehmigt. Für 2017 stiegen die Personalkosten auf die neue Rekordmarke von 36,4 Millionen Euro.

Die Kreisräte wollten in der Sitzung deshalb auch wissen, ob sie denn möglicherweise zu viele Stellen genehmigt und den Kommunen damit zu viel Geld abgenommen hatten. Denn Städte und Gemeinden finanzieren den Kreisetat zur Hälfte über die sogenannte Kreisumlage mit, über deren Höhe alljährlich gestritten wird. SPD-Fraktionssprecher Peter Falk hatte seinen Wunsch nach einer Stellungnahme der Verwaltung zum Stand der Stellenbesetzungen just mit der noch immer hohen Kreisumlage begründet. In diese seien jene 3,6 Millionen Euro eingegangen, um die der Personalkostenetat für 2017 gegenüber dem Vorjahr erhöht worden war.

Zwei Millionen Euro davon sind derzeit noch übrig, bestätigt Jankowetz, gibt aber zu bedenken, dass sich die Summe reduzieren werde, weil man sich in vielen Fällen noch im Besetzungsverfahren befinde, und erinnert die Kreisräte in der Sitzung daran, dass die Stellen genehmigt worden seien. Zwei Millionen "wären in der Tat kräftig", befand Karmasin und befürchtete, dass die Gemeinden "inm Zweifel dann sagen würden: Ihr habt's uns ausgenommen." Dass er damit richtig lag, bestätigte sogleich Martin Schäfer, UBV-Kreisrat und Bürgermeister von Gröbenzell, mit dem Zwischenruf: "Nicht nur im Zweifel!"

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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