Wild:Streit um Abschusszahlen

Lesezeit: 2 min

Mehr als 450 Wildschweine und 2100 Rehe haben die Jäger im Vorjahr in den Revieren des Landkreises zur Strecke gebracht. Zu wenig, rügt der Forstamtsleiter

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Jäger und Förster haben seit jeher eine konfliktträchtige Beziehung. Unvergessen ist, wie einst ein stolzer Wildschütz hinterrücks erschossen wurde, "weggeputzt von dieser Erd'", wie es im Lied vom Jennerwein heißt. Nicht tödlich, aber komplizierter sind heutzutage die Konflikte, die das edle Waidwerk in einem so dicht besiedelten Gebiet wie dem Landkreis Fürstenfeldbruck auslöst. Die vornehmste Aufgabe von Kreisjagdberater und Jagdbeirat besteht deshalb darin, zwischen Bauern, Forstleuten, Jägern und Umweltschützern zu vermitteln.

"Ich höre wenig, es läuft anscheinend ruhig und im Konsens", bilanzierte Landrat Thomas Karmasin (CSU) jetzt fälschlich, als er die Amtsträger ernannte. Denn kaum war der formelle Akt vollzogen, debattierte die Runde engagiert über Abschusszahlen, Kompetenzen und Nachtzielgeräte. Mehr als 450 Wildschweine und etwa 2100 Rehe wurden im Vorjahr in den Revieren des Landkreises zur Strecke gebracht. "Zu wenig", rügte Forstamtsleiter Hans-Jürgen Gulder. Der Verbiss sei seit zehn Jahren unvermindert hoch. Vor allem im Nordosten in den Gebieten um Maisach und das Fußbergmoos würde zu wenig Wild erlegt. "Sie sollten die nächsten drei Jahre mehr schießen", forderte er die Jäger auf. Gulder kritisierte auch das Zustandekommen der Abschlusspläne als viel zu bürokratisch und aufwendig. Das Vegetationsgutachten der Förster, die Verjüngung des Waldes und der Verbiss sollten der alleinige Maßstab sein.

Im Nordosten sei die Waldfläche am kleinsten, "da knabbern die halt ein bisschen", gab Gerhard von Hößlin vom Jagdverband zurück. Er und Kreisjagdberater Rainer Grüter warfen Gulder vor, das Forstamt wolle sich die Untere Jagdbehörde, die im Landratsamt angesiedelt ist, einverleiben, um die Jäger an die Kandare nehmen zu können. Das seien alte Geschichten, er habe das nie gewollt, wehrte Gulder ab.

In der Sache unterstützen die Umweltschützer die Förster. "Wir wollen leistungsfähige und stabile Wälder", sagte Eugen Bachhuber vom Bund Naturschutz. Das bedeutet mehr Laubbäume und Mischwälder statt Fichten, deren Anbau in Monokultur auf falschen Standorten immer schon von Übel war, in Zeiten des Klimawandels aber gar nicht mehr geht. Weil Laubbäume so rar sind, dass sie sich nicht per Samen ausbreiten, müssen junge Bäume gepflanzt werden, die für dass Wild eine Delikatesse darstellen. Darum fordern Umweltschützer tendenziell wie das Forstamt einen höheren Abschuss.

Untereinander in Streit gerieten die Jäger, als es um den Einsatz von Nachtzielgeräten ging. Hößlin verwies darauf, dass diese Geräte dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegen, Grüter berichtete von Versuchen, bei denen im Lauf von drei Jahren die Abschussquote auch nicht höher lag. Andere ließen das nicht gelten: wenn überall Nachtzielgeräte eingesetzt würden, könnten die cleveren Schwarzkittel nicht ausweichen, wie bei Pilotversuchen in einzelnen Revieren. Mit Nachtzielgeräten könne man auf alles mögliche schießen, warnte Grüter, was Karmasin zu dem Hinweis veranlasste, das gelte doch im Grundsatz für jedes Gewehr.

Hößlin bat den Landrat außerdem, die Gebühren für die Trichinenschau zu senken, die derzeit bei 19,50 Euro liegt, dazu kommen fünf Euro für die Messung der Radioaktivität. Rauch erinnerte daran, dass die Untersuchung eines Hausschweins auf Trichinen ganze fünf Euro kostet. Dabei überreichte er Karmasin zwei Salamis vom Wildschwein. Der Landrat vermied geschickt eine Festlegung. Er will sich erst kundig machen. Er werde jedoch an das Thema denken, wann immer er eine Scheibe abschneide, versprach Karmasin. Schade, dass der Tierschutz nicht auch noch im Jagdbeirat vertreten ist. Mit Uschi Anlauf als Stellvertreterin im Beirat ist lediglich der Landesbund für Vogelschutz mit von der Partie. Die Jagd auf Singvögel wurde allerdings bereits im Kaiserreich als welsche Untat verboten.

Vor der Debatte hatte der Landrat Grüter und Andreas Rauch als Stellvertreter für fünf weitere Jahre im Amt bestätigt, ebenso die Beiräte Marcus Drexl vom Bauernverband, Ludwig Märkl von der Jagdgenossenschaft sowie Bachhuber und von Hößlin. Neu in das Gremium aufgenommen wurden Peter Hofner für die Waldbesitzer und als Stellvertreter Markus Friedinger sowie Ludwig Huber (BBV).

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: