Umwelt:Rettung für Bienen und Schmetterlinge

Lesezeit: 2 min

In den Blüten des Natternkopfs finden Hummeln viel Nahrung. Diese und andere Wildpflanzen könnten bald vermehrt im Landkreis blühen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Zahl der Insekten hat drastisch abgenommen. Im Landkreis sollen nun Wildblumenwiesen als neue Lebensräume entstehen - auch für Vögel

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Hummeln, die von Blume zu Blume brummen, bunte Schmetterlinge, die ihre Rüssel tief in Blütenkelche tauchen, Bienen, die mit ihrem Summen die Luft erfüllen - von Jahr zu Jahr ist das weniger zu erleben. Heute gibt es 80 Prozent weniger Insekten als 1982. Das Insektensterben treibt auch das Brucker Forum und das Brucker Land um. "Insekten, zum Beispiel Bienen, sind für uns Menschen lebensnotwendig", erklärt Benedikt Rossiwal vom Brucker Forum.

Mit dem Projekt "Brucker Land blüht auf" sollen Gemeinden und Pfarrgemeinden Wildblumenwiesen und Blühstreifen anlegen und so Lebensräume für Insekten schaffen. Die sind nicht nur schön anzuschauen, sondern erfüllen mit der Bestäubung beispielsweise von Obstblüten auch wichtige Aufgaben im Naturhaushalt. Nicht zuletzt sind auch die meisten Vögel auf Insektenlarven als Futter für ihre Jungen angewiesen. Ins Leben gerufen haben das Projekt Brucker Forum und Brucker Land. Die Organisationen haben im Herbst vereinbart, bei Umweltbildung und der Förderung von Nachhaltigkeit eng zusammenzuarbeiten.

Kürzlich fand die Auftaktveranstaltung für "Brucker Land blüht auf" statt. Wenn mindestens vier Kommunen mitmachen, könnten schon in diesem Jahr die ersten Flächen blühen. Dafür sieht es recht gut aus: Knapp 80 Vertreter von Kommunen, Pfarrgemeinden und Gartenbauvereinen im Landkreis hörten den Vortrag des Naturgartenplaners und Biologen Reingard Witt. Er erklärte ausführlich, worauf es bei der Anlage der Wildblumenwiesen -oder streifen ankommt. Geeignet sind sowohl große Wiesen als auch kleine Flächen wie Kreisverkehre oder Grünstreifen zwischen Straßen und Radwegen. Wichtig ist, dass man heimische Blumen und Stauden verwendet, die sich selbst erhalten.

Viele handelsübliche Samenmischungen bestehen Witt zufolge aber aus Samen einjähriger, nicht heimischer Pflanzen, die zwar von Frühling bis Herbst schön blühen, aber jedes Jahr wieder ausgesät werden müssen. Dafür müsse man die Flächen auch immer wieder von unerwünschten Beikräutern befreien - ein großer Aufwand und nicht nachhaltig. Zudem liefern die heimischen Wildpflanzen, wenn man sie im Herbst stehen lässt, in Form ihrer Samen vielen Vögel wertvolles Futter im Winter. In der Gemeinde Haar östlich von München, wo mit Hilfe von Witt schon seit 1997 Wildblumen-Flächen angelegt wurden, gibt es inzwischen einen Schwarm von etwa 30 Distelfinken. Die schönen, bunten Vögel, auch Stieglitz oder Zeisig genannt, ernähren sich vorwiegend von Distelsamen. Die Distelblüten wiederum liefern vielen Faltern begehrten Nektar.

Werden Magerflächen ganz neu angelegt, kann man, wie Witt erklärte, von vornherein auf Oberboden verzichten. Sonst muss man ihn entfernen. Auf einen Untergrund aus Kies wird eine Schicht steriler Kompost ausgebracht, und dahinein werden die heimischen Blumen gesät - zum Beispiel Margeriten oder das nach Honig duftende, gelb blühende echte Labkraut, das mit dem Waldmeister verwandt ist. Bestehende Flächen werden gefräst und dann eingesät oder mit Stauden bepflanzt. Das Einsetzen einzelner Pflanzen, etwa des lila blühenden Wiesensalbeis, empfiehlt Witt, um die Akzeptanz bei der Bevölkerung zu erhöhen, die den zunächst kahlen Flächen oft eher skeptisch gegenüber stehe. Die Anlage der Flächen ist im ersten Jahr aufwendig und arbeitsintensiv. Danach aber müssen sie je nach Standort nur noch zwischen ein- und dreimal pro Jahr gemäht werden. Gießen, düngen, umgraben, neupflanzen - all das entfällt, was auch viel Geld spart.

Bis 16. April können sich die Kommunen nun unter Telefon 08142/654 43 16 bei Margit Pesch vom Brucker Land melden, wenn sie mitmachen wollen. Pesch sagt auf Nachfrage, sie sei "völlig platt von der Resonanz. Wir haben den richtigen Zeitpunkt erwischt." Das Thema sei sehr präsent in den Medien. "Es kommt in den Köpfen an, dass man gegensteuern sollte." Schon gleich nach dem Vortrag bekundete einer der anwesenden Bürgermeister bei Pesch das Interesse seiner Gemeinde, so wie seither einige weitere. Auch zwei Kirchengemeinden sind wahrscheinlich dabei. In einer Pilotgemeinde werden Witt und sein Team die Flächen selbst anlegen und das Vorgehen so den anderen Gemeinden vermitteln.

© SZ vom 26.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: