Türkenfeld:Teamtraining für Mensch und Tier

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Gemeinschaftsaufgabe: Vorsitzender Helmut Seiter (links) und Vize Andrea Beinhofer (dritte von rechts) leiten den Hundeverein Türkenfeld. (Foto: Günther Reger)

Der Hundeverein Türkenfeld stellt beim Tag der offenen Tür am Sonntag sein neues Konzept vor

Von Ariane Lindenbach, Türkenfeld

Misstrauisch und ganz vorsichtig beugt Nele den Kopf eine Idee nach unten. Mit ihrer langen Schnauze schnüffelt die schwarze Mischlingshündin zaghaft am "Tunnel", einer flexiblen Röhre mit circa einem halben Meter Durchmesser und Länge. Frauchen steht auf der anderen Seite des Durchgangs und lockt mit einem Leckerli. Doch Nele will zwar die Belohnung kassieren, aber nicht durch den Tunnel. gehen Die Hundetrainerin Birgit Götz signalisiert Frauchen aus dem Hintergrund, dass sie Nele jetzt kein Leckerli geben darf, sondern dass sie ihren Hund erneut damit locken soll. Dieses Mal funktioniert es: die schwarze Hündin mit dem hellblauen Tuch um den Hals wagt sich durch den Tunnel. Zum ersten Mal. Dafür gibt es das Leckerli und überschwängliches Lob von Frauchen und der Trainerin.

Einen praktischen Nutzen hat dieses Training nicht. Wie Götz und die stellvertretende Vorsitzende des Hundevereins Türkenfeld, Andrea Beinhofer, erläutern, geht es bei den Kursangeboten des Vereins nicht nur darum, dem besten Freund des Menschen Kommandos wie "Sitz" und "Platz" beizubringen. Es gehe darum, den Hund auszulasten, sinnvoll zu beschäftigen. Denn, wie Götz betont: "Es gibt Hunde, die entwickeln Fehlverhalten, wenn sie nicht ausgelastet sind, die verbellen zum Beispiel jeden der vorbeikommt." Auch der Jagdtrieb sei bei nicht ausgelasteten Hunden meist stärker als bei solchen, die schon in ihrem Alltag ausreichend beschäftigt werden. Und Beinhofer ergänzt: "Meine Molly ist nach einer Stunde Agility genauso fertig wie nach zwei Stunden spazieren gehen." Doch alles darauf zu reduzieren, als Resultat einen gut erzogenen, zufriedenen Hund zu haben, wäre bei weitem zu kurz gegriffen. Götz spricht von "Team- und Beziehungsarbeit". Bei den verschiedenen Kursen - egal ob Junghundetraining, Crossdogging, Agility oder was auch immer der Türkenfelder Verein mit seiner Haupttrainerin Birgit Götz aus Alling anbietet - gehe es nicht nur um das Erlernen gewisser Fähigkeiten, sondern um die Interaktion zwischen Tier und Mensch. Wie die Hundetrainerin mit der Ausbildungsrichtung Tierpsychologie Hund darlegt, geht es darum, zwischen Hund und Mensch Vertrauen aufzubauen, eine Bindung herzustellen. Und dafür sei es wichtig, dass das ausgewählte Training Mensch und Hund gefalle, betonen Beide.

Im Vergleich zu früheren Angeboten und Ansätzen zur Erziehung und Beschäftigung von Hunden hat sich die Situation stark verändert. "Weg vom Drill" ist so ein Satz, der an jenem Nachmittag auf dem weitläufigen Gelände des Hundevereins in dem Zusammenhang öfter fällt. Wie ein Großteil der heutigen, für alle Rassen offenen Hundevereine, ist auch der Türkenfelder Club ursprünglich auf den Schäferhund als reines Nutztier ausgerichtet gewesen. Oft weisen die Vereinsnamen noch darauf hin. "Offiziell heißen wir immer noch Schäferhunde-Verein", doch das werde in aller Regel nur noch als "SV" abgekürzt, erklärt Beinhofer. Auf der Internetseite (www.sv-og-tuerkenfeld.de) jedoch steht schlicht "Hundeverein Türkenfeld - Die Schule für Vier- und Zweibeiner". Auch der Verein im Brucker Ortsteil Lindach, der Polizei- und Schutzhundeverein, trägt in seinem Namen noch den ursprünglichen Zweck. Der Türkenfelder Verein wurde 1972 gegründet. Lange war er nur für Schäferhunde gedacht. Es ging um die Zucht makelloser Tiere und um ihre Erziehung hin zum absoluten Gehorsam. Dass dabei wenig mit Lob und Motivation, etwa in Form von Leckerli, gearbeitet wurde, sondern vor allem mit Strafe und Autorität, kann sich jeder vorstellen, der sich die eklatanten Veränderungen in der Pädagogik der letzten Jahrzehnte vor Augen ruft.

Laut der Vize-Vorsitzenden, nimmt der Verein schon seit mehreren Jahren auch andere Hundearten auf. 2014 kam dann ein Wechsel im Vorstand: Der Vorsitz ging vom viele Jahre tätigen Anton Seiter auf dessen Sohn Helmut über. Während Seiter Senior noch ganz der alten Schule angehörte und selbst Schäferhunde züchtete, hat der Junior beispielsweise den "Hundetriathlon" entwickelt und im Verein unter anderem das Agility-Training eingeführt, eine Art Geschicklichkeitstraining für Hund und Mensch, für das Seiter selbst eine Trainerausbildung absolviert hat. Überhaupt ist das Kursangebot stark erweitert worden. Früher gab es nur das Begleithundetraining, jetzt sind die Möglichkeiten so vielfältig, dass "für jeden was dabei ist", wie Beinhofer betont. Es gibt unter anderem Hundeführerschein, Longieren, Welpenschule oder Doggie-Fit, wo Tier und Mensch eine spezielle Choreografie einstudieren, dazu läuft Musik, "zu vergleichen vielleicht mit Line-Dance", erklärt Götz. Täglich außer dienstags können Mensch und Hund von Nachmittag an Kurse belegen. Das Angebot richtet sich nach den Anwesenden. Und auch Nichtmitglieder können dort recht einfach an einem Kurs teilnehmen.

Sein Angebot stellt der Hunderverein am Sonntag, 12. Juni, beim Tag der offenen Tür von 10 bis 16 Uhr auf dem Gelände des Hundevereins Türkenfeld (An der Kälberweide 17) vor. Neben einem Flohmarkt für Hundesachen, Probetraining und Vorführungen hält Birgit Götz um 11.30 Uhr einen Vortrag zur Anschaffung des passenden Hundes.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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