Theater:Im Alter immer böser

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Hassliebe auf die Spitze getrieben: Vicky (Marion Nitsch, links) und Martha (Ellen Kießling-Kretz) könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch es eint sie etwas ganz Entscheidendes: ihre Einsamkeit. Die Komödie "Paradiso" verfolgt die Annäherung dieser beiden Frauen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Stück "Paradiso" erzählt davon, wie zwei ungleiche Frauen einander hassen und lieben lernen. An der Neuen Bühne Bruck feiert die dialogreiche Komödie nun Premiere

Von Ekaterina Kel, Fürstenfeldbruck

Wenn eine alte Frau Tag für Tag allein auf einer Parkbank sitzt, kann einem das schon zu Herzen gehen. Sicher ist sie einsam, sicher freut sie sich über Gesellschaft. Vielleicht setzt man sich mal dazu? Aber Vorsicht! Man muss sich auf eine gehörige Portion Grant gefasst machen. Zumindest bei Martha, die mehr als 80 Jahre auf dieser Welt verbracht hat und mittlerweile keine anderen Menschen mehr ertragen kann. Die Enten im Teich, denen sie Brotkrümel zuwirft, und die Erinnerungen an die guten alten Tage ihres Berufslebens als Schuldirektorin genügen ihr vollkommen. Vicky ist das alles jedoch ziemlich egal, sie setzt sich zu der alten Dame und verwickelt sie in ein Gespräch nach dem anderen, auch auf die Gefahr hin, der 30 Jahre älteren, miesepetrigen Martha gehörig auf die Nerven zu gehen. Denn sie braucht etwas von ihr.

In ihrer 2008 uraufgeführten Komödie "Paradiso" beschreibt die Österreicherin Lida Winiewicz den holprigen Beginn einer Freundschaft, die sich zwar eher aus Zweck ergibt, dafür aber umso besonderer wird. Regisseur Harald Molocher hat "Paradiso" an der Neuen Bühne Bruck inszeniert. Am Samstag wird die Premiere dort zu sehen sein.

Das Stück sei "absolut geil", sagt Molocher, der als Intendant der kleinen Bühne das Glück hat, seine Stoffe selbst aussuchen zu können. Die Autorin Winiewicz habe hervorragende Dialoge vorgegeben, die besonders die bösartige Ehrlichkeit beider Frauen sehr gut transportierten. Es sei zwar teilweise gemein, was die beiden Frauen einander an den Kopf werfen, aber es treffe im Kern die Wahrheit - und genau das mache die Gemeinheiten zu einer herrlichen Unterhaltung.

Auf der Bühne passiert auf den ersten Blick wenig: Zwei Frauen und eine Parkbank sind die drei Protagonisten dieses Schauspiels. Es ist also auf die Kraft der Dialoge angewiesen, und diese lobt Molocher in den höchsten Tönen. "Sie steigern sich wie Serpentinen nach oben und gehen wie Vulkane auf." Außerdem könne man ewig lachen, wenn man den beiden Damen beim Keifen zuhört. Die Parkbank gaukle im ersten Moment zwar eine scheinbare Idylle vor, darunter aber brodele es, sagt Molocher und spielt damit auf die miesen Sprüche an, die die Protagonistinnen auf Lager haben. Dabei ist ihr Gezeter immer auch Spiegel ihrer Verletzlichkeit.

Es seien eben diese psychologische Nahaufnahme und die Feinarbeit an den Figuren, die den Regisseur besonders begeistern. Molocher konnte über Wochen mit den beiden Schauspielerinnen intensiv an ihren Rollen arbeiten, da es bloß diese beiden Figuren im Stück gibt. Und auch Ellen Kießling-Kretz, die die 80-jährige Martha spielt, und Marion Nitsch, die schon in "Elektra" an der Neuen Bühne überzeugte und die nun in der Rolle der Vicky immerzu zum Strickzeug greift, hätten sich "wahnsinnig gefreut", als sie "Paradiso" gelesen haben, erzählt Molocher. "Wir sind zum Kern des Stücks vorgedrungen", kündigt der Regisseur an.

Mit "Paradiso" erwartet die Zuschauer ein dialogreiches, bissiges Porträt einer ungewöhnlichen Beziehung. "Ein Stück, das direkt aus dem Leben gegriffen ist."

Komödie "Paradiso" von Lida Winiewicz, an der Neuen Bühne Bruck, Premiere am Samstag, 17. Februar, 20 Uhr, weitere Vorstellungen am 18. Februar, 19 Uhr, sowie am 23. und 24. Febr uar, 20 Uhr.

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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