Schöngeising:Geschichtenerzähler

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Kulturverein liest erneut Texte von Julius Kreis

Von Florian J. Haamann, Schöngeising

Der Münchner Geschichtenerzähler Julius Kreis gehörte zu den scharfsinnigsten Autoren seiner Zeit. Doch anders als etwa sein Zeitgenosse Ludwig Thoma, ist Kreis nach seinem Tod 1933 schnell in Vergessenheit geraten. Seine Geschichten sind kleine, wunderbare Gesellschaftsstudien, die nicht nur die Münchner, sondern generell das Verhältnis der Menschen untereinander treffend und pointiert erfassen. Auch Jupp Peters vom Kulturverein Schöngeising (Kusch) ist von den Geschichten fasziniert. Im März hatte er deshalb die Idee, einige von ihnen szenisch auf die Bühne zu bringen. Die Nachfrage und Begeisterung der Besucher waren damals so groß, dass sich der Verein entschieden hat, die Geschichten nun noch einmal an zwei Terminen zu zeigen.

Dabei lesen die Mitglieder des Vereins die Geschichte nicht einfach nur vor. Vielmehr haben sie sich extra historische Kostüme besorgt, in denen sie die Texte teils mit verteilten Rollen vortragen, teils richtig vorspielen. Insgesamt werden acht Texte vorgetragen. In "Der Frühjahrsradi" etwa, geht es um eine Szene auf dem Viktualienmarkt. Ein Mann kauft den ersten Radi des Jahres, schneidet ihn auf und teilt ihn mit seinen Mitmenschen. Dadurch kommt er mit ihnen ins Gespräch und wird wunderbar unterhalten - typisch münchnerisch eben. Bissiger geht es in "Kaffee-Gebäck" zu. Kreis beschreibt darin die Situation in einem Kaffeehaus: die Gäste, die misstrauische Bedienung und vor allem die einzelnen Gebäckstück und wer sie kauft. Das Hörndl beispielsweise ist etwas für ernste, bescheidene Männer, während sahnige Torten nur von Hochstaplern gekauft werden. Der ein oder andere Besucher mag sich bei den zahlreichen Beschreibungen also enttarnt fühlen.

Über den Autor selbst ist indessen bis heute wenig bekannt. Man weiß, dass Eugen Roth ihn ausdrücklich bewundert hat und das er eine Zeit lang als Volksschullehrer gearbeitet hat, bis er den Beruf wegen eines Herzleidens aufgeben musste. Dadurch hatte er allerdings Zeit, sich einem Grafikstudium an der Akademie zu widmen. Viele seiner Geschichten hat Kreis deshalb auch selbst illustriert. Eine Auswahl dieser liebenswürdigen Zeichnungen wird den Besuchern auch in Schöngeising gezeigt. Erst beim Empfang im Foyer und später dann während der Lesung auf der Bühne.

"Münchner Geschichten" von Julius Kreis. Szenische Lesung des Kulturvereins Schöngeising, Freitag, 6. November, und Samstag, 7. November, jeweils um 19.30 Uhr im Bürgerhaus Schöngeising. Karten für 11 Euro gibt es im Internet unter www.kusch.cc und telefonisch unter 08141/404 54 26.

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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