Puchheim:Versiegelt

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Diskutieren über gerechten Handel (von links): Karl Bär, Michael Dippold, Horst Kühnl und Carina Bischke. (Foto: Carmen Voxbrunner)

In Puchheim wird über fairen Handel diskutiert

Von Moritz Dauer, Puchheim

Bei einer Podiumsdiskussion im Puchheimer Rathaus sind deutliche Zweifel am Sinn des Fairtrade-Siegels laut geworden. Carina Bischke sah sich als Vertreterin von Transfair mit dem Vorwurf konfrontiert, die Auflagen seien zu lasch. Vor etwa 50 Besuchern versuchten Moderator Karl Bär vom Umweltinstitut München, Michael Dippold von der Solidargemeinschaft Brucker Land, Horst Kühnle von Campo Limpo sowie Bischke Antworten auf die Frage "Fairer Handel - ist eine bessere Welt käuflich?" zu finden.

Kritisch wurden die Antragsgebühren und die Folgekosten des Siegels gesehen. Sie seien zu hoch, die Standards der Organisation dagegen zu niedrig, da die Bandbreite zu klein sei und es keine Kontrolle der Vorprodukte gebe. Fairtrade setze sich nur für den fairen Handel an sich ein und nicht für die Rahmenbedingungen, wie Bildung, Lebensqualität und Umstrukturierung der Produktion. Dies wird allgemein auch als Grund für den Ausstieg der Gepa aus dem Fairtrade Siegel gesehen. Bischke wies diese Anschuldigungen zurück, denn es fände eine ständige Weiterentwicklung der Standards statt.

Ärger löste auch die Vergabe des Fairtrade-Awards heuer an den Discounter Lidl aus. Dem Konzern werde nachgesagt, er beute seine Mitarbeiter aus, der Preis stehe aber für den fairen Umgang im Handel. Die Referentin von Transfair konnte das selbst nicht erklären, erläutert aber, dass es grundsätzlich um das Engagement gehe, das Lidl betreibt. "Bitte Lidl mach weiter!", ist laut Bischke das Signal, das man mit diesem Award zu senden versuchte. Zwischen Rechtfertigungen und Erklärungen lockerte Karl Bär den Diskurs mit Fragen auf. Ihn interessierte besonders, ob generell weniger Welthandel etwas an der aktuellen Situation ändern könnte. Im Allgemeinen wurde dieser Frage von den Referenten zugestimmt, jedoch stellte Dippold dabei vor allem die Förderung des Konsums regionaler Produkte voran, wohingegen Kühnle die Hilfe in den Ländern der Dritten Welt hervorhob. Außerdem appellierten alle, möglichst regionale Produkte zu konsumieren und wenn dies nicht möglich sei, wenigstens Fairtrade-Produkte zu kaufen.

Wie es zu einer Änderung des Bewusstseins kommen kann, war ebenso umstritten. Laut Kühnel liege es am Steuerzahler, denn dieser bezahle durch Subventionen den Schmutz, den die großen Firmen mit Massentierhaltung erzeugten. Folglich sei dieses Fleisch nicht billiger. Weiterhin lehnt er den Welthandel ab, dieser ist seiner Meinung nach Ursache für das Leiden der armen Kleinbauern. Es müsse zu einer Veränderung im Wertesystem kommen, die Arbeit müsse für ihren richtigen Wert bezahlt werden, und es sei eine politische Frage dies zu ändern.

Die Diskutierenden wurden sich nicht einig, wer zur Verantwortung zu ziehen sei. "Es hat sich gezeigt, dass wir im Kreisel gefangen sind. Politik, Verbraucher - Verbraucher, Politik", so Dippold. Er ist überzeugt davon, dass Verbraucher aufgeklärt werden müssten, denn Verbraucher seien auch Wähler.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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