Puchheim:Unter Anspannung

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Unter den Neuankömmlingen in Puchheim ist auch eine neunköpfige Familie aus Afghanistan. (Foto: Carmen Voxbrunner)

In die Turnhalle des leeren Schulzentrums in Puchheim ziehen die ersten Asylbewerber ein. Für die Menschen aus Afghanistan, Albanien, Eritrea, Nigeria, Pakistan und Somalia ist es nur eine weitere Durchgangsstation

Von Peter Bierl, Puchheim

Die ersten 22 Flüchtlinge sind am Montagvormittag in der Schulturnhalle in Puchheim angekommen. Gegen 10.30 Uhr brachte ein Bus die Menschen in die Bürgermeister-Ertl-Straße, wo sie von Objektleiter Iosif Gaspar vom Landratsamt und Elisabeth Baumgartner-Werner von der Diakonie empfangen wurden. Gegen Mittag trafen 18 weitere Asylbewerber mit einem Bus aus Bad Tölz ein. Bis zum Abend erwartete Gaspar etwa 70 Personen.

Die Asylbewerber zogen mit wenig Gepäck in die Halle. Angehörige des Sicherheitsdienstes wiesen ihnen die Plätze zu, wobei Gaspar darauf achtete, dass Familien oder alleinstehende Frauen mit Kindern von männlichen Alleinreisenden getrennt wurden. "Wir versuchen, Gruppen zusammen zu bringen, auch getrennt nach Nationen. Die Leute haben auf der Flucht viel mitgemacht, ihre Nerven sind angespannt", erklärte Gaspar. An diesem Vormittag sind sie erst einmal damit beschäftigt, ihre Betten zu beziehen und ihre wenigen Habseligkeiten in den Spinden zu verstauen.

Die Flüchtlinge stammen aus Albanien, Pakistan, Eritrea, Somalia und Nigeria. Eine neunköpfige Familie mit Eltern, Kindern, Onkel und Neffen kommt aus Afghanistan. Die Nigerianer sprechen Englisch, die übrigen allenfalls ein paar Brocken, so dass die Verständigung schwierig ist. Sie waren bisher in der Turnhalle in Maisach untergebracht, die für unbegleitete Jugendliche frei gemacht werden sollte.

Gaspar erwartete außerdem noch Flüchtlinge aus München sowie dem fränkischen Zirndorf, die von den Behörden dort am Montag mit einer Bescheinigung auf den Weg geschickt wurden. Er rechnet damit, dass es etwas dauern wird, bis alle eingetroffen sind. Erfahrungsgemäß trudeln manche erst nach ein paar Tagen ein. Außerdem schätzt er, dass einige wegen des Schienenersatzverkehrs auf der S 4 aufgehalten werden.

Während Gaspar im Auftrag des Landratsamtes, das die Flüchtlingsunterkunft in der Halle betreibt, die Einrichtung leitet, kümmern sich Baumgartner-Werner und ihre Kollegin Michaela Dijakovic um die Sozialberatung. Als erste Helferin aus Puchheim ist Nicola Mehner im Einsatz. Sie trägt ein kleines Schild mit dem Logo der Stadt Puchheim und der Aufschrift "Volunteer" (Freiwillige). Mehner hat Erfahrung, weil sie bereits in der Bayernkaserne in München im Einsatz war. Sie wohnt gleich in der Nachbarschaft.

Die Atmosphäre unter ihren Nachbarn beschreibt sie als nicht unfreundlich, aber gespannt auf das, was kommen wird. "Manche wollen ihre Fahrräder einsperren, andere sorgen sich um ihre halbwüchsigen Töchter", erzählt sie. Einige schicken ihre Kinder in die Realschule und das Gymnasium, deren Hallen jetzt von den Flüchtlingen bewohnt werden. Sie fragen sich, wie und wo nach den Ferien der Sportunterricht abgehalten werden wird. In der Nähe gibt es einen Spielplatz und anscheinend haben manche Probleme mit der Vorstellung, dass dort Flüchtlingen auftauchen könnten. Dabei befinden sich unter den Menschen in der Turnhalle etliche Kinder.

Gaspar betont, dass die Halle nur eine Durchgangsstation für die Asylbewerber ist, von dort werden sie in reguläre Unterkünfte wie in der Siemensstraße im Gewerbegebiet verlegt, die derzeit noch umgebaut werden. Das Schulgelände ist jetzt in den Ferien verlassen, wo sonst neben der Halle Hunderte von Fahrrädern abgestellt sind, ist es leer. Bis jetzt wurde auch kein Zaun aufgestellt, um Schule und Turnhalle zutrennen, worauf die Schulleiter großen Wert legen. Die Stadt aber möchte keinen Bauzaun, der der Anlage einen Gefängnischarakter geben würde. "Unser Hochbaureferat kümmert sich darum", sagte Ines Roellecke, Pressesprecherin des Landratsamts, der SZ. Sie konnte allerdings noch nicht sagen, welche Lösung nun verwirklicht werden wird.

Für den späten Nachmittag haben sich die Aktiven des Asylhelferkreises angesagt, die die Flüchtlinge willkommen heißen wollen.

© SZ vom 04.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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