Puchheim:Pfusch am Bau wird teuer für Puchheim

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Umbau und Sanierung der Grundschule am Gerner Platz kosten wegen falscher Pläne, allerlei Mängeln und Asbest mindestens 14,2 Millionen Euro. Seit Beginn der Planung vor vier Jahren hat sich der Preis damit verdoppelt

Von Peter Bierl, Puchheim

Für Umbau und Erweiterung der Schule am Gerner Platz muss die Stadt Puchheim etwa 2,1 Million Euro mehr ausgeben als zuletzt geplant. Schuld sind angeblich verkehrte Bestandspläne des Altbaus, eine asbestverseuchte Fassade, fehlende Putzschichten für den Brandschutz sowie schiefe Wände. Außerdem konnten die Baufirmen angesichts des Booms im Raum München Extraprofite einstreichen. Der dickste Brocken von etwa 600 000 Euro kam jedoch zustande, weil der Altbau knapp einen halben Meter länger ist als gedacht. Der amtliche Lageplan soll falsch sein.

Die Kostenschätzung für das Projekt stieg schon im Lauf der Debatte über die Pläne von sieben auf neun Millionen (Herbst 2014) über 11,5 Millionen (Januar 2015) bis zu 12,1 Million Euro, die der Stadtrat schließlich genehmigte, trotz Unbehagen einiger. Im Herbst 2017 schwärmte die Rektorin bei der Einweihung angesichts sogenannter Lernlandschaften und einer grünen Wohlfühlzone von einer der schönsten Schulen Bayerns. Zur gleichen Zeit dämmerte den Verantwortlichen, dass das Budget gesprengt war. Die Kosten wurden noch mal gecheckt, mit dem Resultat, dass die Stadt nun 14,2 statt 12,1 Millionen Euro hinblättern soll. Wobei CSU-Fraktionschef Thomas Hofschuster in der Stadtratssitzung am Dienstag unkte, am Ende würden es wohl drei Millionen Euro mehr. Bis jetzt fanden Nachbearbeitungen statt und es wurden Mängel beseitigt, berichtete der Architekt Armin Daam. Die Außenanlagen sind noch nicht ganz fertig und es gibt einen Wasserschaden im Keller der angrenzenden Mittelschule, der geklärt werden müsse, erzählte Franz Promper, der stellvertretende Bauamtsleiter.

Die Gründe, die Planer, Architekt und Bauamt für die Kostensteigerung anführen, klingen nach Pfusch und Schilda. Gleich zu Baubeginn stellte sich demnach heraus, dass der Lageplan, den das Vermessungsamt angefertigt hatte, als das Gebäude in den Siebzigerjahren gebaut wurde, falsch ist. Das Schulhaus ist 45 Zentimeter länger. Die Pläne mussten geändert, die Statik angepasst werden. Bei einer Breite von zwölf Metern, einem Keller und drei Stockwerken macht das Mehrkosten für den Umbau allein in Höhe von 600 000 Euro, rechnete Promper vor.

Das nächste Desaster war die Entdeckung von Asbest in der nördlichen Außenfassade Anfang Mai 2015. Die Schule wurde sofort geräumt und blieb einige Tage geschlossen. Vor Jahrzehnten gab es eine Schadstoffuntersuchung und Sanierung des ganzen Hauses. Bloß das Asbest blieb irgendwie unentdeckt und so ergab sich vor Baubeginn die Fehleinschätzung, es seien vor der Seite keine Probleme zu erwarten. Abgesehen von ein paar Abflussrohren aus Asbest, die allerdings erst aufgespürt werden mussten, weil die Bestandspläne ebenfalls nicht stimmten.

Die Asbest-Sanierung schlug mit mehr als 200 000 Euro zu Buche und brachte den straffen Bauzeitenplan durcheinander. Damit waren alle Firmen ihrer Verpflichtungen enthoben. "Wir mussten betteln und drohen", berichtete der Architekt. Nur einige regionale Betriebe hätten weiter gearbeitet. Baufirmen sind aufgrund der großen Nachfrage ohnehin in einer komfortablen Verhandlungsposition. Die Stadt kalkulierte von Anfang an einen Konjunkturaufschlag von mehr als 600 000 Euro ein und muss nun noch mal 200 000 Euro drauflegen.

Der Brandschutz wird deutlich teurer, weil bestimmte Putzschichten, die einen bestimmten Standard sichern, an etlichen Wänden fehlten. Die Firma habe seinerzeit diese Schicht teilweise einfach weggelassen und das auch noch unregelmäßig, so dass es bei einer Untersuchung vorher nicht auffiel, berichtet Promper. Er nennt es Pfusch, einen "verdeckten Mangel", den die Mitarbeiter des Landratsamts, die das Gebäude vor Jahrzehnten abnahmen, gar nicht bemerken konnten.

Für die Baumaßnahmen soll die Stadt nun 14,2 statt 12,1 Millionen Euro hinblättern. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Als die Handwerker die Türen zu den Klassenzimmern behindertengerecht verbreitern und in der Aula den alten Teppich durch Fliesen ersetzen wollten, stellte sich heraus, dass das Haus schief ist. Die Höhendifferenz zwischen den beiden Treppenhäusern, die etwa 40 Meter voneinander entfernt sind, beträgt vier Zentimeter. "Das ist jenseits der Toleranz", sagte Promper der SZ. Und merkwürdig, denn die Schlauchwaage ist seit Jahrzehnten bekannt, mit der sich solche Fehler vermeiden lassen. Die Steinplatten unter dem Teppich stellten sich obendrein als marode heraus und das Styropor darunter enthielt Bestandteile, die giftig waren.

Die Geländer in den beiden Treppenhäusern sollten anfangs nur für knapp 28 000 Euro ergänzt werden. Dann hielten die Planer eine "umfassende Ertüchtigung" für notwendig. Zuletzt stellte sich bei der Überprüfung der Statik heraus, dass die Pfosten des Geländers nicht mehr verwendet werden konnten. Jetzt wird das neue Geländer knapp 128 000 Euro kosten. Den Auftrag musste der Ausschuss für städtische Bauten im April noch einmal vergeben, weil die ursprünglich beauftragte Firma den Auftrag zurückgegeben hat, wegen Personalmangels, wie es im Protokoll heißt.

Dazu kommen Extrakosten von fast 200 000 Euro dank einer neuen Verordnung aus dem Kultusministerium über Kohlendioxid-Konzentrationen in Klassenzimmern, die in Puchheim überschritten waren. Weil man heutzutage ja nicht einfach Fenster aufmachen kann, um frische Luft hereinzulassen, musste eine Belüftungsanlage eingebaut werden.

Etliche Pannen schreiben Promper und Daam der knappen Bauzeit zu, die der Architekt von Anfang an als "sportlich" bezeichnet hatte. Das Gebäude wurde in zweieinhalb Jahren aus- und umgebaut, mit dem Handicap, dass die Arbeiter und Handwerker nur während der Ferien richtig hinlangen konnten, weil der Unterricht nicht gestört werden durfte. Obendrein gab es wohl allerlei Differenzen mit dem Bauleiter, der viermal wechselte.

Im Stadtrat regte sich vor allem Hofschuster über diese enorme Kostensteigerung auf. "Es war von vorneherein klar, dass es teuer wird und eine Portion Luxus dabei ist. Ich hatte damals schon ein Bauchgefühl, dass zwölf Millionen nicht reichen würden, aber Sie haben mich belächelt", warf der CSU-Sprecher dem Architekten vor, der diese Geste entschieden bestritt. Die Mehrkosten sollen jetzt mit Haushaltsmitteln für Projekte bestritten werden, die heuer nicht verwirklicht werden, darunter das Wohnprojekt für Obdachlose im Altdorf. Die Stadträte genehmigten den Vorschlag einstimmig.

© SZ vom 24.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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