Puchheim:Offene Fragen zur Geothermie

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Vor Beginn der Versammlung begrüßt Bürgermeister Norbert Seidl (stehend) einige Gäste persönlich. Danach geht es wesentlich weniger harmonisch weiter. (Foto: Günther Reger)

Bei der Bürgerversammlung in Puchheim-Ort muss sich Norbert Seidl der Diskussion mit den Anwohnern stellen und gibt sich zurückhaltend. Auch eine Arbeiter-Unterkunft und der Verkehr sorgen für Gesprächsbedarf

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) hat natürlich gewusst, dass auch bei der Bürgerversammlung in Puchheim-Ort das Thema Geothermie zur Sprache kommen würde. Schließlich liegt die Bohrstelle am Laurenzer Weg ziemlich nahe an der "Ortler"-Siedlung dran. Bei den Schwerpunktthemen, die Seidl behandelte, war das Projekt jedoch nicht dabei. Zwei Wochen zuvor, bei der Bürgerversammlung in Puchheim-Bahnhof, hatte Seidl noch ausführlich über die Pläne referiert. Der Gegenwind aus der Versammlung war heftig . In vollbesetzten Puchheim-Ort übernahm Karin Dahmen den Part, kritische Einwände zur Geothermie vorzutragen.

"Wo genau wird gebohrt?", fragte Dahmen. "Wie ist der Stand und wer kommt für entstehende Schäden auf?" Seidl gab sich ahnungslos. "Wo genau gebohrt wird, weiß ich nicht", antwortete er. So viel steht fest: "Es wird am Laurenzer Weg gegenüber dem Ikarus-Center sein - auf dem ehemaligen Erdbeerfeld." Dort werde 2,5 Kilometer tief gebohrt. Der Stadtrat habe den Bebauungsplan geändert und dort eine Bohrstelle ermöglicht. Ansonsten sei noch nichts passiert. "Poing wirft Fragen auf", so Seidl, das verstehe er. Es gäbe in der Region München aber auch mehrere andere Geothermie-Projekte, wo noch nichts passiert sei. Seidl sicher: "Es gab in München und Umgebung noch nie ein Erdbeben." Mit der angestrebten Versorgung per Geothermie und Fernwärme wolle Puchheim seinen Beitrag zur Energiewende leisten. Der Bürgermeister machte klar, dass es nicht sein Projekt ist. "Will die Bevölkerung es haben?", so Seidl, sei die entscheidende Frage. Alexander Rölle hakte nach und misstraute der Ankündigung Seidls, dass Bürger für etwaige durch die Geothermie-Bohrungen entstandene Schäden an ihren Häusern entschädigt werden. Die Stadt habe zusammen mit der Bohrfirma eine GmbH gegründet. "GmbH heißt, dass die Bürger nichts kriegen", meinte Rölle spürbar verärgert. "Das ergibt sich aus dieser Gesellschaftsform." Seidl ging auf die Entschädigungsfrage nicht ein. Gründet worden sei noch gar keine GmbH.

Auch die Nachnutzung des ehemaligen Gasthauses "Colonial" beschäftigte die Versammlung. Als Seidl mitteilte, dass dort ein sogenanntes "Boarding House" mit 116 Betten, also eine Übernachtungsmöglichkeit zum Beispiel für Montagearbeiter, entstehen soll, ging ein Raunen durch den Saal. Dieses steigerte sich noch, als der Bürgermeister verkündete, dass entsprechend den gesetzlichen Vorgaben für die 116 Betten nur 20 Parkplätze entstehen sollen. "Da kann man schon Sorge haben, wo die Autos stehen werden", gestand Seidl zu. Der Bauausschuss des Stadtrates habe dem Projekt zwangsläufig zustimmen müssen, weil es im Einklang mit Baugesetz und Bauverordnung stehe. "Bauen im Dorfgebiet müssen wir grundsätzlich zulassen." Werner Bleifuß stellte die Notwendigkeit eines Übernachtungshauses in Frage und steuerte einen humoristischen Beitrag bei. "Das Gebäude wäre wunderbar geeignet für einen Theatersaal mit fester Bühne und 200 Plätzen", meinte der aktuelle Vorsitzende des Theatervereins Puchheim-Ort.

Johann Aichner beklagte den starkgestiegenen Verkehr nach der Fertigstellung der B2-Umfahrung auf der Eichenauer Straße. "Links abbiegen aus der Mitterlängstraße ist nicht möglich", kritisierte Aichner und plädierte für einen Kreisverkehr. "Die Eichenauer Straße ist nicht für die Eichenauer, sondern für die Puchheimer da", bekräftigte er unter dem Beifall der Besucher. Seidl gab sich skeptisch: "Ein Kreisverkehr wäre ein Mammutprozess mit dem Straßenverkehrsamt und anderen."

© SZ vom 24.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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