Puchheim:Großes Interesse an Debatte

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Podiumsgespräch zur Geothermie mit (v.l.) Michael Peukert, Gottfried Obermair und Norbert Seidl. (Foto: Carmen Voxbrunner)

150 Bürger kommen zu Veranstaltung von "Ziel 21"

Von Peter Bierl, Puchheim

Dass Geothermie die Gemüter in Puchheim bewegt, zeigt der Andrang bei allen Veranstaltungen zum Thema. Mehr als 150 Bürger kamen am Donnerstag ins Kulturzentrum, eingeladen von Ziel 21, dem Energiewendeverein des Landkreises, unter der Fragestellung "Geothermie - eine Chance auch für Puchheim?". Die Veranstalter hatten den Ablauf geändert, möglicherweise um den Vorwurf der Einseitigkeit zu entkräften. Zum Auftakt durften Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) sowie Michael Peukert von der Bürgerinitiative gegen Geothermie ihre unterschiedlichen Positionen begründen. Bei der Moderation erlitt Ramona Weiß (CSU), die stellvertretende Vorsitzende von Ziel 21, einen kleinen Schwächeanfall. Der Vorsitzende Gottfried Obermair (FW) musste einspringen, bis die Stadträtin sich erholt hatte.

Neue Argumente waren an diesem Abend nicht zu hören, dafür präzisierten Florian Faus, Fachanwalt für erneuerbare Energien, und Rainer Zimmer, Leiter der Fachstelle Bergtechnik, Gefahrenabwehr, energetische Bodenschätze im bayerischen Wirtschaftsministerium, einige Aspekte der Haftung im Fall von Erdbebenschäden. So erklärte Zimmer, die Bergrechtsnovelle von 2017 habe die Position von Geschädigten klar gestärkt, von einer "echten Beweislastumkehr" sollte man aber nicht sprechen. Es gelte eine "Anscheinsvermutung": Wurden seismische Erschütterungen gemessen, werde der Betreiber einer Geothermieanlage für Schäden in die Pflicht genommen, sofern das Unternehmen nicht darlegen könne, dass andere Ursachen wahrscheinlich seien. Dafür müssten Beweise vorgelegt werden. In einem solchen Verfahren müsse es "fair zugehen". Damit soll ausgeschlossen werden, dass Trittbrettfahrer sich Altschäden bezahlen lassen.

Hausbesitzer müssten auf eigene Rechnung den Zustand ihrer Immobilien von Gutachtern dokumentieren lassen, bevor es mit der Geothermie losgeht, um später etwaige neue Schäden durch Geothermie nachweisen zu können, riet Anwalt Faus. Weder die Stadt noch die Betreiberfirma können verpflichtet werden, eine solche Beweissicherung für alle Gebäude vorzunehmen. Die Privatleute müssten die Gutachten selber zahlen, die Kosten lägen zwischen 500 und 1500 Euro.

Als langfristig günstigste Form der Energieversorgung präsentierte Helmut Mangold, Geschäftsführer der kommunalen GmbH aus Pullach, die Geothermie. Man spare Wartung und Service und vor allem eine teure eigene Heizungsanlage. Er verwies auf eine hohe Wertschöpfung in Höhe von fünf Millionen Euro pro Jahr, die im Ort verbleibe. Dagegen berichtete Erwin Knapek, Präsident des Bundesverband Geothermie, von Investoren aus Neuseeland oder Island, die sich im Unterschied zu heimischen Investoren mit einer geringen Rendite zufrieden gäben.

Knapek berichtete von Gegenden Kaliforniens, wo dauernd Beben der Stärke 4 stattfänden, ohne dass alles einstürze. Er sei zwar kein Experte, gehe aber davon aus, dass in Puchheim für die Häuser keine Gefahr bestünde, "wenn die Keller gescheit gebaut sind". Der weiche Untergrund könnte zwar Beben verstärken, aber das müssten Experten abschätzen.

Er betonte vor allem den Beitrag zum Klimaschutz und sprach von 65 Millionen Klimaflüchtlingen allein in Afrika, wobei das UN-Flüchtlingswerk von derzeit insgesamt 68,5 Millionen weltweit ausgeht. Die Unterhachinger seien auch von der Goethermie begeistert, weil sie "Putin kein Geld mehr geben" müssten, sagte der frühere SPD-Bürgermeister der Gemeinde. "Keiner will wegen der Preise verhandeln, keiner steigt aus." Sogar aus der Mongolei sei schon eine Delegation angereist, um die Anlage zu besichtigen. Bei einer Bevölkerungsdichte von zwei Menschen pro Quadratkilometer dürfte dort mit Bürgerprotesten kaum zu rechnen sein.

© SZ vom 07.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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