Puchheim:Filzengel? Leider schon ausverkauft

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Angeboten wird auch die vegetarische Zucchinicremesuppe. Aber am besten funktioniert das Aufwärmen immer noch mit der scharfen Gulaschsuppe der evangelischen Jugend, die René Weinrich (links) hier an einen Besucher ausgibt. (Foto: Günther Reger)

Von Kerzen bis hin zu kunstvoll ausgeschnittenen Papiersternen ist auf dem Adventsmarkt der Auferstehungskirche in Puchheim fast alles selbst gemacht und manchmal schnell vergriffen. Viel wichtiger als der Umsatz ist den Helfern ohnehin, gemeinsam ein schönes Fest zu feiern

Von Stefan Salger, Puchheim

Schon klar: Für die Auferstehungskirche ist der Weihnachtsmarkt am ersten Adventswochenende auch in finanzieller Hinsicht wichtig. Mit dem Erlös können soziale Projekte in der Kirchengemeinde finanziert und "Brot für die Welt" unterstützt werden. Und doch "stehen die Einnahmen nicht im Vordergrund", erklärt Frank Lehmann. Bei dem Prädikanten und Sozialpädagogen sind die Fäden zusammengelaufen, er hat den Adventsmarkt maßgeblich organisiert, unterstützt von wohl an die 60 ehrenamtlichen Helfer. Was wirklich im Vordergrund steht, erklärt Lehmann dann auch gleich: "Gemeinsam ein schönes Fest feiern." Ein Fest, das sich wohltuend vom vorweihnachtlichen Trubel abhebt. In der Adventszeit macht der Einzelhandel seine größten Umsätze. Dabei gerät der eigentliche Zauber in den Wochen vor dem Jahreswechsel allzu oft unter die Räder. Um so wichtiger, dass es kleine Christkindlmärkte wie jenen in Puchheim gibt, bei denen fast ausschließlich selbst Gebasteltes, selbst Gebackenes und selbst Gekochtes angeboten wird.

Natürlich fehlt mal wieder der Schnee als "i-Tüpfelchen", so wie in den allermeisten Jahren, an die sich Lehmann erinnern kann - und das sind viele, kümmert sich der Laienprediger doch bereits zum 28. Mal um den Adventsmarkt. Aber vor allem in den Abendstunden entfaltet sich der familiäre Charme zwischen der Handvoll Holzbuden und dem kleinen Zirkuszelt. So sei das auch am Samstagabend gewesen, erzählt Annemarie Pichlmeier. Da spielte der Posaunenchor. Und da legte sich diese feierliche Stimmung über den Platz rund um die Feuerstelle, an der die evangelische Jugend ihre formidable Gulaschsuppe ausschenkte. Da wurde spürbar, dass es auf Weihnachten zugeht. Annemarie Pichlmeier steht auch am Sonntag wieder drinnen hinter einem der sieben sorgsam dekorierten Stände und bietet das an, was unter ihren Händen und den Händen der weiteren elf Frauen im Bastelkurs in den letzten Monaten entstanden ist. Sterne aus Stroh und Pappe, mit Goldfarbe bemalte rote Wachsmodeln für den Christbaum, handgemachte Kerzen.

"Natürlich mache ich das nicht wegen des Geldes", sagt die Puchheimerin und lacht. Schließlich fließt der komplette Erlös an die Kirche. Auch für sie geht es um viel mehr: um die Freunde und Bekannten und "Stammkunden", die sie hier trifft, um Zeit für einen gemütlichen Plausch. Und um das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Dass am Sonntagmittag bereits die fünf großen roten Solinosterne, die kunstvoll gefaltet und dann mit einer kleinen Schere ausgeschnitten werden, ausverkauft sind, ist der Beleg dafür, dass dieses Angebot auch auf eine entsprechende Nachfrage trifft. Die Filzengel teilen ebenso das Schicksal der Papiersterne wie die Steinkrippen am Stand schräg gegenüber - auch deshalb "sind wir nach dem verhaltenen Auftakt am frühen Samstagnachmittag sehr zufrieden", sagt Annemarie Pichlmeier, die erst am Freitag, also kurz vor Markteröffnung, aus dem Urlaub auf Teneriffa zurückgekehrt ist.

Am Nachbarstand gibt es zwar keine Solinosterne und keine Filzengel, dafür aber andere "Renner". So wie die kleinen Schmuckperlen zum Auffädeln. Bei den kleinen Mädchen seien die sehr gefragt, erklärt Gertrud Heilmair, die nun auch schon seit 30 Jahren regelmäßig die selbst gebastelten Schmuckstücke auf dem Basar der Auferstehungskirche verkauft. Außerdem hat Gertrud Heilmair Zaubersterne im Angebot. Eine Frau habe nicht schlecht gestaunt, als sie ihr vorführte, wie aus einem kleinen Päckchen Papier, das man sogar in einem Briefkuvert an Verwandte oder Freunde schicken kann, ein prächtiger Stern buchstäblich aufblühte, der sich ins Fenster oder an den Christbaum hängen lässt.

Mit Interesse lässt sich das auch eine Besucherin vorführen. Sie selbst habe bereits ein kleines Glöckchen gekauft, erzählt sie, werde aber ganz gewiss noch anderweitig fündig. Sie nutzt die Gelegenheit auch, um sich Anregungen zu holen. Denn die Enkelkinder, drei, fünf und sieben Jahre alt, bekommen vorrangig selbst gemachte Weihnachtsgeschenke. Missen mag sie den Adventsmarkt nicht. Und weil das vielen Puchheimern so geht, wird sich Frank Lehmann kurz nach Weichnachten wohl wieder Gedanken machen müssen. Gedanken, welche Neuigkeiten der 29. Adventsmarkt verträgt, ohne die Konstanten wie Handwerkskunst, Gulaschsuppe und ehrenamtliche Mitarbeit, also den bewährten Kern, auch nur im Geringsten in Frage zu stellen. Am vergangenen Wochenende gab's übrigens zum allerersten Mal Zuckerwatte zu kaufen.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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