Puchheim:Fans unter sich

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Wie der Spieler von damals in die Jahre gekommen: Anhänger des FC Bayern im Puchheimer Festzelt beim FC-Bayern-Fanabend mit Raimond Aumann. (Foto: Günther Reger)

Fußballweltmeister Raimond Aumann spricht auf dem Puchheimer Volksfest zu Anhängern seines Arbeitgebers FC Bayern. Der Ansturm im Festzelt bleibt allerdings aus, es kommen nur 25 Getreue des deutschen Rekordmeisters

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Visuell hatte man im Puchheimer Volksfestzelt zum FC Bayern-Fanabend "Stern des Südens" ziemlich aufgerüstet. Rechts neben der Bühne stand ein großer Fernseher, auf dem Weltmeister Raimond Aumann als aktiver Torwart mit langen schwarzen Nackenhaaren und Schnauzer zu sehen war. Als er dann als prominenter Bayern-Gast auf der Bühne Rede und Antwort steht, sehen die Festzeltbesucher einen 53-jährigen Mann mit Glatze stehen, der mit dem Aumann von 1990 rein optisch nichts mehr zu tun hat. Viele FCB-Anhänger wollten den Chef der Direktion Fanklubbetreuung des Münchner Profiklubs in Puchheim nicht sehen. Nur 25 Bayernfans hatten sich in den ersten zwei Reihen des Festzeltes eingefunden.

Die Fans kamen auch in Bayerntrikots. "Triple 2013" war auf dem Rücken eines Bayern-Anhängers groß zu lesen. Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl mühte sich als Moderator des Abends mit erstaunlicher Fußballsachkunde um Aufmerksamkeit, konnte aber zu den restlichen 50 Besuchern im spärlich besetzten Zelt kaum durchdringen. Nach dem FC Bayern-Lied des niemals untergehenden "Stern des Südens", das das Musik-Trio "Ziacheiner" mit Sängerin Julia zum Mitsingen anbot, holte Seidl Werner Simmerl und Volker Keidel auf die Bühne. Der Puchheimer Simmerl ist 72 Jahre alt und Vorsitzender vom 1. Oldie Fanklub des FC Bayern, den er im Jahre 2000 gegründet hat. Simmerl ist aber schon seit Jahrzehnten Dauergast bei den Spielen des FC Bayern. "Nur die Meisterschaft von 1932 habe ich nicht mitgemacht", begann Simmerl seine Fanleidenschaft auszubreiten. Die geht schon auf die Fünfziger- und Sechziger Jahre zurück, als München noch fast Blau, also für den TSV 1860 gewesen sei. Simmerl: "Je mehr Watschn ich damals bekam, desto mehr wurde ich Bayernfan". Um auch von den Leiden eines Fans von einem momentan nicht so erfolgreichen Fußballklubs zu erzählen, stand Volker Keidel im dunkelblauen Trikot mit auf der Bühne. Der 47-jährige Gröbenzeller ist Fan des Hamburger SV. Keidel war Ersatz für einen Löwen-Fan vom TSV 1860 München, doch die waren alle, vermutete Seidl, an diesem Abend im Stadion beim Spiel gegen Stuttgart. HSV-Fan Keidel erfüllte seine Aufgabe ganz prima. Ist er doch 2014 mit einer kleinen Meisterschale des FC Bayern vom Münchner Marienplatz nach Hamburg gelaufen und hat darüber ein Buch geschrieben. "Mein Dietmar-Jacobs-Weg" heißt das Buch über den 875 Kilometer-Marsch. Simmerl hatte das 0:1 des FC Bayern vom Vorabend in Hoffenheim noch nicht ganz verdaut. Der wusste auch, wer schuld gewesen ist: "Ersatztorwart Sven Ulreich hat die Fliegenfängerprüfung erfolgreich bestanden."

"Was ist ein richtiger Fußballfan?", wollte Seidl von Simmerl wissen. "Das ist jemand, der auch in der 85. Minute bei einem 0:2-Rückstand für seine Mannschaft schreit", antwortete der Oldie-Fan. "Ob die dann noch schneller laufen, wenn ihr in der 85. Minute krakeelt?", meinte Seidl zweifelnd. Simmerl erzählte noch, dass er in zwölf Jahren in der Allianz-Arena nur drei Spiele versäumt hat. Der 72-Jährige ist kein Fußball-Junggeselle, er ist seit über 50 Jahren verheiratet. "Weil er nie zu Hause gewesen ist", meinte eine Besucherin spöttisch, die das mitgehört hatte. Die größte Enttäuschung Simmerls war das verlorenen Champions-League Finale im eigenen Stadion gegen den FC Chelsea London im Jahre 2012. Frauenfußball ist nicht unbedingt die Leidenschaft des Oldie-Fans, obwohl die Bayern-Frauen aktuell auch Deutscher Meister sind: "Da muss ich nicht unbedingt hingehen."

HSV-Fan Keidel, der natürlich Sankt Pauli nicht mag, aber Werder Bremen als noch schlimmer empfindet, spielte gegenüber Simmerl noch seinen Trumpf genüsslich aus: "Wir sind zwei Jahre länger in der Bundesliga als ihr." Aumann, der seine Fußballkarriere als Jugendlicher beim FC Augsburg begonnen hatte, erzählte dem Publikum noch, dass er viel lieber Feldspieler geworden wäre, aber dafür "zu lauffaul" gewesen sei. Er schwärmte von Manuel Neuer als bestem Torwart der Welt, der sogar noch Oliver Kahn übertreffe. Die erste Reihe beklatschte Aumanns Auftritt, alle Beteiligten wussten jedoch, dass ein FC Bayern-Abend im Puchheimer Festzelt noch ausbaufähig ist.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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