Puchheim:Energiegeladen in die Klassenzimmer

Lesezeit: 3 min

Täglich kommen 30 bis 45 Schüler zum Frühstück. An diesem Morgen erleben sie die Scheckübergabe der Sparda-Bank mit. (Foto: Carmen Voxbrunner)

An der Grundschule Süd in Puchheim gibt es ein tägliches Frühstück. Organisiert wird das Projekt vom BLLV

Von Felix Schulz, Puchheim

Helferin Dagmar Rinck trifft noch die letzten Vorbereitungen für das morgendliche Schulfrühstück, als schon die ersten hungrigen Kinder in die Mensa der Grundschule Süd strömen und noch schnell die fehlenden Brezn ans Buffet bringen. Ihnen bietet sich ein nahrhafter Anblick, denn das Buffet lässt nichts vermissen, was zu einem richtig Frühstück gehört. Zur Auswahl stehen den meist zwischen 30 und 45 Kindern jeden Morgen frische Semmeln und Brezn, Marmelade, Honig, Wurst, Käse, verschiedene Arten von Joghurt und Müsli. Zum Trinken gibt es Kakao, Tee und Fruchtsäfte. Auch Obst und Gemüse seien immer reichlich vorhanden, betonen die Frühstückshelfer immer wieder.

Dieser Morgen ist ein ganz besonderer: Die Direktorin der Unternehmenskommunikation der Sparda-Bank, Christina Miedl, ist gekommen, um einen Scheck über 25 000 Euro an Edeltraud Jornitz-Foth, die Leiterin des Projekts "denkbar Frühstück" des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) zu übergeben. Das Projekt "denkbar Schulfrühstück" macht es sich zum Ziel, dass kein Schüler mehr mit leerem Magen in den Unterricht gehen muss. Als die BLLV-Kinderhilfe das Projekt 2011 von den Sternstunden übernommen hat, konnten dadurch noch 44 andere Grund- und Mittelschulen in ganz Bayern finanziell unterstützt werden. Heute sind es bereits 108, davon 16 im Raum München und 18 in Oberbayern. Auch nachdem die Sternstunden ihre administrativen Aufgaben 2011 abgegeben haben, haben sie den BLLV weiterhin mit Spenden unterstützt. Diese werden unter den Schulen verteilt, die sich für das Projekt bewerben. Die Höhe des zu Verfügung gestellten Betrags variiert dann von Schule zu Schule je nach Bedarf.

In Zukunft wird sich das Projekt jedoch auch nach anderen Sponsoren umschauen müssen, da sich das Engagement der Sternstunden in der näheren Zukunft wahrscheinlich auf die Mittelschulen beschränken wird, die Verhandlungen seien aber noch nicht abgeschlossen, erzählt Projektleiterin Jornitz-Fott. Das Umstand macht die Spende der Sparda Bank umso bedeutender, da dadurch immerhin das Schulfrühstück im Schuljahr 2017/18 für die Grundschule Süd in Puchheim und vier weitere Grund- und Mittelschulen im Raum München und Oberbayern gesichert ist.

Neben anderen gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen trägt inzwischen auch das Sozialministerium maßgeblich zu dem Projekt bei. Für Christine Miedl ist die seit 2014 andauernde Beteiligung der Sparda Bank eine Selbstverständlichkeit: "Der Staat alleine kann das nicht stemmen. Darum ist es uns auch wichtig, dieses Projekt zusammen mit der Gemeinschaft anzupacken." Doch Geld alleine reicht noch lange nicht, denn die Umsetzung des Projekt hängt vor allem von der ehrenamtlichen Arbeit der vielen freiwilligen Frühstückshelfer ab, deren Einsatz man noch hoch genug bewerten könne, so der allgemeine Konsens an diesem Morgen. Für die Schuldirektorin Rosmarie Ehm ist "ein lokales Netzwerk, das die Organisation der Frühstückshelfer möglich macht das A und O. Denn mit ihnen steht und fällt das Projekt. Die Helfer machen das rein aus Leidenschaft für die Kinder."

Dementsprechend hat sich auch die Mehrheit der Frühstückshelfer Übergabetermin in die Mensa eingefunden. Von Montag bis Freitag sind an jedem Morgen ein oder zwei Freiwillige eingeteilt. Zu ihnen gehört auch Eva Maria Wünsch, die schon seit dem Beginn des Projekts vor acht Jahren als Frühstückshelferin arbeitet. Sie geht ein Mal wöchentlich bereits um sechs Uhr Morgens aus dem Haus, um frische Semmeln und Brezen beim Bäcker zu holen und das Buffet für die Schüler vorzubereiten. "Es ist einfach schön, mit den Kindern zu arbeiten. Die freuen sich immer sehr und sind gut aufgelegt", sagt Wünsch. Neben der reinen Energiezufuhr gehe es aber auch um etwas ganz anderes. Denn die Schüler, die das Frühstücksangebot annehmen, kommen durchweg aus Elternhäuser mit Migrationshintergrund, ein Fünftel von ihnen sind Flüchtlingskinder. Daher spielt für Rosmarie Ehm der soziale Aspekt eine entscheidende Rolle: "Die Kinder kommen hier zusammen und reden auch mit Mitschülern, mit denen sie sonst weniger zu tun haben. Die Kinder haben ja keine Vorbehalte gegenüber einander. Und wenn mal etwas schiefgelaufen ist, haben sie in den Frühstückshelfern auch Ansprechpartner, die zuhören und Trost spenden können." Viele Eltern mit mehreren Jobs seien so überlastet, dass oftmals für die Probleme ihrer Kinder einfach keine Zeit oder Kraft mehr bleibe.

Projektleiterin Edeltraud Jornitz-Foth betont, dass es bei dem Kontakt der Kinder mit der westlichen Esskultur auch um eine Form von Integration gehe. Wichtig sei jedoch, dass es keine Stigmatisierung gebe. Jeder Schüler ist zum Schulfrühstück eingeladen, "am Ende bleiben dann die Kinder angemeldet, die es wirklich brauchen." Sie ist sich sicher: "Um das Schulfrühstück nachhaltig für die Schüler gewährleisten zu können, muss das Thema Programm bleiben."

Knapp vor Schulbeginn klingelt schließlich die Glocke. Die Schüler springen von ihren Plätzen auf, bringen pflichtbewusst noch schnell ihre Tabletts samt dem dreckigem Geschirr zur Spülmaschine und machen sich dann aufgeregt im Laufschritt auf dem Weg zu ihren Klassenzimmern. Eva-Maria Wünsch bemerkt später noch: "Manchmal sind die so energiegeladen, dass sie noch Liegestützen vor der Tür machen."

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: