Puchheim:Ausgewogene Extravaganzen

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Bei Bavaschoro verschmelzen verschiedene Stile zu etwas völlig neuem. (Foto: Reger)

Überzeugender Auftritt des Quintetts "Bavaschoro" im Puc

Von Jörg Konrad, Puchheim

Es ist eine der in den vergangenen Jahrzehnten am häufigsten gestellten Fragen innerhalb des Jazzzirkels: Kann man Jazz studieren? Mittlerweile weiß man: Man kann. Zumindest was Musiktheorie, Kompositionslehre, Gehörbildung und Instrumentalkunde betrifft. Voraussetzung sind natürlich eine gewisse musikalische Veranlagung, ein Gespür für Klang und Rhythmus und der Wille, neues zu lernen. Ob sich dann ein Erfolg einstellt, bleibt aber noch immer ungewiss.

Insofern bringen die Mitglieder des Quintetts "Bavaschoro" schon einmal alle nötigen Voraussetzungen mit. Sie kommen entweder aus musikalisch vorgeprägten Elternhäusern und/oder besitzen genügend Begabung, die sie erfolgreich in ein Musikstudium investiert haben. Dass es sich bei allen um musikalische Freigeister handelt, macht die Sache zusätzlich einfacher. Denn so können Luis Maria Hölzl (Gitarren, Geige), Henrique de Miranda Reboucas (Gitarre), Xaver Maria Himpsl (Flügelhorn) Marcio Schuster (Saxophone) und Ludwig Maximilian Himpsl (Waldhorn, Tuba, Schlagwerk) ihre Erfahrungen und ihr Können einfacher bündeln und schon entsteht, wie beim Konzert im Puchheimer Kulturzentrum zu hören war, bayrische Volksmusik mit einer kräftigen Prise brasilianischer Folklore. Hinzu kamen an diesem Abend noch ein Löffel europäische Kaffeehausmusik und zwei Messerspitzen moderne Klassik, plus einem flüchtigen Schuss Fado. Garniert wurden diese stilistisch ausgewogenen Extravaganzen mit einem Bund erfrischendem Jazz, der dem ganzen eine quicklebendige Note gab und jedem bemüht wirkenden Crossover-Geschmack glücklich entgegenwirkte.

Die fünf Herren sind ein exemplarisches Beispiel dafür, dass es sehr wohl ein kulturübergreifendes Miteinander gibt. Wenn jeder nur einen kleinen Teil seines Egos aufgibt und stattdessen einen Schritt auf den Nebenmann zugeht, und wenn zuvor ein gemeinsames Ziel definiert ist - wird diese Vision Realität. Bavaschoro leben dieses Prinzip schon eine geraume Weile musikalisch vor. Überzeugend vereinen sie die unterschiedlichsten Musikstile und haben selbst die größte Freude daran, diese musikalische Mixtur auf ihrer ersten CD zu präsentieren.

In Puchheim war für einige Songs die Sängerin Dandara Modesto mit auf der Bühne. Stimmlich unterstützt von den Herren der Band fand sie eine passende Balance zwischen sanfter Ballade und charismatischem Temperament. So entstand Musik, die die unterschiedlichsten Stimmungslagen zum Ausdruck brachte, mal größeren Wert auf die rhythmische Komponente eines Songs legend, mal stärker den harmonischen Teil herausstellend. Was verzauberte, war letztendlich die Zeit- und Grenzenlosigkeit des Vortrags.

Doch wichtig für ein derart vielfältiges Repertoire ist auch ein veranstalterischer Rahmen, der diese Präsentation ermöglicht. Und hier leistet die Reihe Jazz Around The World beachtliches. Mit Hilfe des Kulturzentrums, des Kulturverein Puchheim e.V. und des Weltmusik- und Jazzlabels Galileo MC aus Fürstenfeldbruck treten seit viereinhalb Jahren Künstler aus den verschiedensten Regionen dieser Welt auf, spielen Volksmusik und Pop, Jazz und Blues - oder eben eine Synthese aus all diesen Versatzstücken. Es kann sich aber auch um eine Kreuzung aus Hip Hop und Jazz handeln. Yunus, das Quartett um den aus Fürstenfeldbruck stammenden und heute in Hannover lebenden Johannes Berger, machte dies im Vorprogramm deutlich. 25 Minuten ambitionierter Rap und ein Instrumentalstück des Pianisten Steve Kuhn sind eine mutige Herangehensweise, die auch inhaltlich außerordentlich überzeugte.

© SZ vom 25.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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