Puchheim:Arabisch für Anfänger

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Aus Worten Sätze machen und auf den Buzzer drücken: Deutschunterricht für Flüchtlingskinder in einer Münchner Mittelschule. (Foto: Florian Peljak)

Im Herbst wird es an der VHS Puchheim erstmals einen Basissprachkurs für Flüchtlingshelfer geben. Entwickelt hat das Konzept der syrische Flüchtling Abdullah Mohamed

Von Peter Bierl, Puchheim

Von Flüchtlingen wird gefordert, schnell Deutsch zu lernen, dabei stellt der Staat nur begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung. Die Volkshochschule (VHS) Puchheim hat deshalb längst die Initiative ergriffen. "Sei ein Deutschkurs-Pate" lautet die Kampagne. Bürger spenden Geld, die VHS finanziert damit Sprachkurse für Asylbewerber. Einen neuen Weg schlägt die VHS auch mit zwei Arabischkursen für ehrenamtliche Helfer und Mitarbeiter der Verwaltung ein, die im Herbst und im Frühjahr stattfinden sollen.

An jeweils sieben Abenden lernen die Teilnehmer ein Basis-Hocharabisch in einer vereinfachten, an der Umgangssprache orientierten Form. Das Vokabular orientiert sich an der Alltagssprache, ist themenspezifisch und alltagstauglich. Die arabische Schrift, von rechts nach links, wird komplett ausgeklammert, dafür soll die für Deutsche ungewöhnliche Aussprache intensiv geübt werden. Die Teilnehmerzahl ist auf elf Personen begrenzt.

Entwickelt hat diesen Kurs Abdullah Mohamed, selber Flüchtling aus Syrien. Er ist 29 Jahre alt und stammt aus einem Ort westlich von Aleppo. Die 3000 Kilometer von Syrien durch die Türkei und auf der Balkanroute hat er zum größten Teil zu Fuß zurückgelegt. Mohamed heißt in Wirklichkeit anders, fürchtet aber Repressalien des Assad-Regimes gegen seine Familie zu Hause. Er will deshalb auch nicht fotografiert werden.

Als der Bürgerkrieg 2011 ausbrach, hatte Mohamed gerade sein Studium der arabischen Literatur und für das Lehramt abgeschlossen. Er blieb zunächst in der Annahme, die Kämpfe würden nicht lange dauern. "Nach drei Jahren hatte ich die Hoffnung verloren. Ich wollte nur noch weit weg vom Krieg", sagt er. Mohamed landete in Egling bei Landsberg, wo er einen Deutschkurs absolvierte. Zu den ersten jener seltsamen Begriffe aus zusammengesetzten Substantiven, die so typisch für das Deutsche sind, gehörte "Sicherheitsgurt". Eine Helferin forderte ihn auf, diesen anzulegen, als er neben ihr auf dem Beifahrersitz saß. Es hätte schlimmer kommen können, es gibt ja auch so Wortungetüme wie Grüngutlagerfläche.

Mohamed focht das nicht an. Er sprach nicht nur Hocharabisch und den syrischen Dialekt, sondern auch perfekt Englisch und kannte dadurch das lateinische Alphabet. Er hat Spaß an Grammatik und Didaktik und freut sich darauf, seine Kenntnisse weiterzugeben und seine Fähigkeiten anzuwenden. Der Kontakt zur VHS in Puchheim kam eher zufällig zustande. Geschäftsführerin Claudia Frodien hatte die Idee, arabischsprachige Studenten an der Münchner Universität anzuwerben. Als Helfer unterstützen sie die Dozenten in Puchheim in Deutschkursen für Syrer und Iraker. Diese Methode hat sich als sehr nützlich erwiesen. Einen ihrer Aushänge las Mohamed und meldete sich.

Eine Grundlage für den Kurs werden Bildwörterbücher in Deutsch und Arabisch sein. Die arabischen Begriffe sind darin auch in lateinischer Lautschrift verzeichnet. Die Grammatik will Mohamed auf das Nötigste beschränken. Dabei betont er, dass sie gar nicht schwer sei. Das Arabische kenne keine unbestimmten Artikel und nur einen bestimmten Artikel "al" für Einzahl und Mehrzahl für männlich, weiblich und sächlich. Außerdem gibt es nur zwei Vergangenheitsformen. Was den Wortschatz betrifft, wird er den Teilnehmern einen "Mischmasch" beibringen aus Hochsprache und Dialekten. Mischmasch sei im Arabischen übrigens das Wort für Aprikose, sagt er.

Das Verhältnis zwischen Hochsprache und Dialekt sei so wie fast überall. Die meisten verstünden die Hochsprache, weil sie im Fernsehen, in Büchern oder durch die Religion vertraut ist, erzählt Mohamed. In den Dialekten finden sich regionale Eigenheiten, spiegelt sich separate Geschichte, etwa im Algerischen, wo aufgrund der Kolonialherrschaft viele französische Begriffe geblieben sind. Für 240 Millionen Menschen sei Arabisch die Muttersprache, für 50 Millionen die Zweitsprache, etwa für Menschen in der Türkei oder in Malaysia oder für Minderheiten wie die Kurden oder die Berber in Algerien.

Mohamed lebt nun seit eineinhalb Jahren in Deutschland. Im Juni 2015 wurde er als Asylbewerber anerkannt. Er spricht die Landessprache gut und fließend und verwendet einen großen Wortschatz. Aber er ist wissbegierig und studiert weiter. Die VHS Puchheim finanziert ihm in Vorbereitung auf seinen Kurs zwei Workshops zur Weiterbildung beim bayerischen Volkshochschulverband, in denen es um das Lehren und Lernen mit Erwachsenen und Präsentationstechniken geht. Und ist weiter dringend auf Spenden angewiesen, um Sprachkurse anzubieten.

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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