Planspiel Kommunalpolitik:Auf der Suche nach Mehrheiten

Lesezeit: 3 min

Klassenleiterin Christine Pittrich und ihre zehnte Klasse werden im Sitzungssaal von Bürgermeister Josef Heckl (rechts) empfangen. (Foto: Günther Reger)

Mammendorfer Realschüler schlüpfen in die Rolle von Gemeinderäten. Sie diskutieren über Schulbücher und Internet und stimmen am Ende schon mal gegen den Bürgermeister

Von Katharina Proksch, Mammendorf

Es sei ruhiger als sonst, stellt der Sitzungsleiter fest und schaut freundlich lächelnd in die gespannten Gesichter in dem Saal, in dem noch der Muff der Vergangenheit zu hängen scheint. Im Mammendorfer Rathaus dürfte das Durchschnittsalter an diesem Tag bei nicht viel mehr als 15 Jahren liegen. Der mit Abstand Älteste sitzt ganz vorn. Dabei ist Josef Heckl mit seinen 34 Jahren ein ausgesprochen junger Bürgermeister. Hinter den braunen Tischen, die hufeisenförmig zusammengeschoben sind, haben 18 Zehntklässler der Dorothea-von-Haldenberg-Schule Mammendorf Platz genommen - die allesamt sogar jünger sein dürften als die grün gepolsterten Stühle, auf denen sie nun sitzen.

Zwei Schultage lang haben sie sich auf das "Planspiel Kommunalpolitik" vorbereitet. Isabella Gürtler und Iris Bock vom Kreisjugendrings (KJR) leiten die insgesamt dreitägige Veranstaltung. An einem Dienstag hatte die Klasse eine Einführung ins Thema Kommunalpolitik bekommen. Dabei wurde beispielsweise geklärt, wie ein Gemeinderat aufgebaut ist und wie er sich mit der Verwaltung abstimmt. "Außerdem haben sich die einzelnen Fraktionen des Gemeinderats persönlich vorgestellt", berichtet die Klassleiterin Christine Pittrich. Die Schüler durften sich sodann in vier Fraktionen aufteilen, bevor sie abends den öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung besuchten. Am folgenden Tag bereiteten die Schüler-Fraktionen dann ihre eigene Gemeinderatssitzung vor. Der Bürgermeister und drei Gemeinderäte besprachen mit den Schülern mögliche Anträge. Kein Thema sei dabei vorschnell als nicht realisierbar verworfen worden, so Pittrich. Die Fraktionen formulierten selbständig ihre Anträge und tauschten sie untereinander aus. Es zeigte sich, dass abgesehen von vier Schülern, die seit einem Jahr dem Jugendbeirat angehören, niemand eine Vorstellung davon gehabt hatte, wie so eine Gemeinderatssitzung abläuft.

Am diesem dritten Tag nun dürfen die fiktiven Gemeinderatsmitglieder dem echten Bürgermeister ihre Anträge vortragen. Nachdem er wie bei üblichen Gemeinderatssitzungen eine beschlussfähige Mehrheit von 18 Mitgliedern festgestellt hat, geht es los. Die vier Anträge widmen sich Themen aus Schule und Freizeit und werden von den Fraktionen kontrovers diskutiert. So macht sich die vom Schüler Sebastian Oberndorfer geleitete fiktive CSU-Fraktion für einen Wlan-Hotspot in der Schule stark. Frei zugänglich sollte dieser für die neunten und zehnten Klassen während der Schulzeit sein. Viele Bücher seien veraltet, das Internet die aktuellste Quelle, um Themen schnell nachzuschlagen. Bürgermeister Heckl und auch andere Fraktionen sehen dies kritisch: Schüler würden den Zugang missbrauchen, abgelenkt werden und dem Unterricht nicht mehr aufmerksam folgen. Außerdem würden die Kinder den Umgang mit Büchern verlernen, warnen einige Mädchen. Das sieht die Fraktion aber anders, denn die Handys würden doch nur bei Bedarf "aus der Tasche geholt". Die Opposition ist wenig überzeugt, würden doch dann nur ausgewählte Schüler zur Recherche aufgefordert und der Rest langweile sich. Wie wäre es denn mit einem Computer pro Klasse am Lehrerpult?, schlägt Heckl vor. Das könne man schon so machen, aber einige Lehrer bräuchten dann auf jeden Fall noch eine Schulung, die würden sich zu wenig auskennen, heißt es im Plenum. Der Antrag der CSU wird dann aber mehrheitlich abgelehnt.

In der weiblich angeführten fiktiven SPD-Fraktion wird der Wunsch nach neuen Geschäften im Gewerbegebiet vorgebracht. Da Mammendorf und die umliegenden Gemeinden immer größer werden, sei eine Erweiterung nötig, die auch die anderen Discounter attraktiver machen würden. Dabei ginge es ihnen nicht um noch mehr Supermärkte, sondern vor allem um Klamottengeschäfte. "Ist das denn noch nötig in Zeiten des Internetversands?", fragt der Bürgermeister. Na klar, er solle doch mal den sozialen Aspekt einer Shoppingtour bedenken, wird ihm entgegengehalten. Der Bürgermeister ist aber noch nicht ganz davon überzeugt und schlägt vor, Projektentwickler zu beauftragen, um den möglichen Bedarf in der Gemeinde zu prüfen. Doch auch dieser Vorschlag wird dankend abgelehnt. Einig hingegen sind sich die Fraktionen beim Antrag der fiktiven Bürgergemeinschaft Mammendorf. Deren Mitglieder setzen sich für die mediale Ausstattung und Erweiterung ihrer Schule ein. Der Schwerpunkt dabei liegt vor allem auf der Computernutzung nach dem Unterricht, um Referate oder Projekte vorzubereiten. Da Schule aber nicht alles ist, beantragen die fiktiven Freien Wähler die Aufwertung des Freizeitparks. In beiden Punkten möchte der Bürgermeister Rücksprache mit den Verantwortlichen halten und schauen, was möglich ist.

Auch wenn alles diesmal nur ein Spiel war, ist Bürgermeister Heckl am Ende doch angetan vom Engagement, Einfallsreichtum und den konstruktiven Vorschläge der Schüler.

Am nächsten Planspiel Kommunalpolitik nimmt die neunte Klasse der Mittelschule Puchheim teil. Es beginnt mit einer fiktiven Stadtratssitzung am Freitag, 24. November, 10 Uhr im Rathaus Puchheim.

© SZ vom 22.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: