Personalie:Multitalent

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Lorenz Höß freut sich auf seine neue Wirkungsstätte. In Eichenau will er Kinder und Jugendliche verstärkt in die Chorarbeit einbinden. Parallel beschäftigt er sich mit seiner Doktorarbeit. (Foto: Stephan Rumpf)

Lorenz Höß singt, dirigiert und spielt Klavier, Orgel sowie Horn. Zum Monatswechsel löst der 24-Jährige den nach Berlin wechselnden Christian Brembeck als Kirchenmusiker des Pfarrverbands ab

Von Klaus Mohr, Eichenau

Der Pfarrverband Eichenau-Alling erhält einen neuen Kirchenmusiker: Am Sonntag wird Lorenz Höß seinen Vorgänger Christian Brembeck ablösen. Der 24-Jährige stammt aus Tegernsee und entdeckte schon früh seine Liebe zur Musik. Fragt man ihn, wie er sich selbst charakterisieren würde, so erhält man zur Antwort, er sei "vielseitig interessiert" und habe eine "große Bandbreite". Beide Eigenschaften wird der neue Kirchenmusiker sehr gut brauchen können. Sicher trifft zu, was Pfarrer Martin Bickl in der Juli-Ausgabe des Pfarrbriefs schreibt: Dass Lorenz Höß nicht nur "in große Fußstapfen treten muss, sondern mit neuen und eigenen Akzenten Kirchenmusik im Pfarrverband auch neu gestalten und prägen kann."

Christian Brembeck zieht Ende September von Eichenau nach Berlin um und gibt daher seine Kirchenmusikerstelle in Eichenau auf. "Meine Entscheidung hat rein private Gründe, ich verlasse den Chor, meine so geliebte Orgel, die Kirchenmusik ganz allgemein" schrieb Brembeck im Mai an seinen Kirchenchor. Ein Nachfolger musste also gefunden werden.

Lorenz Höß ist ein ausgesprochen heiterer und gewinnend auftretender junger Mann, bei dem man sich schnell fragt, wie er die vielen Dinge, die sein musikalisches Leben ausfüllen, unter einen Hut bringt, ohne täglich die doppelte Zeit zur Verfügung zu haben. Dass jemandem, der in den historischen Räumen des Klosters Tegernsee ins Gymnasium gegangen ist, die Kirchenmusik nahe liegt, überrascht nicht. Nach dem Abitur begann Höß ein gymnasiales Lehramtsstudium im Fach Musik an der Hochschule für Musik und Theater München und entschied sich, den Schwerpunkt auf die Kirchenmusik zu setzen. Neben Klavier und Orgel, welche er bei Harald Feller studiert, spielt Höß auch Horn und ist ambitionierter Sänger. Noch während dieses Studiums absolvierte er eine weitere Eignungsprüfung, nämlich die für den Bachelorstudiengang Kirchenmusik. Vor dem ersten Staatsexamen in Schulmusik startete Höß ein drittes Studium im Hauptfach Chordirigieren bei Michael Gläser. Inzwischen hat er nicht nur das Staatsexamen, sondern auch den Bachelor in Kirchenmusik, das frühere B-Examen, in der Tasche. Damit nicht genug: Zum Wintersemester startet Höß mit dem Master in Kirchenmusik (entspricht dem A-Examen), und im nächsten Jahr stehen die Prüfungen für den Chordirigieren-Studiengang an. Sicher kann man nicht behaupten, dass Lorenz Höß seine Stelle in Eichenau zufällig bekommen hat, er musste sich im ausgefeilten Bewerbungsverfahren gegen zwei Mitbewerber durchsetzen: Im ersten Teil stand ein ausführliches Bewerbungsgespräch über liturgische Fragen mit Pfarrer Martin Bickl und den Mitgliedern der Kirchenverwaltung an. In der zweiten Stufe wurde die Kommission durch den Diözesanmusikdirektor der Erzdiözese München und Freising, Gerald Fischer, prominent verstärkt. Hier standen eine Probe mit dem Kirchenchor, liturgisches Orgelspiel, Orgelliteraturspiel sowie der Vortrag eines Halleluja-Verses vom Blatt an. Die Kommissionsmitglieder befragten nach der Probe auch den Chor hinsichtlich seiner Eindrücke. Die Bekanntgabe der Entscheidung dauerte "dann allerdings nicht, wie von der Kommission angekündigt, eine Woche. Am nächsten Morgen um acht Uhr erhielt ich einen Anruf mit der frohen Botschaft", erzählt Lorenz Höß, für den eine Woche eine unendlich lange Zeitspanne gewesen wäre.

Nach seinen Zielen in Eichenau befragt, nennt Höß schnell die Weiterführung der Chorarbeit. Ein Aufbau auf das, was schon da ist und eine Erweiterung des Repertoires in die romantische Literatur hinein ist ihm ein Anliegen. Er möchte auch im Bereich Kinder- und Jugendchor aktiv werden. "Mir ist eine Zusammenarbeit mit den Schulen im Umfeld wichtig, einen Orgelschüler aus dem Gymnasium Puchheim habe ich schon" schwärmt Höß. Eine Schola liegt ihm sehr am Herzen, und auch um die Kantoren möchte er sich kümmern. "Das Problem ist, dass viele Leute Scheu davor haben, alleine zu singen. Aber ich habe schon eine Idee, nämlich mit einer kleinen Gruppe zu arbeiten", sagt Höß. Die Orgel in der Schutzengelkirche hält er für "echt schön" und lobt die diversen Umbauten, die Orgelbauer Kaps dort gemein- sam mit Christian Brembeck realisiert hat.

Im Bereich der historischen Aufführungspraxis ist es Lorenz Höß wichtig, Barockmusik immer unter diesem Aspekt zu erarbeiten und sich selbst weiterzubilden. Ach ja, an einer Doktorarbeit im Bereich der historischen Musikwissenschaft über die Kantaten der Fastenzeit von Christoph Graupner arbeitet der Kirchenmusiker auch noch, womit man mitten in der barocken Tradition ist.

Noch vor seinem Amtsantritt hat er sich ins durchaus reich ausgestattete Eichenauer Notenarchiv vertieft und viele Schätze gefunden. Für die Zeit bis Weihnachten hat sich Lorenz Höß ein Orgelkonzert, ein Konzert mit seinem Münchner Chor und eines mit dem Eichenauer Kirchenchor vorgenommen.

© SZ vom 27.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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