Personalie:Lehrerstimme ohne Nebengeräusche

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Doris Lux ist neue Leiterin der Realschule Maisach. Dort darf sie gleich ein Pilotprojekt für hörbeeinträchtigteSchüler umsetzen. Inklusion will sie als normalen Zustand verstanden wissen

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Doris Lux will Wege nur gemeinsam gehen. Sie will in einer Gemeinschaft wirken, sie weiter aufbauen, sie schützen. Eine Gemeinschaft, in der die Kinder und deren Zukunft das Wichtigste sind, zu der die Lehrer und die Eltern gehören und in der es gerecht zugeht. Doris Lux ist die neue Leiterin der Orlando-di-Lasso-Realschule in Maisach. Seit 1. August ist die 45 Jahre alte Lehrerin schon an der Schule, am Montag, 6. November, wird sie offiziell in ihr Amt eingeführt.

Dass Doris Lux das Gemeinsame so ausdrücklich erwähnt, kommt auch daher, dass sie für sich und für die Schule versuchen will, den Leitgedanken der Schule "offen - miteinander - zukunftsorientiert" mit Leben zu erfüllen. Ein Motto, das für Schüler und Lehrer nicht abstrakt und irgendwo weit weg sein soll, sondern täglich erlebt wird. Im Umgang der mittlerweile mehr als 950 Schülerinnen und Schüler miteinander, im gegenseitigen Gespräch mit Lehrern, in der Beratung der Eltern und bei den gemeinsamen Aktivitäten, die der Realschule ein Alleinstellungsmerkmal geben sollen.

Die gebürtige Schöngeisingerin, die dort auch wieder mit ihrem Sohn lebt, muss in Maisach nicht bei Null anfangen. Die Schule hat sich in den vergangenen Jahren schon dahin entwickelt, wo Lux jetzt weitermachen kann. Neu ist seit diesem Schuljahr, ein Pilotprojekt für hörbeeinträchtigte Kinder. Dass Lux dafür die Richtige ist, zeigt sich an ihrer vorhergehenden Stelle als Stellvertreterin von Ernst Fischer, dem Ministerialbeauftragten für die Realschulen Oberbayern West. Inklusion war dort ihr Thema. All das Wissen kann sie nun zusammen mit ihrer Erfahrung als Lehrerin in Ingolstadt und Ausbilderin von Referendaren in Maisach zusammen mit 70-köpfigen Kollegium umzusetzen versuchen.

Bunt, tolerant und integrativ will die Orlando-di-Lasso-Realschule in Maisach sein. Schüler, Lehrer und Eltern haben dafür ein Leibild, an das sie sich zu halten versuchen. (Foto: Günther Reger)

Inklusion, das ist für Doris Lux nicht nur die neue technische Ausstattung, die es ermöglicht, dass nun speziell die Hörgeschädigten dem Unterricht besser folgen können. Nebenbei würden auch die anderen Schüler davon profitieren, dass mit einer Soundanlage die Stimme des Lehrers ohne störende Nebengeräusche übertragen wird. Lux geht es ebenso darum, dass Inklusion kein Begriff mit sonderbarem Inhalt bleibt, sondern künftig "als normaler Zustand" verstanden wird. Besonders von Eltern. Mit denen möchte Lux ins Gespräch kommen, bei denen will sie Vertrauen schaffen und einen Kontakt knüpfen. "Die Spezialisierung passt zu unserer Schule", sagt deren neue Leiterin und drückt gleichzeitig ihre Freude darüber aus, dass sie nun genau an dieser Schule ist: "Ich habe mich für Maisach ganz bewusst beworben, diese Schule passt zu mir."

Bis Doris Lux am 1. August in Maisach angekommen war, hat sie eine in Bayern nicht untypische Lehrerkarriere absolviert. Doch noch bevor sie ihr Studium aufnahm, war ihr Interesse geweckt. "Lernen durch Lehren" hieß das Projekt am Fürstenfeldbrucker Viscardi-Gymnasium, in dem Lux als Schülerin Unterrichtsstunden "für die Kleineren" geben durfte. Die Faszination für die Naturwissenschaften führte zu einem Studium von Physik und Mathematik, zusammen mit ihrer Begeisterung für Kinder und Jugendliche wurde daraus der Lehrerberuf.

In Ingolstadt unterrichtete Lux an einer Realschule, in Markt Schwaben war sie als Seminarlehrerin in der Lehrerausbildung und von 2007 an im Kultusministerium als pädagogische Mitarbeiterin im Personalwesen. Schließlich erfolgte der Wechsel zum Ministerialbeauftragten, die Spezialisierung auf die Inklusion- und die Rückkehr an eine Realschule.

"Jede Zeit war total prägend", erinnert sich Doris Lux, insbesondere auch die Beschäftigung mit den rechtlichen Aspekten. "Man muss den eignen Rahmen kennen", sagt die Lehrerin. Aber wie sie sich in diesem Rahmen bewegen kann, welche Möglichkeiten sie hat, das muss sie selbst ausprobieren. Bei den Strafen zum Beispiel. Wobei sie Ordnungsmaßnahmen für wichtig hält, aber ohne bestrafenden Charakter.

Doris Lux, 45, ist Leiterin der Realschule (Foto: Günther Reger)

Als Beispiel führt sie die besonders schwere Strafe "Ausschluss vom Unterricht" an. Man könne sich kaum vorstellen, was es für einen Schüler bedeute, wenn er für eine Zeit nicht mehr in seine Klasse dürfe, wenn ihm die Struktur und die Kontakte fehlten. "Es muss zu einer Reflexion kommen", darauf besteht Lux, "und einen Denkprozess anregen".

Schülern müssten ganz klare Grenzen aufgezeigt werden. Lux sieht sich und ihre Kollegen in der Pflicht, Vorbilder zu sein. Nur mit klaren Regeln, mit gegenseitigem Respekt, mit der Achtung von Werten könne eine Gemeinschaft funktionieren. An der Orlando-di-Lasso-Realschule sieht sie da keine Defizite, im Gegenteil: "Wir sind Schule ohne Rassismus", zitiert sie die entsprechende Auszeichnung, nun sei man auf dem Weg zur Fairtrade-Schule. Lux will nicht, dass solche Bezeichnungen ohne Bedeutung bleiben. Das Thema fairer Handel sei fächerübergreifend zu sehen. Es könne dabei ebenso über Menschenrechte gesprochen werden wie über die Arbeitsbedingungen und andere Wirtschaftsthemen.

Bei aller administrativen Arbeit bleibt für Doris Lux noch Zeit zum Unterrichten. Pro Jahrgang gibt es an der Realschule Maisach eine Klasse, die sich mit Ethik befasst. Als Naturwissenschaftlerin findet Lux großen Gefallen an den Themen, etwa der Weltbildbetrachtung, oder der an sich simplen und doch scheinbar so komplizierten Frage "wo wir herkommen, wo wir möglicherweise hingehen". Ein Satz, der zu Lux zu passen scheint wie ihre neue Schule.

© SZ vom 04.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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