Parkfriedhof in Olching:Schweine als Grabtester

Lesezeit: 3 min

  • Auf dem Olchinger Parkfriedhof soll es ein neues Bestattungssystem geben.
  • Weil der Grundwasserpegel auf dem Gelände zu hoch ist, wird überlegt ein sogenanntes Grabhüllensystem einzuführen.
  • Um das neue System vorher auszuprobieren, sollen jetzt Schweinekadaver zum Einsatz kommen.

Von Julia Bergmann, Olching

In diesem Frühjahr will die Stadt mit den Bauarbeiten zur dringend notwendigen Erweiterung des Parkfriedhofs beginnen. Das hat der Stadtrat nun beschlossen. Weil der Grundwasserpegel auf dem Gelände, das zur Erweiterung genutzt wird, zu hoch ist, überlegt die Stadt ein sogenanntes Grabhüllensystem einzuführen. Nur so wäre eine platzsparende Doppelstockbelegung der Grabstellen auch auf dem erweiterten Gelände möglich. Das Gesundheitsamt hat nach längerer Diskussion grünes Licht für eine Testphase des relativ neuen Systems signalisiert.

Um sicherzugehen, dass das Grabhüllensystem keine negativen Auswirkungen auf Natur und Mensch hat, überlegt die Stadt nun, probeweise Schweinekadaver als Testobjekte zu beerdigen. So könne man in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob der Verwesungsprozess, wie es der Hersteller verspricht, mit diesem System tatsächlich schneller und vor allem für die Umwelt unbedenklich ablaufe.

Doppelstockbelegung ist schwierig

Problematisch ist die Doppelstockbelegung, also die Lagerung von zwei Särgen übereinander, bei hohem Grundwasserspiegel deshalb, weil beim Verwesungsprozess des Körpers toxische Substanzen entstehen, die weitgehend ungefiltert ins Grundwasser gelangen könnten. Beim Grabhüllensystem wird der Sarg in eine Hülle aus Geotextil gesetzt. Das Material ist wasserdicht und verhindert so das Austreten giftiger Stoffe. Die Hülle wird bei der Bestattung mit Grünmatten bedeckt, so dass sie für die Trauergesellschaft nicht sichtbar ist. Durch Lüftungsrohre, die etwa 30 bis 50 cm unter der Erdoberfläche enden, soll der Gasaustausch gewährleistet werden.

Das Grabhüllensystem bringe gegenüber anderer Alternativen wesentliche Vorteile, wie Landschaftsarchitekt Michael Heintz, der mit der Planung des neuen Friedhofsabschnitts mit Parkcharakter betraut ist, erläutert. So hätte etwa auch die Möglichkeit bestanden, Erdreich aufzuschütten um den Abstand zum Grundwasser zu vergrößern, jedoch hätten die Anwohner dadurch mit einer erheblichen Lärmbelästigung durch an- und abfahrende Lastwagen rechnen müssen. Außerdem hätte sich dadurch die Gefahr ergeben, dass die aufgeschüttete Erde als Grund für die Grabsteine zu instabil gewesen wäre.

"Die Entwicklung Richtung Urne überholt uns"

Die zweite Variante, Grabkammern zu bauen, sei ebenfalls nicht ratsam, erklärt Heintz. Zum einen aufgrund der hohen finanziellen Belastung für die Stadt, zum anderen, weil die Kammern vorangelegt werden müssten. Es wäre dann nicht mehr möglich, flexibel auf den erwarteten Wandel in der Bestattungskultur zu reagieren. Klassische Erdgräber könnten etwa im Nachhinein nicht mehr in Urnengräber umgewandelt werden. Voraussichtlich sollen fünf der acht geplanten Grabfelder für herkömmliche Gräber und drei für Urnenbestattungen verwendet werden. "Die Entwicklung Richtung Urne überholt uns", sagt der erste Bürgermeister Andreas Magg (SPD). "Wir gehen in Zukunft von weniger Erdbestattungen aus." Deshalb sei es wichtig, durch die vorliegende Planung flexibel zu bleiben.

Auf dem Parkfriedhof soll ein neues Bestattungssystem zum Einsatz kommen. Wie sicher das ist, soll ein Versuch mit Tierkadavern zeigen. (Foto: Günther Reger)

Neuen Trends in der Bestattungskultur will man mit verschiedenen Angeboten auf dem erweiterten Parkfriedhof Rechnung tragen. Neben der Erdbestattung im Sarg und in der Urne, wird es so auch Urnenstelen geben. Zudem wird es möglich sein, Urnen auf einer Wiesenfläche unter Bäumen begraben zu lassen. Die vorliegende Gesamtplanung bezeichnet die SPD-Fraktionsvorsitzende Martina Freudenstein als in sich schlüssig. "Ich denke, dass wir einen wunderschönen Friedhof bekommen", sagt sie. Allerdings plädiert Freudenstein dafür, zumindest den Hauptweg des Friedhofs zu beleuchten. Zuvor hatte man sich darauf geeinigt, auf Beleuchtung komplett zu verzichten, da das Gelände abends nicht zugänglich sei. Freudenstein mahnt jedoch, man solle auch an die dunkle Jahreszeit denken. Eine Nachrüstung mit Solarleuchten sei auch nach Abschluss der Bauarbeiten noch möglich, versichert Landschaftsarchitekt Heintz.

Dem zweiten Bürgermeister schaudert vor dem neuen System

Lob für den Entwurf gab es auch vom FWO-Fraktionsvorsitzenden Ewald Zachmann. "Von der Gestaltung her ist es eine exzellente Leistung", betont er. Zudem sei der Entwurf eine Bereicherung für das Ortsbild. Bedenken äußerte zunächst der CSU-Politiker Andreas Hörl, der darauf pochte, wissenschaftliche Studien über die Unbedenklichkeit und Funktion der Grabhüllen vorgelegt zu bekommen. "Es ist schlicht und ergreifend ein sehr pietätsvolles Thema und finanziell nicht marginal", begründete Hörl sein Anliegen. Nach Sichtung der Unterlagen konnte auch er seine Bedenken ablegen.

Dort soll das Grabhüllensystem wie auf anderen Friedhöfen in Deutschland eine Doppelstockbelegung der Gräber ermöglichen. (Foto: oh)

Lediglich der zweite Bürgermeister Robert Meier äußert sich nach wie vor kritisch zu den Grabhüllen. "Ich bin ein Skeptiker davon, in einem Kunststoffpaket bestatten zu lassen", sagt er. Allein bei der Vorstellung laufe es ihm eiskalt den Rücken hinunter. Eine Entscheidung für das Grabhüllensystem, das bisher nur in drei weiteren bayerischen Orten Anwendung findet, ist noch nicht gefallen, da die Einwilligung des Gesundheitsamts noch aussteht. Die Entwurfsplanung des Eichenauer Landschaftsarchitekturbüros wurde aber einstimmig angenommen. Für die Erweiterung des Grabfriedhofs wurden im Haushalt 2015 vorerst 1,6 Millionen Euro eingestellt. Die Anschaffung für die Grabhüllen ist in diesem Preis noch nicht enthalten. Diese würde noch einmal etwa 500 000 Euro ausmachen.

© SZ vom 09.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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