Pächterwechsel:Erinnerungsstücke zum Abschied

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Beim Flohmarkt für das Inventar herrscht großer Andrang im Olchinger Kultlokal "Cantina"

Von Katharina Knaut, Olching

"Danke, das war's", lautet der Titel des "Thema des Tages" in einem Zeitungsartikel aus dem Jahr 2008. "Castros leiser Abschied aus der Geschichte" heißt es in der Unterzeile. Der Artikel handelt vom Rücktritt des ehemaligen kubanischen Präsidenten Fidel Castro. Die Seite, aufgeklebt und eingerahmt, lehnt in einer Ecke des Veranstaltungsraums der "Cantina", Olchings Kultlokal, das schon immer einen rustikalen, kubanisch-mexikanischen Einschlag hatte. Das Bild ist kaum zu sehen inmitten der vielen Kisten, Stühle, Pflanzen und Tische, auf denen sich noch mehr Kisten stapeln. Dennoch scheint ihm anlässlich der Veranstaltung eine gewisse ironische Bedeutung zuzukommen: Am Mittwochabend veranstaltet die "Cantina" einen Flohmarkt, bei dem Erinnerungsstücke und Gebrauchsgegenstände aus dem Inventar verkauft werden.

Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Schließung des Restaurants. Bis einschließlich Donnerstag, 29. März, hat die "Cantina" noch geöffnet. Wie das Inventar müssen auch die Waren verkauft werden. Die Speisekarte wird sich dementsprechend gegen Ende hin auf ein paar Snacks reduzieren. Anschließend gibt es eine Renovierungsphase, danach öffnet ein neuer Pächter das Lokal. Sein Konzept ist bislang unbekannt. Ein paar Veränderungen wird es aber geben, beispielsweise an der Fassade. Immerhin: Die Volksbühne, ein Laienspieltheater, dass den Veranstaltungssaal über dem Restaurant für seine Aufführungen nutzte, kann den Raum weiter verwenden. Am Samstag, 24. März, zeigen sie ihre letzte Aufführung im alten "Cantina". Danach wird der Raum wieder für den Verkauf benötigt, der "Cantina-Flohmarkt" geht von Sonntag, 25. März, an weiter.

An diesem Abend wird bereits emsig gekauft. Schon auf dem Bürgersteig vor der Kneipe sieht man einige Menschen mit Paketen in den Armen. Trotzdem ist im Verkaufsraum noch einiges an Inventar vorhanden. Dort biegen sich die Tische regelrecht unter Bildern, Gläsern, Aschenbechern und Lampen. Rund 20 Menschen drängen sich um die Gegenstände und suchen sich ihre Lieblingsstücke heraus. Eine gewisse Nostalgie hängt über der Veranstaltung. Die Olchinger bedauern die Schließung ihrer Stammkneipe. "Das ist doch eine mittlere Katastrophe. Was Anderes gibt es hier doch nicht", meint eine Olchingerin. Sie lebt erst seit dreieinhalb Jahren in der Stadt, hat das Lokal aber bereits ins Herz geschlossen. Vor allem gefällt ihr, dass man dort Vertreter jeder Generation antreffen kann. "Wenn mein Sohn aus München kommt, ist das das einzige, wo ich in Olching gut mit ihm hingehen kann." Ihrer Freundin, die mit ihr den Flohmarkt besucht, sieht es ähnlich. Das Lokal sei ein Treffpunkt der Generationen, von Anfang an. Sie wohnt schon länger in Olching und kann sich noch an das Lokal erinnern, das vor der "Cantina" in den Räumen war. "Das war die übelste Spelunke auf Gottes Erden", meint sie "Alle waren heilfroh, als dann die Cantina hier reinkam. Es wurde auch sofort angenommen." Die Leute sind immer sehr nett gewesen.

Solche Geschichten hört man an diesem Abend einige. So leer die Wände durch die fehlende Dekoration sind, desto voller sind die Tische. Halb Olching scheint seinem Kultlokal noch einmal einen Besuch abstatten zu wollen. Eine Abschlussparty wird es nicht geben. Wie bei Castro scheint es also ein "leiser Abschied" zu werden. Immerhin gibt es aber einen kleinen Abschiedsbrief. Auf der Webseite steht: "Ich bedanke mich - auch im Namen meines Teams - herzlich für eure Treue und wünsche euch allen alles Gute!" Wenn man es knapp ausdrückt, kann es auch heißen: "Danke, das war's".

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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