Olching:"Ui, lass uns Indianer spielen"

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Norbert Voß ist seit 2001 bei den Free Bavarian Indians, wo er sich "Grey Wolf" nennt und einen Trapper verkörpert. (Foto: oh)

Norbert Voß von den Free Bavarian Indians über die Bedeutung von Pierre Brice

interview Von Sebastian Mayr, Olching

Seit 22 Jahren gibt es den Olchinger Indianer-Verein Free Bavarian Indians. Die SZ hat mit dem Vorsitzenden Norbert Voß über Winnetou, den verstorbenen Darsteller Pierre Brice und das wirkliche Leben der Indianer gesprochen.

SZ: Pierre Brice, der als Winnetou-Darsteller berühmt wurde, ist gestorben. Was bedeutet das für die Free Bavarian Indians?

Norbert Voß: Winnetou war für viele Leute die Grundlage, sich mit dem Indianer-Hobby zu befassen. Wenn man sich dann aber mit dieser Kultur auseinandersetzt, stellt man fest, dass die mit Winnetou-Klischee wenig zu tun hat. Das ist eine Erfindung von Karl May und wurde dann farbenprächtig verfilmt. Dabei hat sich aber so mancher Fehler eingeschlichen.

Das heißt, was in den Filmen zu sehen ist, hat mit der Wirklichkeit gar nichts zu tun?

Es wurde schon einiges richtig dargestellt und gezeigt. Aber eben auch viele Sachen, die mit dem wirklichen Leben der Indianer wenig zu tun haben.

Pierre Brice ist für die Free Bavarian Indians also nicht weiter wichtig?

Er hat bei einigen Mitgliedern das Interesse für das Indianerleben geweckt.

Sie werden also auch keine Gedenkfeier für ihn veranstalten?

Nein. Er ist einfach ein Schauspieler gewesen, der etwas dargestellt hat, die Verkörperung eines Indianers. Bei ihm haben viele Leute gesagt: "Ui, lass uns Indianer und Cowboy spielen. Viele sind so zu diesem Hobby gekommen." Und jetzt wurde geschrieben: "Er ist zum Manitu aufgestiegen. Das ist tatsächlich eine Bezeichnung, die von den Apatschen verwendet wurde.

Aber Winnetou war doch Apatsche?

Das schon, aber es wurde immer so dargestellt, als gebe es nur einen Gott der Indianer und der heißt so. Dabei wurde er ganz unterschiedlich genannt.

Winnetou war doch zumindest der beste Werbeträger, den die Indianer je hatten?

Ja, bei den Deutschen schon. Sie kamen Anfang des 20. Jahrhunderts zum ersten Mal mit Indianern in Berührung. Bill Cody, der auch Buffalo Bill genannt wurde, brachte eine "Wild-West-Show mit echten Indianern" hierher und trat auf der Theresienwiese auf. Wir sind auch ein Verein, der viel herumreist. Wir versuchen, einige Sachen zu berichtigen, die fälschlich dargestellt worden sind. Zum Beispiel das Skalpieren, das nicht von Indianern, sondern von den Weißen erfunden worden ist und später von den Indianern übernommen wurde. Das soll keine Belehrung sein und nichts Oberlehrerhaftes, sondern der Versuch, manches ein bisschen richtig zu stellen.

Wie kommt man denn eigentlich dazu, in der Freizeit Indianer zu sein?

Es ist faszinierend, das Indianerleben in der Natur nachzuempfinden. Wir können nicht zu 100 Prozent nachleben, wie die Indianer damals gelebt haben. Wir haben ein Auto, ein Steinhaus, einen Fernseher, ein Handy und so weiter. Wir können mit unseren Tipis am Wochenende ab und an herumreisen und da auch übernachten. Aber die ganze Kultur können wir nicht nachmachen, wir sind keine "Natives". Wir sind zivilverseuchte Leute.

Wie war das bei Ihnen persönlich? Waren da die Winnetou-Filme ausschlaggebend? Nein, ausschlaggebend war meine Frau. Die ist schon ganz lange dabei. Ich bin ursprünglich mitgekommen, um auf unseren kleinen Sohn aufzupassen. Aber für meine Frau waren die Winnetou-Filme entscheidend.

© SZ vom 09.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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