Olching:Spiel der Farben

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Gerhard Gerstberger nutzt für eine seiner Collagen das Motiv der Klosterkirche, um gleichzeitig Macht und Machtverfall der Kirche der darzustellen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

In der Ausstellung "Kontraste" stellen der Gröbenzeller Künstler Harald Reiter und der Emmeringer Gerhard Gerstberger ihre Arbeiten gegenüber - für den Betrachter gibt es neben Unterschieden auch Gemeinsamkeiten zu entdecken.

Von Edith Schmied, Olching

Die Idee, "wir müssten Mal was zusammen machen", entstand vor zwei Jahren, als Gerhard Gerstberger und Harald Reiter sich bei der Ausstellung "Fantasie" im Kunsthaus Fürstenfeldbruck kennenlernten. Und es blieb nicht bei den Gedankenspielen. Die beiden Künstlerfreunde haben ihren Plan jetzt mit der Ausstellung "Kontraste" im Olchinger Kom verwirklicht. "Es war ein Wagnis", sagt Gerstberger kurz vor der Eröffnung. Seine Bedenken, dass sich Farbintensität und großformatige Bilder erschlagen könnten, haben sich nicht bestätigt. Zum einen schafft die räumliche Trennung zwischen den Werken genügend Distanz. Zum anderen sind die beiden einzigen großformatigen Themenbilder von Harald Reiter so angeordnet, dass der Betrachter dabei Gerstbergers farbintensive Collagen im Rücken und somit außerhalb des Blickfeldes hat.

Dennoch ist der Begriff Kontraste für die Ausstellung durchaus zutreffend. Sie zeigt, dass Gegensätze sich nicht nur anziehen, sondern dass im Widerspruch auch eine Menge Inspiration stecken kann. Der Gröbenzeller Künstler Reiter will, anders als Gerstberger, keine Botschaften vermitteln. Einzige Ausnahme sind Reiters "Vanitas Bilder" in denen er die Endlichkeit des Menschen dem Ursprung des Lebens gegenüber stellt. Vor leuchtend orange-roten Tönen der Sonne strahlt die dunkelhäutige Urmutter "Eva Aurora" (Göttin der Morgenröte) und gibt den Kontrapunkt zu dem opulenten "Memento Mori", der Vergänglichkeit. Vor prallem Leben und Genuss symbolisiert das schwingende Pendel den Lauf der Zeit. Das typische Vanitas Motiv, der Totenschädel, deutet an, dass der Mensch keine Gewalt über das Leben hat.

Deutlich unterscheiden sich die beiden Künstlerfreunde in ihrer Technik. Der Emmeringer Bildhauer, Maler und Grafikdesigner Gerstberger liebt das Spiel mit unterschiedlichen Techniken. Aus Fotografie, Malerei und Druck komponiert er seine Werke im Stil des kritischen, fantastischen Realismus. Man muss seine Bilder schon genau studieren um alle Facetten der provozierenden Botschaften zu erkennen. Da lösen sich die Fundamente der barocken Klosterkirche in kräftigen Blautönen fließend auf und ergießen sich ins Bild. Gerstberger sieht darin die Macht der Kirche wie sie in alle Lebensbereiche hinein dringt und zugleich deren stetigen Zerfall bis zur Auflösung. Eine Münze, darauf ein Stein, der Kies-Geld assoziieren soll, ist eine Anspielung auf den monetären Einfluss des Klerus. Als weniger ernsthafter Betrachter könnte man diese Anspielung auch mit einem Augenzwinkern quittieren.

In eine andere spielerische Collage hat der Künstler eine Fülle personenbezogener Utensilien gepackt, einen uralt Chevrolet etwa, sechseinhalb Meter lang mit 3400 Kilogramm Leergewicht, dazu die Fragmente eines Flaschenhauses. Praktisch noch feucht, weil gerade erst entstanden, ist das Bild in dem der Schriftzug "TTIP" inmitten eines Wolkenwirbels dominiert. Der Emmeringer Gerstberger hat es extra für diese Ausstellung konzipiert und damit deutlich gemacht was er von dem Freihandelsabkommen hält. Nämlich überhaupt nichts: Auf einem Acker macht sich eine Schar von Geiern über den Bundesadler her.

Der Werbefachmann Reiter hat für seine Bilder die Eindrücke von Impressionismus, Expressionismus und Kubismus auf seine eigene Art abgewandelt und daraus eine eigene Bildsprache entwickelt, den "Kaleidoskopismus", in dem er Lichteinfälle prismenhaft zergliedert. Das klingt im ersten Moment ziemlich technisch. Wer aber das optische Gerät Kaleidoskop als Kinderspielzeug kennengelernt hat und sich beim Drehen über die immer wieder neuen symmetrischen farbigen Muster der bunten Glassteine gefreut hat, ahnt, was ihn in Reiters Bildern erwartet. "Schöner sehen" lautet die wörtliche Übersetzung. Es sind vorrangig Landschaften wie Amperauen in Grüntönen oder der Blick auf eine steile Felsküste in Apulien, die in wässrig-warmem Blau daherkommt. Ganz besonders farbenfroh ist die Komposition in den Komplementärfarben Rot, Gelb und Blau, die sich auf verschiedenen Ebenen wieder spiegeln.

Die Ausstellung bietet eine gute Möglichkeit die beiden renommierten Landkreiskünstler einmal im direkten Vergleich zu sehen und bei allen Kontrasten auch Gemeinsamkeiten zu entdecken.

Ausstellung Kontraste im Kom, Samstag, 28. Februar bis Sonntag, 08. März. Öffnungszeiten: 11 bis 17 Uhr. Vernissage am Freitag, 27 Februar um 19 Uhr

© SZ vom 26.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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