Olching:Kaum Klagen über Schienenlärm

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Lärmschutz versucht die Bahn, wie hier an der Extersiedlung in Gröbenzell, mit schallschluckenden Wänden zu gewährleisten. (Foto: Günther Reger)

Aus dem Landkreis beteiligen sich nur wenige Anwohner an einer Befragung durch das Eisenbahnbundesamt. Das mag daran liegen, dass bis auf Olching und Puchheim keine Kommune über den Aktionsplan informiert hat

Von Peter Bierl, Olching

Die Bewohner des Graßlfinger Mooses leiden unter dem Lärm von Güterzügen auf der Bahnlinie Nord. "Die Bremsen an den alten Waggons scheppern und quietschen", sagt Michael Neumeier, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Graßlfinger Moos. Die Bürgerinitiative hat deshalb im Sommer mit großem Abstand die meisten Klagen aus dem Landkreis zum geplanten bundesweiten Pilot-Lärmaktionsplan eingebracht, den das Eisenbahnbundesamt (EBA) erarbeitet. Trotz des Namens werden aus diesem Aktionsplan aber keine Maßnahmen folgen. Die Frist für die zweite Phase der Bürgerbeteiligung, in der Lärmschutzmaßnahmen bewertet werden können, läuft am Dienstag, 15. Dezember, ab.

Die Bahn ist die umweltfreundliche Alternative zum Auto, gleichwohl leiden Anwohner von Schienenstrecken unter Lärm. Das EBA entwickelt deshalb einen Pilot-Lärmaktionsplan auf der Grundlage einer Lärmkartierung sowie einer öffentlichen Beteiligung. Die Kartierung basiert auf Berechnungen anhand des Zugverkehrs und der Topografie. Die Beteiligung besteht aus zwei Befragungen. Bis Ende Juni konnten Bürger entlang von Strecken ihr Lärmempfinden schildern, in der aktuellen zweiten Phase können Anwohner ihre Meinung zu Lärmschutzmaßnahmen äußern, berichten, ob überhaupt bei ihnen schon etwas unternommen wurde, und zum ersten Teil des Lärmaktionsplans Stellung nehmen, in dem auch geplante Maßnahmen aufgeführt sind.

Daraus wird das EBA einen Pilot-Aktionsplan entwickeln. Von 2018 an wird es regelmäßig solche Pläne geben. Rechtsansprüche oder Maßnahmen sind daraus nicht ableitbar. "Es ist eine Informationsquelle und ein Planungsinstrument für Entscheidungsträger. Was mit den Erkenntnissen geschieht, kann man nicht sagen", erklärt Moritz Huckebrink, Pressesprecher des EBA in Bonn. Allenfalls passiert etwas, wenn Bahn AG und Politiker aus Klagen über den Lärm Konsequenzen ziehen.

Bundesweit haben sich im Sommer etwa 17 000 Menschen an der ersten Befragung beteiligt. Aus dem Bereich an der S 4 zwischen Geltendorf und Puchheim gingen drei Beiträge ein, zwei aus Eichenau und einer aus Puchheim. Alle klagten über Brems- und Fahrgeräusche von Zügen. Wesentlich mehr Meldungen kamen von Anwohnern zwischen Gernlinden und Gröbenzell, die an der Strecke zwischen München und Augsburg leben, eine der wichtigsten Bahnverbindungen in ganz Europa. Wer in Maisach hinter den Lärmschutzwänden steht und Züge vorbeidonnern hört, wird sich dennoch wundern, dass insgesamt nur 47 Anwohner über Lärm klagten. Bis auf zwei Einwänden aus Gernlinden und einen aus Gröbenzell kamen alle andere Beschwerden aus Olching.

Die meisten hat Neumeier für Anwohner aus dem Graßlfinger Moos verfasst. Etwa 500 Menschen leben dort, 50 sind in der Interessengemeinschaft organisiert. Ihr Problem ist nicht so sehr der Reiseverkehr auf der Strecke München-Augsburg, als der Güterverkehr, der über die Bahnlinie Nord vorbei an Gröbenzell nach Allach rollt. Besonders viel Krach machen alte Waggons, die beim Bremsen und Anfahren schrecklich quietschen, vor allem an einem Signal, vor dem die Züge immer wieder halten müssen, erzählt Neumeier.

"Auf der Südseite nach Gröbenzell gibt es Lärmschutz, bei uns auf der Nordseite hat die Bahn AG das abgelehnt, weil wir zu wenige sind. Das würde sich nicht rentieren", sagt er. Die IG Graßlfinger Moos wird sich deshalb auch an der zweiten Runde der Bürgerbefragung beteiligen. Neumeier bearbeitet gerade die Fragebogen, die man entweder online im Internet ausfüllen oder ausdrucken und per Post an das EBA schicken kann.

Von der S 8 bei Germering kam im Sommer gar keine Beschwerde. Die insgesamt geringe Beteiligung dürfte damit zusammenhängen, dass nur wenige überhaupt von der Aktion wissen. Es gibt im Landkreis keine Veranstaltung dazu, lediglich einige Kommunen wie Olching und Puchheim machen auf ihren Internetseiten darauf aufmerksam.

Andere wissen zwar Bescheid, fürchten aber, dass viele Klagen über Lärm einem Ausbau der Bahn nicht förderlich sind, wie der Grafrather Bürgermeister Markus Kennerknecht. "Wir hatten hier früher schon immer Probleme mit dem Lärm von Güterzügen gehabt. Aber es ist ein Abwägen, weil wir den Ausbau der S 4 wollen", sagte Kennerknecht der SZ. Er ist beim Aktionstag der Bürgerinitiative "S 4-Ausbau jetzt" im Oktober aufgetreten. Die Gemeinde Grafrath werde keinen Einwand im Rahmen des Lärmaktionsplanes einbringen, sagte Kennerknecht.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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