SZ-Serie "Aus liebe zum Verein" (Folge 2):Erfolgreiche Elterninitiative

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Die ersten Mitglieder des Olchinger Vereins "Kinderspielplatz Ringstraße" haben vor gut 40 Jahren eine Kiesgrube so umgestaltet, dass sich ihre Kinderauf dem Areal austoben konnten. Renate Grill gehörte zu ihnen. Sie kümmert sich noch heute um das Gelände

Von Monika Kalisch, Olching

Wo sich früher an der Ringstraße in Neu-Esting noch eine gemeindliche Kiesgrube befand, gibt es seit mittlerweile 42 Jahren einen über 8000 Quadratmeter großen Abenteuerspielplatz für Jung und Alt. Geplant, gebaut und Instand gehalten wurde und wird dieser ehrenamtlich von den Mitgliedern des Vereins "Kinderspielplatz Ringstraße". Im Jahr 1973 schlossen sich die Mitglieder einer Elterninitiative zu diesem Verein zusammen. Ein Jahr später wurde der Ringstraßen-Verein ins Vereinsregister eingetragen. Ziel der Elterninitiative war ein Spielplatz für das Wohngebiet, denn in dem Neubaugebiet zwischen Palsweiser Straße und Ringstraße gab es für die dort wohnenden rund 400 Buben und Mädchen keine Möglichkeit, den Bewegungsdrang auszuleben und im Freien zu spielen, ohne durch den Verkehr gefährdet zu sein. Deshalb beantragten die Eltern, vertreten durch Renate Grill und Gerlinde Zachmann, ihre Pläne auf der Fläche einer nahe gelegenen Kiesgrube verwirklichen zu können. Kurze Zeit später wurde ihnen eine Baugenehmigung erteilt.

Besonders gilt das für den riesengroßen Sandkasten. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Renate Grill war Mitbegründerin des Spielplatzvereins und ist von Beginn an bis heute im Vorstand tätig. Die 72-Jährige sagt, für sie habe es keine Alternative zu dem Bau gegeben. Die Eltern wollten einen Rodelberg in der Mitte des Platzes haben, der die Gesamtfläche trennen sollte und zudem eine Winternutzung des Spielplatzes möglich machte. "Auch der 150 Quadratmeter große Sandkasten war uns sehr wichtig. Die Regierung Oberbayern sagte uns für den Bau des Sandkastens einen Zuschuss zu, allerdings nur unter der Bedingung, den Sandkasten kleiner zu gestalten. Das kam für uns aber überhaupt nicht in Frage, und so bezahlten wir unseren großen Sandkasten alleine", erzählt Grill. Den Bepflanzungsplan überließen die Vereinsmitglieder einer Gärtnerei. Einzige Bedingung war, dass auf dem ganzen Gelände ausschließlich einheimische Gewächse angepflanzt werden sollten.

"Wir konnten alles verwirklichen, was wir uns gewünscht haben", sagt Renate Grill über den Spielplatz an der Ringstraße in Olching. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Modellierung des Platzes begann mit dem ersten Spatenstich am 1. Juni 1974. Das Areal wurde von den 86 Vereinsmitgliedern und deren Helfern eingezäunt, der Sandkasten ausgehoben, befüllt und die ersten Spielgeräte in Eigenarbeit gebaut und aufgestellt. Für den Bau der Zaunpfosten, des Klettergerüsts und der Schaukel hätten sie 100 ausgemusterte Telefonmasten aus dem Telegrafenamt in Dachau erhalten, erzählt Grill. Auch der damalige Bürgermeister Toni März unterstützte den Verein, indem er bei den Arbeiten aktiv mithalf und sich um Materialbeschaffung und Transporte kümmerte. Mit dem ersten Spielplatzfest am 22. September feierten die Familien nur dreieinhalb Monate nach den ersten Arbeiten die Einweihung ihres eigenen Spielplatzes.

Auch mit 72 Jahren besucht Renate Grill den Platz noch, auch weil die Geräte für Alt und Jung konzipiert sind. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Besonders stolz sind die Verantwortlichen des Spielplatzvereins auf die Finanzierung. Denn die gesamten Investitionen in Höhe von etwa 155 000 D-Mark konnten größtenteils aus Spenden, Mitgliederbeiträgen, Erlösen aus Papier- und Altkleidersammlungen sowie Überschüssen der Spielplatzfeste gestemmt werden. Bei großen Ersatzinvestitionen bekamen die Eltern dann noch zusätzliche finanzielle Unterstützung der Gemeinde beziehungsweise der Stadt Olching. Die Überprüfung der Spielgeräte nahm Hans Grill früher selbst in die Hand. "Mein Mann ist wie der Hausmeister des Spielplatzes", sagt Renate Grill. Seitdem der Verein einen neuen Vertrag mit der Stadt Olching geschlossen hat, gibt es nun einen eigenen, zertifizierten Sicherheitsbeauftragten, der einmal jährlich im Juli die Geräte auf Mängel untersucht. Hans Grill zieht sich aber nicht zurück. Er hilft weiter mit.

"Unsere Idee ist es, den Kindern die Möglichkeit zu geben, Dinge auszuprobieren. Sie sollen ihre eigenen Grenzen kennen lernen, eventuell darüber hinaus gehen und dabei immer neue Sachen ausprobieren", erklärt die Mitbegründerin. Der Bolzplatz sei zum Beispiel bewusst neben dem Kleinkinderbereich angelegt, damit die Größeren lernen auf die kleinen Kinder Rücksicht zu nehmen. "Wir haben gewollt viele große Grasflächen frei gelassen, damit die Kinder sich frei bewegen, laufen, spielen, bauen, schnitzen sowie Früchte und Nüsse von den Bäumen ernten können", sagt die 72-Jährige. Außerdem gibt es auf dem Spielplatz keine Altersbegrenzung, die Geräte sind auch für Erwachsene nutzbar. "Wir wollen, dass hier generationenübergreifend alle Leute Spaß haben können", erzählt Grill. Auf dem gesamten Areal herrscht absolutes Alkohol- und Rauchverbot, worauf auch Piktogramme am Boden hinweisen. Dies wird nach den Worten von Renate Grill von allen Eltern akzeptiert. Denn schließlich solle sich hier "jeder wohlfühlen".

Mittlerweile sind im Spielplatzverein noch 35 Gründungsmitglieder aktiv, insgesamt gibt es momentan 93 Mitglieder. "Manche der jungen Eltern waren früher selbst Kinder, die auf dem Spielplatz gespielt haben", erzählt Grill. Die Hauptaufgabe der Mitwirkenden besteht darin, zweimal jährlich bei gemeinsamen Arbeiten die anfallenden Reparaturen zu verrichten. Zudem wird bei jeder Aktion der Auslauf der Rutsche gesäubert, und alle zwei Jahre muss der Sandkasten umgestochen werden. "Alle Mitglieder kennen sich, mit der Zeit ist bei uns ein richtiges Gemeinschaftsgefühl entstanden", schwärmt Grill. Der Spielplatz an der Ringstraße ist öffentlich, jeden Tag schaut jemand nach dem Rechten. Und wenn es doch mal Probleme gebe, dann stehe ihre Tür immer offen, um zu helfen. Denn jeder wisse, wo das Ehepaar Grill wohnt, schmunzelt die Vorsitzende. Jeden Morgen wird das Tor zum Spielplatz morgens aufgesperrt und spät am Abend, nachdem der herumliegende Müll aufgeräumt worden ist, wieder abgeschlossen. Außerdem sind die Verantwortlichen froh, dass sie in den 42 Jahren noch keinen schweren Unfall beklagen mussten und dass der Spielplatz auch von mutwilligen Zerstörungen verschont geblieben ist.

Dass das Konzept stimmt, merkt man auch an den positiven Rückmeldungen der Spielplatzbesucher. Nicole E. ist seit zwei Jahren - seit ihr Kind auf der Welt ist - regelmäßig auf dem Spielplatz an der Ringstraße. "Er ist groß, sauber, eingezäunt, und es steht Spielzeug zur Verfügung. Deswegen, und weil es für alle Altersgruppen geeignet ist, kommen wir gerne hierher", sagt sie.

"Wir konnten alles verwirklichen, was wir uns damals gewünscht haben", sagt Renate Grill froh. Der Spielplatz sei zu ihrem "vierten Kind" geworden, schmunzelt sie, das Ganze sei ein "Lebensprojekt" für sie. "Es ist keine Arbeit mehr, es ist wie ein Film, der immer wieder abläuft. Ich muss nicht mehr überlegen was zu tun ist, alles läuft fast automatisch." Wichtig für die Arbeit seien Geduld, Ausdauer und Leidenschaft, zählt Grill auf. Über das Weiterbestehen des Vereins mache sie sich keine Sorgen, sagt sie: "Wir bekommen immer neue Hilfe von Eltern. Und ich will das noch so lange weitermachen, wie ich kann."

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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