Neues Habitat für Tiere:Wo Beton war, soll Natur werden

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Die Renaturierung des früheren Flugplatzes ist bald beendet. Dann kann die Umfahrung gebaut werden

Von Ariane Lindenbach, Maisach

Die Zauneidechsen sind schon eingezogen. Landschaftsarchitekt Michael Schober hat jüngst welche in einem der eigens angelegten Habitate entdeckt. Die fünf Quadratmeter großen, einen Meter in die Erde reichenden Steinhaufen befinden sich auf dem ehemaligen Militärflugplatz zwischen Maisach und Fürstenfeldbruck. Das Anlegen von Rückzugsmöglichkeiten für die unter Naturschutz stehenden Reptilien ist Teil der Renaturierungsmaßnahmen, die dort auf fast 80 Hektar Land geschehen sollen. Denn diese Flächen benötigt die Gemeinde Maisach als Ausgleich für die anderen Projekte, die auf dem teilweise unter Naturschutz stehenden Gebiet entstehen sollen: die Südumfahrung, für die soeben die Ausschreibung begonnen hat, sowie die Trabrennbahn.

Auf dem Gelände gibt es mehrere Shelter wie den im Bild oben. Nur zwei davon bleiben, der Rest wird abgerissen. (Foto: Johannes Simon)

Während des NS-Regimes in den Dreißigerjahren als Militärflugplatz gebaut, nach Kriegsende von den Amerikanern und später von der Bundeswehr genutzt, bot die Fläche der Natur schon immer viel Raum. Das Ende des Flugbetriebs 2003 beziehungsweise 2010 für die Zivilflieger gab Flora und Fauna einen zusätzlichen Schub. Auf der größten zusammenhängenden Wiesenfläche Südbayerns haben sich Feldlerchen angesiedelt, es gibt Raubvögel und Rehe, Mauerpfeffer wächst aus den Asphaltflächen des früheren Taxiways. Tut der Mensch nichts, erobert sich die Natur ihre Welt zurück.

Rückkehr der Natur: Gras auf dem Rollfeld (Foto: Johannes Simon)

Damit es auch ein Siegeszug der Natur wird, hilft Maisach nach. Die Pläne dafür hat Michael Schober federführend und in enger Abstimmung mit Biologen, Fachleuten und verschiedenen Naturschutzbehörden ausgearbeitet. Seit 2009 arbeitet der Freisinger Landschaftsarchitekt für die Gemeinde. Bereits fünf Jahre zuvor, 2004, meldete der Freistaat Bayern die insgesamt 78 Hektar auf Maisacher Flur als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet bei der Europäischen Union an. FFH ist der höchste Schutz, unter den Flächen in Europa gestellt werden können. Entsprechend akribisch werden die Maßnahmen überprüft. Es gibt Pflegepläne und Erfolgskontrollen, die die Obere Naturschutzbehörde verlangt. Ein Erfolg ist zum Beispiel die Zauneidechse im neu angelegten Habitat.

In einem der neuen Zauneidechsen-Habitate hat Landschaftsarchitekt Michael Schober bereits Lebenszeichen der seltenen Reptilien entdeckt. (Foto: Johannes Simon)

Wie Schober berichtet, sind die umfangreichen Renaturierungsmaßnahmen bald abgeschlossen, voraussichtlich Ende November. Bis dahin sollen alle Shelter, also die ehemaligen Schutzbauten für Flugzeuge, bis auf zwei unter Denkmalschutz stehende zurückgebaut sein. Auch mehr als die Hälfte des Taxiways wird weggerissen, der verbleibende Rest der Asphaltfläche wird der Unterbau der jüngst auf den Weg gebrachten Maisacher Umgehungsstraße. "Entscheidend ist, es wird hier großflächig entsiegelt", betont Schober.

Neben den Steinhaufen für die Zauneidechse wurden Waldflächen zugunsten der Feldlerche reduziert; nicht heimische Baumarten wurden gefällt und so die Sitzwarten für Raubvögel am Waldrand deutlich verringert. Die beiden verbleibenden Shelter sind bereits von Sträuchern überwuchert, an freien Flächen innen und außen hängen Fledermauskästen sowie Kästen für Feldsperling und Schwalbe. Die ehemaligen Flugzeughallen werden außerdem auch in Zukunft zum Unterstellen landwirtschaftlicher Fahrzeuge genutzt. Denn der für das Gebiet so typische und in der Natur inzwischen so selten vorkommende Mager- und Trockenrasen bedarf einer besonderen Pflege: Er muss zwei Mal im Jahr gemäht werden - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die gesamten 78 Hektar, die die Gemeinde als Ausgleichsflächen für die geplanten Maßnahmen wie Südumgehung und Trabrennbahn benötigt, bleiben übrigens von der Allgemeinheit durch einen Zaun abgetrennt: Der Naturschutz verbietet eine Nutzung etwa als Naherholungsgebiet. Wie Schober und Peter Eberlein, der Geschäftsleiter im Maisacher Rathaus, erklären, überlegt man aber, beispielsweise einen Aussichtsturm zu bauen oder Exkursionen mit Ornithologen anbieten. "Man muss den Leuten schon erklären, was hier passiert", meint Schober. Und ergänzt, dass eine Straße, gemeint ist die geplante Umgehungsstraße, die Natur wesentlich weniger störe als der Mensch.

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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