Nach fast 50 Jahren:Wintergarten muss weichen

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Eine Nutzung als Balkon ist weiterhin erlaubt, doch Dach und Wände müssen bis 2019 verschwinden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Gericht findet Kompromiss in Nachbarschaftsstreit

Von Ariane Lindenbach, Olching

Jahrzehntelang hat der Wintergarten auf einem Garagendach im Ortsteil Esting keinen Menschen gestört. Weder Fußgänger noch Autofahrer oder Nachbarn haben sich über den Aufbau mit Lamellendach und halbseitiger Verglasung beschwert. Doch nun muss sich das Verwaltungsgericht mit dem Freisitz befassen. Weil die Nachbarn die baulich veränderte Garage plötzlich stört und sie wegen des Aufbaus eine Überlastung ihrer eigenen, angrenzenden Garage befürchten, hat das Landratsamt eine Beseitigungsanordnung verhängt. Dagegen hat die Eigentümerin des Wohnhauses geklagt. Fünf Richter der 11. Kammer des VG begutachten bei einem Ortstermin die Gegebenheiten. Neben dem Gericht und der Klägerin samt Rechtsanwalt sind Vertreter des Landratsamtes, die Nachbarn und Pressevertreter anwesend, insgesamt stehen etwa 20 Leute vor dem Haus an der Dachauer Straße.

Die Garage sei "immer schon als begehbare Decke geplant gewesen", erklärt der Anwalt der Eigentümerin und zieht einen leicht vergilbten Bauplan hervor. Auf dem großformatigen Papier, datiert auf das Jahr 1965, ist auf der fraglichen Garage eindeutig eine etwa hüfthohe Einfassung wie bei einem Balkon eingezeichnet. Das erkennen die Richter an. Es gibt jedoch ein anderes Problem, wie der Vorsitzende Johann Oswald sagt: "Das ist eine Grenzgarage, und die darf eine Wandhöhe von drei Metern haben. Mit dem Aufbau hat sie deutlich mehr." Tatsächlich braucht man keinen Meterstab, um zu merken, dass der Freisitz auf der Garage mit seinem Dach höher ist.

Auch die Vertreter des Landratsamts signalisieren Einverständnis mit einer Nutzung des Garagendachs als Balkon. "Eine Markise ist ausdrücklich verfahrensfrei zulässig", erläutert einer der Männer. "Uns geht es darum, was darüber hinaus entstanden ist." Er verweist auf das Lamellendach, das sich bei Bedarf mit wenigen Handgriffen schließen lässt, sowie die Einhausung mit Plexiglas über den halben Balkon. Diese Aufbauten müssten weg, verlangt er, doch "über eine angemessene Auslauffrist können wir sicher reden."

Das geht den Nachbarn zu weit, die sich wegen des Wintergartens auf dem Garagendach beschwert hatten. "Die jungen Leute feiern immer so laut und nachts", entfährt es der etwas betagten Nachbarin. Der Vorsitzende Richter erklärt ihr, dass die Nutzung des Garagendachs auch in Zukunft erlaubt bleibe - zu jeder Tages- oder Uhrzeit.

Doch die Nachbarn haben ein zweites Argument: Die vielen Aufbauten lasteten auf beiden Garagen, also auch der eigenen. Von vorne ist an dem Garagenensemble tatsächlich ein deutlicher Riss im Gemäuer zu erkennen. Deshalb, so die Nachbarin, "hat es bei uns reingeregnet". Ob das den Tatsachen entspricht, muss ein Zivilgericht klären, der Prozess läuft bereits. Ein Sachverständiger für Bauangelegenheiten soll untersuchen, ob das zusätzliche Gewicht durch die Aufbauten den Schaden verursacht hat.

In der Frage des Rückbaus ist schnell ein Kompromiss gefunden. Das Landratsamt will, dass der Aufbau Ende dieses Sommers verschwindet, die Klägerin erst in zwei Jahren. Der Richter schlägt Ende August 2019 vor, beide Parteien willigen ein. Das Gericht stellt das Verfahren ein.

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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