Mammendorf:Wirtschaft fordert Bau von Stromtrassen

Lesezeit: 2 min

Experte hat Zweifel an Energiewende in Bayern

Von Manfred Amann, Mammendorf

"Bleibt Energie sicher und bezahlbar?" Antworten auf diese Frage versuchte Stefan Albat von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft zu geben. Albat sprach auf Einladung von acht CSU-Ortsverbänden im Landkreis. Das Ergebnis seiner detaillierten Darstellungen und Analysen lässt sich am besten mit Beckenbauers "Schau ma mal" zusammenfassen. Die branchenübergreifende und zentrale Interessensvereinigung der bayerischen Wirtschaft - sie vertritt 121 Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände sowie 39 Unternehmen mit insgesamt etwa 4,4 Millionen Beschäftigten - fordert von der Politik ein rasches Handeln, denn bis 2022, dem Jahr, in dem die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen sollen, sind es "nur noch sieben Jahre". Eine "verdammt kurze Zeitspanne", sei das, um den Wegfall des Stroms aus Kernkraft durch andere Energieträger wie Biogas, Sonne oder Wind, oder auch mit Hilfe von Nachbarstaaten zu ersetzen, damit die Energiezufuhr wie bisher sicher und schwankungslos garantiert ist, betonte Albat vor den etwa 50 Interessierten im Mammendorfer Bürgerhaus.

Dies gelte insbesondere für Bayern. Aus der Sicht von Albat wird man um eine oder mehrere Stromtrassen nicht herumkommen. Die Thüringer Strombrücke werde spätestens im Jahr 2017 fertiggestellt sein und könnte dann 1700 Megawatt zusätzliche Leistung aus Norddeutschland nach Bayern transportieren. Ferner hält es Albat für unabdingbar, bestehende Leitungstrassen technologisch zu verbessern und zur Abdeckung von Leistungsspitzen Gasturbinen zu errichten. Mit Gasturbinen könne man die Stromproduktion flexibler steuern als mit Kraft-Wärme-Kopplung, erklärte der Wirtschaftsvertreter. Sie seien preiswerter zu bauen, allerdings sei ihr Wirkungsgrad geringer.

Um das Ausmaß der wegfallenden Kernkraft vor Augen zu führen, erläuterte der Energieexperte der Wirtschaft "zugegeben etwas provozierend", wie viele Drei-Megawatt-Windräder theoretisch in Betrieb gehen und mit Hilfe vom Pumpspeichern für eine stabile Versorgung sorgen müssten, nur um Isar I mit einer Leistung von 900 Megawatt zu ersetzen. Rein auf die Leistung gerechnet bräuchte man 300 Windkraftanlagen. Da diese aber nur etwa 2000 Stunden betrieben werden könnten und nicht 8000 Stunden wie Kernkraftwerke, wären also schon vier mal 300, also 1200 erforderlich, so Albat. Rechne man den Übertragungsverlust hinzu, kämen sogar 1600 Windräder zusammen. Abgesehen davon, dass es zeitlich nicht zu schaffen sei, so viele Windräder aufzustellen, fehle es auch an Speichermöglichkeiten für den von ihnen erzeugten Strom. Die Speicher bräuchte man aber dringend, um Stromüberproduktionen, die es schon jetzt zu bestimmten Zeiten gebe, so deponieren zu können, dass sie bedarfsorientiert abrufbar sind.

Die schwierigen Verhandlungen zwischen dem Bund, Bayern und den anderen Ländern sind laut Albat in erster Linie auf die "länderspezifischen Versorgungsstrukturen" zurückzuführen. Während in anderen Bundesländern der Strom hauptsächlich in Öl-, Stein- oder Braunkohlekraftwerken erzeugt wird, werde in Bayern hauptsächlich Atomstrom genutzt. Der Anteil der erneuerbaren Energie sei zudem mit 35 Prozent im Freistaat wesentlich höher als anderswo, "aber nicht grundlastfähig", das heißt abhängig von Wetter und Tageszeit. Da jedes Bundesland optimal wegkommen wolle, zögen sich die Verhandlungen hin. Kernfrage dabei ist laut Albat, ob alle Bundesländer bei den Gasturbinen mitbezahlen, die Bayern haben will, um sich Stromtrassen zu sparen. Und auch wenn Stromtrassen gebaut würden, seien manche Bundesländer nicht bereit, Geld für etwas auszugeben, das überwiegend Bayern nützt.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: