Mammendorf:"Wir sind kein Saufverein"

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Der König-Ludwig-Weißbier-Fanclub Mammendorf ist vor neun Jahren eher zufällig entstanden. Mittlerweile hat er Mitglieder in aller Welt. Das Wichtigste ist ihm nicht unbedingt das Biertrinken, sondern die Geselligkeit. Für die Brauerei ist er ein idealer Werbeträger

Von Heike A. Batzer, Mammendorf

Früher hätte man eine Telefonkette bilden müssen. Der eine ruft den nächsten an, dieser wieder den nächsten und so weiter. Heute gibt es die sozialen Medien. Ein kurzer Aufruf, und die Sache ist geritzt. Presse und Fernsehen hatten sich angekündigt, und beim König-Ludwig-Weißbier-Fanclub in Mammendorf wusste man sofort ob der Möglichkeit, sich in ein gutes Licht zu rücken. "Es wäre super, wenn wir wieder ein paar werden würden im Polo-Shirt. Wir treffen uns im Bürgerhaus Mammendorf", posteten sie auf ihrer Facebook-Seite, und sie wurden natürlich wieder ein paar. Sogar ein ganzer langer Tisch voll, und die Vertreter der Brauerei waren auch dabei. In ihren einheitlich schwarzen Polohemden mit dem aufgenähten gelben König-Ludwig-Weißbier-Wappen und dem großen Schriftzug auf dem Rücken geben sie ein schönes Bild ab an diesem wunderbar sonnigen Sommertag im Biergarten des Mammendorfer Bürgerhauses. Das Ambiente ist passend, auch die riesigen gelben Sonnenschirme und die Stuhllehnen ziert der Weißbier-Schriftzug der Schlossbrauerei Kaltenberg. Und, das ist jetzt keine Überraschung, alle lassen sie sich ein König-Ludwig-Weißbier bringen.

"Wir sind kein Saufverein, darauf legen wir Wert", stellt Benjamin Miskowitsch, der zweite Vorsitzende, gleich klar. Die Mitgliedschaft im Verein ist erst von 16 Jahren an möglich, und "es gibt auch Mitglieder", ergänzt der Vorsitzende Josef Blum, "die trinken nur Wasser. Die mögen halt kein Bier." 1150 Mitglieder hat der Verein, der im kommenden Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert, mittlerweile - nicht nur im Landkreis, nicht nur in Deutschland. Die Mammendorfer nennen sich "weltweit erster König-Ludwig-Weißbier-Fanclub", man sei international. Dem Verein hätten sich auch Österreicher, Italiener, ein Norweger, ein Ägypter, ein Russe und ein Amerikaner angeschlossen, erzählt Miskowitsch. Und natürlich viele Franzosen aus Mammendorfs Partnergemeinde Brem-sur-Mer. Dort wird mittlerweile auch ein Oktoberfest veranstaltet, und zur jüngsten Auflage im vergangenen Jahr sind die Mammendorfer Weißbiertrinker zum Überraschungsbesuch angerückt. Überprüfen wollten sie dabei, inwieweit man im Nachbarland die bayerischen Bräuche beherrscht. Das Fazit: Die Weißwürste und die Brezen aus lokaler französischer Herstellung schmeckten auch den Bayern.

Ein Prosit der Gemütlichkeit! Die Mitglieder des König-Ludwig-Weißbier- Fanclubs Mammendorf beim Treffen im Bürgerhaus. (Foto: Günther Reger)

Es sind gesellige Termine wie diese, die den Zweck des Vereins ausmachen. Alle zwei Monate trifft man sich am ersten Sonntag im Monat zum Stammtisch, im Winter im örtlichen Gasthaus Schilling, im Sommer im Biergarten des Bürgerhauses. Während des Mammendorfer Volksfestes wird die Runde größer beim Frühschoppen im Festzelt. Dann kommen etwa 200 Mitglieder zusammen - die beste Gelegenheit, um weitere Neuzugänge zu werben. Beim Volksfesteinzug in Mammendorf sind sie natürlich auch jedes Jahr dabei, und heuer nahmen sie zum ersten Mal am Umzug in Fürstenfeldbruck teil. Alljährlich im August geht es dann gemeinsam auf den Vereinsausflug, im Vorjahr waren die Fans des König-Ludwig-Weißbieres zu einer dreistündigen Besichtigung der Warsteiner Brauerei unterwegs. Das klingt jetzt wundersamer als es ist, schließlich ist die Brauerei Kaltenberg seit 2001 über eine Beteiligung eng mit der Warsteiner Gruppe verbunden.

Vereinsmitglied Nummer eins, Luitpold, Prinz von Bayern, beim Starkbierfest seiner Brauerei. (Foto: Johannes Simon)

Seit 1976 führt Luitpold, Prinz von Bayern, die Brauerei Kaltenberg, er ist der Urenkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III. und selbstverständlich Mitglied im König-Ludwig-Weißbier-Fanclub: Er hat die Mitgliedsnummer eins und war auch bei der Gründungsversammlung 2006 dabei gewesen. Auf einem Volksfest waren sie nebeneinander gesessen, Luitpold und Josef Blum, als jemand die Geschichte vom Erdinger Fanclub erzählte und Blum daraufhin vorschlug, einen solchen auch für das Kaltenberger Weißbier zu gründen. Gesagt, getan. "Gleich am ersten Tag", erinnert sich Blum, "haben 60 Leute mitgemacht". "Eine geniale Idee", sagt Stefan König, seit sechs Jahren der Pressesprecher der Brauerei. Eine geniale Idee, auf die die Marketingleute des Unternehmens nicht gekommen waren.

Josef Blum und Benjamin Miskowitsch (v.l.), die Chefs des König-Ludwig-Weißbier- Fanclubs Mammendorf. (Foto: Günther Reger)

Kurz vor Gründung des Fanclubs hatte die Brauerei ihre als Prinzregent-Luitpold-Weißbier schon 25 Jahre lang eingeführte Marke in König-Ludwig-Weißbier umbenannt - ein im Brauereiwesen einmaliger Vorgang, aber darin begründet, "dass man das besser bewerben kann", wie Richard Sturm, Kaltenberg-Vertriebsleiter und nach Vereinschef Blum Mitglied Nummer drei im Fanclub, erläutert. Jetzt tragen sie alle den Namen König Ludwig, das Helle, das Dunkle und das Weißbier, das es auch in den Varianten leicht und alkoholfrei gibt. "Der Weißbier-Trinker", betont Benjamin Miskowitsch, "ist eben auch ein alkoholfreier Weißbier-Trinker." Stefan König, der Pressesprecher, sieht das genauso: "Das alkoholfreie Weißbier boomt seit einigen Jahren." Und auch die Leicht-Biere seien im Kommen.

Ab und an müssen die Vereinsmitglieder dann auch beweisen, dass sie "ihr" Bier erkennen können, wenn kein Etikett mehr auf der Flasche klebt oder die Bedienung die Bestellung reicht. Die sogenannte Bierverkostung ist beliebter Teil eines regelmäßig zum Volksfest ausgetragenen Wettbewerbs mit den Fans des Erdinger Weißbieres. Wie es der Zufall so will, hat auch die Privatbrauerei aus Erding in Mammendorf einen eigenen Fanclub, und so messen sich beide beim Fußballspielen oder Boccia, beim Kegeln oder Stockschießen - und natürlich beim Erkennen der Biersorten. Die werden dann in Tonkrügen ausgeschenkt und im besten Fall am Geruch und Geschmack erkannt - oder auch nicht. Blum und Miskowitsch, die beiden Vereinsvorsitzenden, hatten bei der diesjährigen Prüfung zur Volksfestzeit gleich mehrmals falsch geraten, der Spott war ihnen daraufhin sicher. Immerhin hatte Vertriebsleiter Sturm "sich heuer nicht vertan", wie er selbst sagt, und die jeweils drei Biersorten aus den Häusern Erdinger und Kaltenberg sowie das Oettinger richtig erkannt. Auch innerhalb der Brauerei fänden solche Blindverkostungen genannten Ratespiele statt, "das ist man gewohnt", sagt Sturm. Das ist freilich noch keine Garantie für die richtige Lösung. Und wie unterscheidet man nun die Sorten? "Das Erdinger hat einen sehr markanten Geschmack", weiß Sturm. Und das Oettinger? "Das musste es wohl sein, das habe ich nicht gekannt."

Fragt man Benjamin Miskowitsch, warum es notwendig sei, dass es einen König-Ludwig-Weißbier-Fanclub gibt, dann fragt er zurück: "Braucht's einen Schützenverein oder einen Sparverein oder einen Stopselclub? Wir sind einfach eine lustige Runde". Ein eingetragener Verein ist der Fanclub nicht, deshalb gibt es auch weder Mitgliedsbeiträge noch Satzung. Die Verwaltung der mehr als tausend Mitglieder, darunter Landkreisprominenz wie Landrat Thomas Karmasin, die Landtagsabgeordnete Kathrin Sonnenholzner und Mammendorfs Altbürgermeister Johann Thurner, macht dennoch reichlich Arbeit. "Das hat jetzt Dimensionen erreicht, die man fast nicht mehr schafft", sagt Miskowitsch: "Deshalb wollen wir langfristig dahin, dass die Brauerei das übernimmt." Zweimal hat es der Mammendorfer Fanclub übrigens schon ins Fernsehen geschafft: Der Lokalsender München TV widmete dem Verein Anfang August erneut einen eigenen Beitrag in der Reihe "Ortschaft der Woche". Mit dem beiläufigen Ergebnis, dass die Moderatorin der Sendung nun auch Vereinsmitglied ist, das 1150.

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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