Mammendorf:Vom Niedergang eines Berufsstands

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Bei Protestaktionen wie im vergangenen April weisen Brucker Milchbauern auf ihre Misere hin und benennen auf Transparenten auch die ihrer Ansicht nach dafür verantwortlichen Politiker. (Foto: Günther Reger)

Die Milchbauern im Landkreis machen sich keine Hoffnung auf steigende Erzeugerpreise. CSU-Bundestagskandidatin Katrin Staffler zeigt zwar Verständnis für deren Existenzängste, kann und will aber nichts versprechen

Von Manfred Amann, Mammendorf

Seit Jahren steckt der Milchpreis im Keller, und aus Sicht der Milchbauern gibt es auch keine Aussichten auf eine Änderung. Da auch die Preise für Getreide und Fleisch dauerhaft im Tief dahindümpeln, fürchten Kreismitglieder des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM) den Niedergang eines ganzen Berufsstandes mit fatalen Folgen für die Versorgungssicherheit und für die Kulturlandschaft. Schuld an dieser Entwicklung haben nach Ansicht vieler BDM-Mitglieder die Europäische Union, der Lebensmittelhandel, die konservativen Parteien in Land und Bund und mit ihnen der Bauernverband, die alle der Globalisierung sowie dem ständigen Wachstum huldigten und die Konzerne mehr im Blick hätten, als die kleinbäuerliche Landwirtschaft.

Diese Schuldzuweisung, die in der Aussage gipfelte, dass wohl kein kleinerer Bauer mehr "schwarz" wählen könne, weil er sich von der Politik im Stich gelassen fühle, war nur eines der markigen Argumente, mit denen die CSU-Direktkandidatin im Bundestagswahlkreis, Katrin Staffler, auf der Mitgliederversammlung der Kreisgruppe des BDM am Mittwoch im Gasthaus zur Sonne in Mammendorf konfrontiert wurde. Die 35-jährige war gut vorbereitet und zeigte Verständnis für die Ängste der Landwirte vor "Fehlentwicklungen" und für ihren Frust. Sie habe den Kampf des BDM gegen den Milchpreisverfall und die Entwicklung der Landwirtschaft in Bayern verfolgt und könne so manche Enttäuschung nachvollziehen. Da sie noch nicht gewählt sei, könne sie aber nichts versprechen, außer, dass sie stets ein offenes Ohr für die Sorgen der Landwirte haben werde, sagte die Kandidatin.

"Noch haben Sie ein offenes Ohr", merkte dazu provozierend Magnus Propst an. Mit ihrer Wahl käme Staffler in ein "Haifischbecken, in dem jeder verschlungen wird, der in eine andere Richtung schwimmt", warnte der Milchbauer aus Puch und gab ihr mit auf den Weg, die Landwirte als das zu sehen, was sie sind, nämlich eine Berufsgruppe mit existenzieller Bedeutung für die Gesellschaft. BDM-Kreischef Johannes Schamberger führte an, dass der Milchpreis eine gewisse Leitfunktion habe. "Wenn der Milchpreis absackt, gehen auch die Preise der anderen landwirtschaftlichen Produkte runter", deshalb dürfe der BDM nicht aufhören an der Front gegen die fehlgeleitete Agrarpolitik anzukämpfen. Er sei jedem dankbar, der sich an den Protestaktionen wie zum Beispiel der mit dem Plakatwagen mit der Aufschrift "Merkel, Schmidt und Hogan (EU-Kommissar Phil Hogan) wollen lieber Milchbauern ruinieren, als die Milchmenge reduzieren" beteiligten. Fahren angeführt von seinem Stellvertreter Georg Spicker aus Maisach, Schlepperkolonnen aus dem Landkreis auf dem Odeonsplatz in München oder vor der Staatskanzlei auf, sei dies ein wirksamer Beitrag, Politiker zum Nachdenken zu bringen. Wie Propst erinnerte, wurden in den Achtzigerjahren für Milch, Getreide und Schweinefleisch höhere Preise erzielt als zurzeit, zudem seien mit der Zeit auch die Auflagen und die Dokumentationspflichten enorm gestiegen. "Kein Wunder, dass von damals über 120 Milchbauern im Landkreis heute nur noch 86 existieren".

Diskutiert wurde auch über Flüchtlingspolitik, Europa nach dem Brexit und Nationalisierungsbestrebungen in Nachbarländern, wobei deutlich wurde, dass die Milchbauern eher noch größere Schwierigkeiten erwarten, als sie ohnehin schon haben. Dass die Politik die Landwirte sogar schmähe und "unter Generalverdacht" stelle, sei mit der "Bauerregel-Aktion" von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) deutlich geworden. "Letztlich hängt unsere Existenz vom Michpreis ab", sagte abschließend Schamberger: "Wenn unsere Nahrungsmittel nichts mehr wert sind, dann sind auch wir nichts mehr wert, sollen bayerische Landwirte wirklich nur noch die Landschaft pflegen?"

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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