Mammendorf:Heimatliebe

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Erster Landfrauentag für Kreisbäuerin Karin Sepp (Zweite von links): Die Germeringerin empfängt als Gäste unter anderen Landrat Thomas Karmasin (links) und Bezirksrätin Gabriele Off-Nesselhauf (Zweite von rechts). (Foto: Carmen Voxbrunner)

Beim Landfrauentag steht ein Begriff im Mittelpunkt, der lange als verpönt galt und wieder im Kommen ist. Das "Sepplbayerntum" sei damit aber nicht gemeint, sagt der Bezirksheimatpfleger

Von Heike A. Batzer, Mammendorf

Plötzlich haben sie alle die Heimat wiederentdeckt. Nicht nur die Konservativen, nein, Politiker aller Couleur faseln jetzt von Heimat. In Bayern gibt es schon länger einen Heimatminister, der gerade einen Heimatpreis verliehen hat, auch der Bund soll künftig ein Heimatministerium bekommen. Einen regelrechten Hype um den Begriff, der lange Zeit eher verpönt war, hat Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler erkannt, aber auch die Frage gestellt: "Ist da überall Heimat drin, wo Heimat draufsteht?" Seine Ansichten gab Göttler am Donnerstag beim Landfrauentag im voll besetzten Mammendorfer Bürgerhaus zum Besten.

Für Karin Sepp war es der erste Landfrauentag, den sie als neue Kreisbäuerin moderierte. Für viele Vertreter aus Politik und Gesellschaft gehört es zum guten Ton, sich bei den Landfrauen sehen zu lassen, und deshalb war auch diesmal viel lokale Prominenz da: mehrere Bürgermeister, Landrat, Kreis- und Bezirksräte, Bankenvertreter, Bauernobmann Georg Huber und sein Vorgänger Johann Drexl, inzwischen Ehrenkreisobmann, und auch Karin Sepps zehn Jahre amtierende Vorgängerin Gabi Waldleitner, die als "Ehrenkreisbäuerin" begrüßt wurde.

Dass sie "unsere Heimat so intensiv mitgestalten und prägen", dafür dankte Landrat Thomas Karmasin (CSU) den versammelten Landfrauen. In Zeiten, in denen die Welt globaler und internationaler werde, sehnten sich die Menschen besonders nach dem Daheim, so Karmasin. Heimat bedeute aber nicht, dass alles so bleiben müsse, wie es früher war, sagte anschließend Mammendorfs Bürgermeister Josef Heckl (FW), sondern "wir müssen uns den Herausforderungen stellen, um eine lebenswerte Heimat zu erhalten".

Dass der Begriff Heimat, den der Duden als "Landesteil oder Ort" bezeichnet, "in dem man aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt", auf verschiedenen Ebenen wahrgenommen werden kann, zeigten anschließend die beiden Referenten. Diakon Andreas Klein, Leiter der bäuerlichen Familienberatung der Erzdiözese München und Freising, berichtete davon, dass Familie Heimat bieten könne, indem sie Geborgenheit und Vertrauen schenke. Ein Stück Heimat bedeute für den einzelnen auch, "wenn ich willkommen bin", sagte Klein.

Norbert Göttler erinnerte daran, dass die Sehnsucht nach Heimat lange auch mit einem Verlustgefühl verbunden gewesen sei. Als Pluralwort werde es kaum wahrgenommen, obwohl es viele Beispiele dafür gebe, wo Menschen sich eine zweite und dritte Heimat geschaffen haben. Und es habe immer auch Menschen gegeben, "die ihre Heimat ganz bewusst verlassen haben". Obwohl in modernen Gesellschaften das Weggehen und Unterwegssein zur Regel geworden ist, sei mittlerweile "ein völlig neues Bedürfnis nach Heimat" festzustellen, das sich auch in neuen Formen zeige: zum Beispiel in der Internetnutzung, die manchen über Distanzen hinweg als Kompensation für Heimat diene.

Die Aufgabe der Heimatpflege sieht Göttler darin, vor Verlusten zu bewahren und überkommenen Werten neue hinzuzufügen. Beispiel Denkmalpflege: Hier plädiert er dafür, angesichts rückläufiger Zahlen von Gläubigen die Kirchen in angemessener Weise auch für Kulturveranstaltungen zu öffnen: "Nur ein Denkmal, das auf Dauer genutzt wird, ist auch auf Dauer gesichert." Dasselbe gelte für Klöster, 400 davon stünden in Deutschland vor dem Ende. Gerade in ländlichen Gebieten erlebe er bisweilen immer noch, dass zwischen einem Heimatrecht erster und zweiter Klasse unterschieden werde, zwischen jenen Menschen, die Grund und Boden ihr eigenen nennen, und jenen ohne. Das, sagt Göttler, könne aber nicht die Zukunft in einem pluralen Industriestaat sein. Auch nicht, die Heimat lediglich als Klischee wahrzunehmen, etwa als "Sepplbayerntum". Das sei kontraproduktiv, sagt Götter, auch wenn sich dieses Klischee weiterhin gut verkaufen lasse.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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