Maisach:In Gernlinden darf gefällt werden

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Aus der Vogelperspektive wird der Gartenstadtcharakter von Gernlinden offensichtlich. (Foto: Günther Reger)

Gemeinderat lockert für den Ortsteil die Baumschutzverordnung und hebt etwa den Schutz für Fichten auf

Von Ariane Lindenbach, Maisach

Die Baumschutzverordnung für Gernlinden wird deutlich gelockert. Der Gemeinderat in Maisach hat sich jüngst mit großer Mehrheit darauf geeinigt, Fichten und alle weiteren Bäume, die näher als drei Meter an einem Haus stehen, aus der Verordnung herauszunehmen. In strittigen Fällen soll ein externer Gutachter eingeschaltet werden. Die Aufweichung betrifft in Maisachs zweitgrößtem Ortsteil 60 Prozent aller Bäume. Ein Grund für diesen drastischen Schritt, den das Gremium ohne lange Diskussion nun beschlossen hat, sind die immer häufigeren und stärker werdenden Stürme. Nur die beiden anwesenden Mitglieder der Grünen-Fraktion votierten dagegen. In zwei Jahren will das Gremium darüber beraten, wie sich die Änderung ausgewirkt hat.

Vor 15 Jahren hat der Gemeinderat die bei vielen Gernlindnern ungeliebte Baumschutzverordnung erlassen, um den gartenstadtartigen Charakter der Ortschaft zu erhalten. Sie entspricht in vollem Umfang der Musterverordnung des Umweltministeriums. Anfang 2007 diskutierte das Gremium schon einmal darüber, ob sie die Regelung beibehalten oder womöglich auf alle 25 Ortsteile ausweiten sollen. Damals entschieden die Kommunalpolitiker nach eingehender Diskussion, die Verordnung nur für Gernlinden beizubehalten. Viele Anwohner empfinden das als ungerecht, wie regelmäßig bei den Bürgerversammlungen deutlich wird und wie es zu Beginn der Gemeinderatssitzung in der Aktuellen Viertelstunde ein Zuhörer betonte. Die Regelung allein für Gernlinden sei "fast eine Diskriminierung".

Der Antrag, erneut im Gemeinderat über Ausweitung oder Abschaffung der Baumschutzverordnung abzustimmen, kommt ebenfalls aus der Bürgerversammlung. Mehr Gewicht bekam er freilich durch Orkan Niklas Ende Märzt. Wie Bürgermeister Hans Seidl (CSU) nun in der Sitzung erläuterte, seien "die verstärkten Problemfälle durch die zunehmenden Stürme" ein gewichtiges Argument, die Verordnung zu lockern. Gerade Fichten seien vom Klimawandel stark betroffen. Wegen ihrer flachen Wurzeln bekommen sie in Trockenperioden wenig Wasser, bei Stürmen werden sie leicht entwurzelt. Andererseits, so war es in der von der Verwaltung ausgearbeiteten Vorlage zu lesen, sind Fichten gerade im Winter, wenn die Luft in der Heizperiode stark mit Feinstaub belastet ist und die Laubbäume kahl sind, "sogar besonders wertvoll". Seidl unterstrich aber auch, dass die Verordnung dazu beigetragen habe, das viele Grün zu erhalten, "was man in Gernlinden schätzt und was Gernlinden gegenüber den anderen Orten auszeichnet". Durch die Lockerung der Verordnung könnten 60 Prozent der Bäume in Gernlinden ohne Genehmigung gefällt werden. Ausgenommen von der Verordnung sind jedoch alle Bäume, die in Bebauungsplänen als erhaltenswert festgesetzt sind.

Eine kleine Dia-Show mit Aufnahmen betroffener Bäume, die Seidl während des Faschingszuges gemacht hatte, ließ die Gemeinderäte ziemlich ruhig werden. Dennoch sprachen sich die meisten für die von der Verwaltung vorgeschlagene Lockerung aus. Christa Turini-Huber (CSU) etwa verwies darauf, das in den letzten fünf Jahren von 127 beantragten Fällungen nur 17 nicht genehmigt worden seien. Die Lockerung sei "ein guter Kompromiss". Er sei stets für die Schutzverordnung gewesen, erklärte Peter Aust (Einigkeit Gernlinden). Doch er verstehe auch, dass manche die Bäume in ihrem Garten entfernen wollen, weil sie im Lauf der Jahre zu groß geworden seien und alles verschatten würden.

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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