Maisach:Die Kraft der Kräuter

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Kreativ und gesellig: Frauen in Maisach beim Kräuterbuschen binden (Brigitte Scheuerer in der Mitte). (Foto: Günther Reger)

Die katholischen Frauen in Maisach binden zum Feiertag Sträuße

Von Ariane Lindenbach, Maisach

Im Treppenhaus des katholischen Pfarrheims ist die Luft an diesem Samstagnachmittag erfüllt vom Duft frischer Blumen. Es riecht wie eine blühende Sommerwiese, nur Kamille lässt sich aus dem reichhaltigen Gemisch identifizieren. Der Geruch kommt aus einem etwa 30 Quadratmeter großen Raum. In der Mitte, auf einem großen Tisch, liegen haufenweisen Blumen. Weitere lagern in mit Wasser gefüllten Wannen und Eimern links an der Wand. Um den Tisch herum bewegen sich zehn Frauen, jede mit einem mehr oder weniger fertigen Blumenstrauß in der Hand. Die Zehn sind vom katholischen Frauenbund und binden die Kräuterbuschen für Mariä Himmelfahrt.

Seit etwa zehn Jahren treffen sich die zehn bis 15 Frauen kurz vor dem katholischen Feiertag, um die traditionellen Kräuterbuschen zu binden. Insgesamt 120 wollen sie an diesem Samstag fertig stellen, darunter auch ein besonders prächtiger; er ist für den Altar zum Gottesdienst am Sonntag gedacht. Hundert Sträuße verkaufen die Frauen nach der Messe für je 2,50 Euro. Der Erlös wird gespendet. Diesmal soll er den Opfern der Überschwemmung in Simbach zugute kommen. Das Verkaufen sei bis jetzt immer gut gegangen, sagen die Frauen. Wie Brigitte Scheuerer berichtet, kam sie vor gut zehn Jahren auf die Idee mit den Kräuterbuschen. Damals wurde dieser Brauch in Maisach sowie in vielen anderen Pfarreien nicht mehr gepflegt. In Maisach sei damals ein Pfarrer aus Indien gewesen, erzählt die Vorsitzende des katholischen Frauenbundes. Dem habe sie die schöne Tradition zeigen wollen. Also band sie einen Strauß, nahm ihn mit zum Gottesdienst an Mariä Himmelfahrt. Da hätten so viele Besucher auch so einen schönen Strauß kaufen wollen, dass die Mitglieder des Frauenbundes beschlossen, das Kräuterbuschen binden wiederzubeleben. Da die Leute generell wieder mehr Sinn für Traditionen haben, ist es inzwischen laut Scheuerer wieder in vielen Pfarreien üblich, zu Mariä Himmelfahrt einen Strauß zu binden, ihn segnen zu lassen und mit nach Hause zu nehmen.

Wie die Damen im Pfarrheim erläutern, halten sie den Brauch "für die Mutter Gottes" hoch. Der Legende nach hat es an der Stelle, wo Maria in den Himmel aufgefahren ist, Blumen geregnet. Andere Versionen erzählen, dort seien die vielen Blumen und Kräuter gewachsen. Den Maisacher Frauen zufolge schützt der Strauß, der von Mariä Himmelfahrt an ein Jahr lang an einem trockenen Ort in oder vor dem Haus hängen soll, vor Krankheiten und gibt Menschen, Tieren und dem Heim Schutz, Kraft und Gesundheit für die kommende Zeit der immer kürzer werdenden Tage. Bis zu dem nächsten Hochfest ein Jahr später soll der Strauß dort hängen bleiben. Dann, wenn man wieder einen neuen Strauß bindet oder kauft, wird der alte verbrannt.

Die Sträuße müssen etliche Kräuter enthalten. Eine Königskerze in der Mitte sei "ganz wichtig". Dazu Rosmarin, Thymian, Kamille, Salbei, Pfefferminz, Zitronenmelisse, Boretsch, Johanniskraut und noch einiges mehr. "Mindestens sieben müssen es sein", sagen die Frauen. Und immer wieder fügen sie ihrer Aufzählung ein "das ist auch noch ganz wichtig" hinzu. Es scheinen also alle Pflanzen wichtig zu sein. Nicht zuletzt die Rose, da Maria ja auch als die Königin der Rosen gelte, erklärt eine Dame. Und natürlich müsse auch eine Ähre in jeden Strauch. Gesammelt haben die Frauen die Kräuter in ihren Gärten und draußen im Moos. Mancher volle Korb wurde ihnen auch von freundlichen Helfern vorbeigebracht.

© SZ vom 16.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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