Maisach:Auf dem Präsentierteller

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Diesen Donnerstag bekommt der Gemeinderat Maisach wieder einen eigenen Sitzungssaal. Im neuen Gemeindezentrum finden die Bürger auch eine Bücherei und ein ganz besonders ausgestattetes Trauungszimmer

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Erst kurz vor Beginn der ersten Sitzung im neuen Saal des Gemeinderates werden die 25 gleich hohen Stühle aufgestellt und der Raum eingeräumt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Es ist noch gut vier Wochen hin, bis mit einem dreitägigen Fest das neue Maisacher Ortszentrum offiziell eröffnet wird. Auch die neue Bücherei wird erst nach den Pfingstferien wieder öffnen. Doch schon am Donnerstagabend wird ein nicht unwichtiger Teil des neuen, insgesamt dreieinhalb Millionen Euro teuren Gemeindezentrums neben dem Rathaus seiner Bestimmung übergeben. Nach der ökumenischen Einweihungsfeier um 18.30 Uhr wird der Maisacher Gemeinderat um 19.30 Uhr seine erste Sitzung im neuen Sitzungssaal abhalten. Damit hat das Kommunalparlament nach 40 Jahren wieder einen eigenen Versammlungsraum und die Auslagerung in andere öffentliche Gebäude in Ende.

Es war die Gebietsreform vor 40 Jahren, die der Gemeinde Maisach einen neuen Zuschnitt bescherte und die Verwaltungsaufgaben vergrößerte. Die Räume im Rathaus reichten nicht aus, weshalb der Sitzungssaal genutzt wurde und die Gemeinderäte in den kommenden Jahrzehnten auf Wanderschaft gehen mussten. Sie tagten in der Grundschule, im Bürgerzentrum, in der Mittelschule, in Gernlinden und die vergangenen anderthalb Jahre im Saal des Pfarrzentrums.

Nun ist alles bequem zu erreichen, aber der Gemeinderat wird in dem neuen Saal im Erdgeschoss des Neubaus wie auf dem Präsentierteller sitzen. Zumindest von zwei Seiten können Passanten die Kommunalpolitiker beim Beraten und Abstimmen von außen beobachten. Ansonsten steht dem Publikum, wie auch in den vergangenen Jahren an anderer Stätte, genug Platz zum Zuhören zur Verfügung. 150 Quadratmeter hat der Sitzungssaal in seiner üblichen Gestaltung, wenn ein Nebenraum geöffnet wird, sind es sogar 225 Quadratmeter. Diese Fläche wird man wohl auch brauchen, um dort die Maisacher Bürgerversammlungen abzuhalten, meint Bürgermeister Hans Seidl (CSU).

Seidl hatte den Einzugstermin für den Gemeinderat vor wenigen Wochen verschieben müssen. Denn sowohl im neuen Gemeindezentrum als auch drumherum sind noch nicht alle Bauarbeiten abgeschlossen. Auch im Sitzungssaal selbst fehlen zwei Tage vor dem Erstbezug durch den Gemeinderat die Bodenleisten, und auch die Stühle sind noch nicht an die Tische geschoben worden. "Das kommt alles erst am Donnerstag", sagt Seidl und klingt dabei sehr hoffnungsvoll.

Bürgermeister Hans Seidl hofft, dass die Baufirmen rechtzeitig fertig werden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Gemeinderäte werden in einem Saal tagen, dessen Farbkonzept recht einfach gehalten ist. Ein dunkelrot gestrichene Wand an der Stirnseite setzt einen Akzent, die Tischplatten ruhen auf schwarzen Stahlgestellen und die wiederum auf einem robusten Stäbchenparkett aus Eiche. Rauchpausen dürfen auf der Terrasse vor dem Sitzungssaal gemacht werden, drinnen soll eine Klimaanlage den Gemeinderäten auch bei den hitzigsten Debatten kühle Köpfe bewahren.

Trotz guten Raumklimas wird einen Raum weiter das ein oder andere Paar ins Schwitzen geraten, wenn es um die alles entscheidende Frage am Beginn einer Ehe geht. Dennoch gehen die Standesbeamten davon aus, dass im neuen Trauungszimmer vor der in Apricot gefärbten Wand stets nur zwei Mal ein "Ja" zu hören sein wird. Dass es die Hochzeitspaare auch bequem haben, dafür soll ein weißes Sofa garantieren, auch dem sie während der Zeremonie Platz nehmen dürfen. 40 Gäste des Paares werden sich in dem Raum mit dem großen Terrassenfenster aufhalten können, sollten Großfamilien dabei sei, ließe sich selbst dieser Raum für bis zu 120 Menschen erweitern.

Beate Seyschab muss die neue Gemeindebücherei einräumen, die sich nun an zentraler Stelle befindet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nebenan, in der neuen Gemeindebücherei, sind Leiterin Beate Seyschab und ihre Mitarbeiterinnen seit vier Wochen mit dem Einräumen der mehr als 20 000 Bücher, CDs und DVDs beschäftigt. In dieser Woche wollen sie damit fertig werden, danach dürfen sie während der zweiwöchigen Pfingstferien verdienten Urlaub machen. Denn der Umzug begann drei Tage nach der Schließung der alten Bibliothek am 9. April mit dem Einräumen der Medien, dem Kistenschleppen, dem Abbau der Regale. Am neuen Ort, vis-à-vis von Rathaus und Grundschule, ist nun nicht nur alles neu, sondern auch hell und licht. Es gibt eine neue Ausleihe-Theke und ein neues Lesecafé. Bürgermeister Seidl hält die Lage für außerordentlich praktisch. Nebenan könne man einkaufen gehen und auf dem Hin- oder Heimweg noch ein paar Bücher ausleihen. Alles auf kurzen Wegen in der Ortsmitte.

Kurze Wege waren es allerdings nicht, bis die Neubauten zwischen Bahnhof- und Schulstraße standen. Seidl sagt dazu, es sei der "Erfolg der kleinen Schritte" gewesen. Schließlich geht die Planung für die neue Ortsmitte der Gemeinde 13 Jahre zurück. Damals hatte der Gemeinderat eine Veränderungssperre für das Areal erlassen, um die Umwandlung eines Ladens in einen Spielsalon zu verhindern. Ein Instrument, das zwar zeitlich verlängert werden kann, aber die Kommune dennoch zum Handeln zwingt.

Und so kam es, dass die Gemeinde selbst 2037 Quadratmeter erwarb, um mitplanen zu können, wie Hans Seidl berichtet. Die Aussichten, einen Investor zu finden, der das Gelände bebaut und vermarktet, sei seinerzeit nicht gut gewesen, meint Seidl. Aber: "Der Immobilienmarkt hat uns geholfen." Denn die rund um München stark steigenden Preise hätten die Grundstücke in der Ortsmitte attraktiver gemacht. Inzwischen werden für den Quadratmeter einer Eigentumswohnung zwischen 4000 und 5000 Euro genommen, die Penthouse-Wohnung im Obergeschoss des Gemeindezentrums mit ihren gut 100 Quadratmetern fand angeblich sogar für 700 000 Euro einen Abnehmer. Da macht sich der Bürgermeister schon so seine Gedanken, "wer hierher zieht und wie sich alles verändern wird". Auch dieses Thema wird Seidl wie den Gemeinderat in den kommenden Jahren beschäftigen, wenn das Gremium alle vier Wochen im Saal mit der blutroten Wand zusammenkommen wird.

© SZ vom 17.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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