Kostenlos im Kindergarten:Angst vor einer Mogelpackung

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Bayern will ein kostenloses Kindergartenjahr einführen - auch Befürworter fürchten höhere Kosten für Städte und Gemeinden

Wolfgang Krause und Andreas Ostermeier

Die Pläne der Staatsregierung für ein kostenloses Kindergartenjahr lösen bei Kommunalpolitkern im Landkreis nicht nur Freude aus. Während der Brucker OB Sepp Kellerer (CSU) die Regelung für überfällig hält, zweifelt der Puchheimer Bürgermeister Herbert Kränzlein (SPD) an ihrem Sinn. Und SPD-Unterbezirksvorsitzender Michael Schrodi befürchtet, dass Städten und Gemeinden ein Teil der Kosten aufgebürdet wird: "Es darf keine Mogelpackung werden wie die Mittelschule, wo die Staatsregierung sich mit der Reform rühmt und die Kommunen zahlen."

Die Koalition aus CSU und FDP hatte sich in der Kabinettsklausur am Samstag auf einen schrittweisen Einstieg in ein kostenloses drittes Kindergartenjahr verständigt. Von September 2012 an wird der Freistaat demnach 50 Euro zu den Kindergartengebühren dazuschießen, ein Jahr später will er sie ganz übernehmen - allerdings nur, wenn die Kinder den Kindergarten nicht länger als sechs Stunden täglich besuchen. Für Kinder, die länger bleiben, müssen die Eltern weiterhin Gebühren bezahlen. Außerdem soll der Schlüssel für die Zahl der Kinder pro Betreuer von 11.5 auf 11 gesenkt werden.

Kellerer freut sich, dass das kostenlose Kindergartenjahr endlich kommen soll: "Das fordere ich schon seit Jahren", sagt der CSU-Politiker. "Es kann ja nicht sein, dass andere Bundesländer das schon haben, nur Bayern als reichstes bekommt es nicht hin." Kellerer hofft nun, dass der Freistaat auch die Kosten der Kommunen für das dritte Kindergartenjahr übernimmt und nicht nur die Gebühren der Eltern. Dass den Kommunen zusätzlicher finanzieller Aufwand aufgebürdet wird, schließt Kellerer aus.

Den neuen Betreuerschlüssel hält Kellerer ebenfalls für sinnvoll; die Mehrkosten für zusätzliches Personal, die sich die Stadt mit dem Freistaat teilen muss, sind seiner Ansicht nach zu verkraften. Allerdings tut sich die Stadt schwer, überhaupt Erzieher zu finden. Denn die werden derzeit von allen Städten und Kommunen umworben. Die Stadt Fürstenfeldbruck überlege bereits, für diese Berufsgruppe die Ballungsraumzulage wieder einzuführen, sagt Oberbürgermeister Kellerer. "Allerdings bringt das wahrscheinlich nur einen kurzzeitigen Effekt, weil andere nachziehen werden".

Michael Schrodi begrüßt das kostenlose Kindergartenjahr ebenfalls. Als SPD-Fraktionsvorsitzender im Gröbenzeller Gemeinderat hat er sich wiederholt dafür eingesetzt, dass die Kommune es auf eigene Faust einführt. Kinder, die im Kindergarten waren, seien ganz anders sozialisiert und würden sich beim Start in die Schule viel leichter tun, betont Schrodi. Die Pläne von CSU und FDP gehen dem Chef der Kreis-SPD aber nicht weit genug: Er kritisiert, dass die Gebühren nur bis zu sechs Stunden täglich übernommen werden und das letzte Kindergartenjahr offensichtlich nicht verpflichtend ist. Und er will genau darauf achten, dass die Finanzierung nicht durch Trickserei den Kommunen aufgehalst werden.

Herbert Kränzlein kann dem kostenlosen Kindergartenjahr dagegen überhaupt nichts abgewinnen. Er moniert, dass wieder einmal staatliche Leistungen an Reiche und Arme gleichermaßen verteilt werden. Schon jetzt bezahle die Jugendhilfe nämlich einkommensschwachen Familien den Kindergartenbesuch. Dass Seehofer einem solchen Vorschlag trotz der gegenwärtigen Haushaltslage zustimme, zeigt laut Kränzlein, dass dem Ministerpräsidenten wegen der Lage der CSU "der Hut brennt". Aus der Tatsache, dass auch die SPD sich für das kostenlose Jahr stark gemacht hat, schließt Kränzlein, dass auch die Landespolitiker seiner Partei "gerne das Geld der Kommunen ausgeben." (Thema des Tages)

© SZ vom 21.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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