Konzert in der Friedenskirche:Musik zwischen Leben und Tod

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Stimmungsvolles Osterkonzert in Eichenau

Von Klaus Mohr, Eichenau

"Letzte Worte" lautete das Motto des Konzerts mit Christian Brembeck am Karfreitag in der sehr gut besuchten Friedenskirche. Kompositionen, also genau genommen "Letzte Töne" am Lebensende, haben ihren eigenen Mythos, der wohl auch damit zusammenhängt, dass der Hörer ihnen eine gewisse Transzendenz an der Schwelle zwischen Leben und Tod zuschreibt. Dramatisch greifbare Realität wird es dann, wenn ein Werk von seinem Erschaffer nicht mehr zu Ende geführt werden kann, weil inzwischen der Tod eintritt. Ein solches Stück ist der Contrapunctus 14 aus Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge". Die Komposition bricht völlig unvermittelt ab, und Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel notierte beim letzten Ton, dass "Der Verfaßer ueber dieser Fuge gestorben ist."

Christian Brembeck spielte die Fuge an der Kaps-Orgel der Friedenskirche und beendete sein Spiel ganz selbstverständlich genau mit der letzten von Bach notierten Note. Von besonderer Aussagekraft war es, dass an dieser Stelle das B-A-C-H-Thema eingeführt wurde, sich der Komponist am Ende sozusagen auf sich selbst zurückzog. Der Organist wählte für die Fuge ein ganz organisches Tempo und eine weiche, sehr klare Registrierung. Dadurch stellte er die Struktur des Werks in den Mittelpunkt und arbeitete sehr plastisch an einer einleuchtenden Phrasierung der linearen Stimmführung. Ohne Worte wurde das Stück so dennoch zu sprechender Musik. Die Hörer waren auf den durch mehrere Themen komplexeren Contrapunctus 14 durch den eröffnenden Vortrag des Contrapunctus 1, bei dem nur ein Thema in der Urgestalt vierstimmig durchgeführt wurde, von Christian Brembeck bereits klanglich bestens vorbereitet worden.

Bei den "Sieben letzten Worten des Erlösers" handelt es sich nicht um einzelne Worte Jesu, sondern um Sätze, denen eine zentrale Bedeutung während der Kreuzigung zukommt. Sie wurden von vielen Komponisten vertont, unter anderem auch von Joseph Haydn. Hier gibt es nicht nur eine Vokalfassung für Soli, Chor und Orchester, sondern auch eine Bearbeitung für Streichquartett und eine für ein solistisches Tasteninstrument. Im Gegensatz zum gesungenen Text müssen die reinen Instrumentalfassungen Stimmung, Charakter und Ausdruck allein durch die Mittel der Musik verdeutlichen. Christian Brembeck spielte die "Sieben Worte" Haydns an seinem Hammerflügel, dessen differenzierte tonliche Möglichkeiten ideale Voraussetzungen dafür boten, diese empfindsame Musik auch in ihrer ganzen Nuancenfülle ans Ohr des Hörers transportieren zu können. Bedenkt man, dass das ganze Werk eine Spieldauer von einer Stunde hat und für alle sieben Sonaten ein zurückhaltendes Tempo vorgesehen ist, dann lässt sich erahnen, welche Spannung der Interpret durch sein Spiel zaubern muss, damit es nicht langweilig wird. Die Hörer ließen sich gerne und in hoher Konzentration darauf ein und erlebten so einen Kosmos an Melodien, die durch Wiederholung und Veränderung einerseits meditative Kraft ausstrahlten, andererseits aber auch zahlreiche Assoziationen an die textliche Vorlage ermöglichten.

Sehr eindrücklich gelang die Sonata II ("Amen, ich sage Dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein"): Auf die ausdrucksstarke Melodie zu akkordischer Begleitung in Moll folgte ein Teil mit einer ganz sinnlichen Oberstimme zu aufgelockerten Begleitfiguren in Dur. Im weiteren Verlauf wechselten sich die beiden Affekte des Bangens und Hoffens auf das Paradies mehrmals ab. Das Thema der Sonata VI ("Es ist vollbracht") war der einstimmige Vortrag einer definitiven Schlussphrase in Moll. Am Ende erklang dieses Anfangsmotiv in hellem Dur, womit ein zuversichtlicher Gestus einzog. Dankbarer Beifall zum Schluss.

© SZ vom 30.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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