Kommentar:Es grenzt an Haarspalterei

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Warum persönliche Ansichten nicht mit dem Demonstrationsrecht vermischt werden dürfen

Von Peter Bierl

Es ist ein unglücklicher Auftakt, wenn der neugewählte Fürstenfeldbrucker Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) in einer seiner ersten Amtshandlungen gleich das Demonstrations- und Versammlungsrecht einschränkt. Dass er das Anliegen der Soko Tierschutz nicht teilt, den Schlachthof geschlossen zu halten, gibt ihm dazu nicht das Recht. Mag sein, dass die Fläche direkt vor dem Bauernmarkt in der Tenne im Kloster Fürstenfeld keine öffentliche Verkehrsfläche, sondern privater städtischer Grund ist. Aber das grenzt an Haarspalterei und erscheint ein wenig albern, denn es handelt sich in jedem Fall um eine öffentliche Fläche, die nicht eingezäunt und in der Regel zugänglich ist.

Man kann darüber reden, dass sich die Tierrechtler so platzieren, dass sie den Eingang für Kunden und Lieferanten nicht versperren. Würden sie allerdings für ihre Kundgebung den Gehsteig und die stark befahrene Durchgangsstraße vor der Markthalle in Anspruch nehmen, wäre das ihr gutes Recht. Dieses nahmen sie aber nicht in Anspruch, weil sie den Verkehr nicht blockieren wollten. Selbstverständlich hat Raff als Politiker und Bürger das Recht, seine Meinung zu den Vorfällen im Schlachthof zu äußern, selbst wenn diese ein wenig kurz gegriffen erscheint, wenn er vom Fehlverhalten von ein bis zwei Personen spricht. Denn schließlich: Das komplette betriebsinterne und öffentliche Kontrollsystem hat anscheinend versagt und es liegen bereits gegen insgesamt fünf Beteiligte Strafanzeigen vor.

Wie immer man die Vorgänge aber bewerten mag: Für den Chef der Behörde, die gerade über die Genehmigung von Kundgebungen befindet, wäre in dieser Situation Zurückhaltung angebracht. Entscheidungen über das Versammlungsrecht dürfen nicht vermischt werden mit den politischen Ansichten des OB über den Schlachthof, dessen Zukunft oder gar den Vegetarismus. Denn so wirkt die Ablehnung einer Demonstration der Tierrechtler wie ein Maulkorberlass.

© SZ vom 27.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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