Gröbenzell:"Reißen wir doch das Dach des Kiosks ab"

Lesezeit: 2 min

Das Häuschen am S-Bahnhof in Gröbenzell steht immer wieder leer, seit die Bahn ihrem langjährigen Pächter gekündigt hat. Nun wird ein Imbiss ohne Bahnfahrkartenverkauf einziehen. Die Gemeinderäte sind wenig begeistert und machen unkonventionelle Vorschläge

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Fast zehn Jahre ist es her, dass die Bahn dem damals langjährigen Kioskbetreiber am S-Bahnhof Gröbenzell ziemlich überraschend den Pachtvertrag gekündigt hat. Seine Prophezeiung, dass das Häuschen am Bahnhof künftig häufiger leer stehen werde, hat sich in der vergangenen Dekade immer wieder bewahrheitet: Jahrelang war der Laden seither geschlossen, zuletzt als DB-Service-Store genutzt. Nun soll dort ein Döner-Imbiss - der dritte in der Straße - ohne Fahrkartenverkauf einziehen. Das missfällt den Gemeinderäten, die sich schon lange für eine Neuauflage des alten Kiosks mit Fahrkartenverkauf und Toiletten einsetzen. Da ein Großteil des Bauwerks aus den Siebzigerjahren im Besitz der Bahn ist, muss die Gemeinde mit ihr zusammenarbeiten. Das ist aber offenbar gar nicht so leicht, weshalb in der letzten Sitzung des Gemeinderats sogar vorgeschlagen wurde, das Dach des Kiosk einfach abzureißen.

Dieser provokante und wohl auch nicht ganz ernst gemeinte Vorschlag kam von Cordula Braun, der Fraktionssprecherin der UWG. Er bringt aber die Verzweiflung zum Ausdruck, die sich bei den Gemeinderäten im Lauf der Jahre angestaut hat. Denn nicht erst in dieser Legislaturperiode - und nicht nur in Gröbenzell - scheint es eine Art Doktoraufgabe, in dem in viele verschiedenen Bereiche zersplitterten Unternehmen Deutsche Bahn den passenden Ansprechpartner zu bekommen. Wie Kämmerer Gregor Kamp dem Gremium versicherte, habe er über einen längeren Zeitraum und bei verschiedenen Stellen der Bahn versucht, in Sachen Verpachtung oder Kauf des Bahnhofskiosk einen Ansprechpartner zu bekommen. Seine Erfahrung: "Sie kriegen halt einfach keine Antwort." Inzwischen habe er immerhin schon eine Empfangsbestätigung, aber immer noch keine Antwort bekommen.

Leider geschlossen: Der zu einem DB-Service-Store umgebaute Kiosk am S-Bahnhof Gröbenzell samt Toiletten wird frühestens im Februar wieder öffnen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

"Wir sind doch alle einig in dem Ziel, dass wir einen funktionierenden Bahnhofskiosk wollen", begann Thomas Eichler (CSU). Wie auch schon zuvor Zweiter Bürgermeister Martin Runge, verwies er darauf, dass der Gemeinde das Kioskdach gehört. "Wir sind Teileigentümer dieser Bude", bekräftigte er. Da erwarte er auch eine gewisse Kooperationsbereitschaft der Bahn, zumindest aber Informationen, wenn der Kiosk an einen anderen Pächter übergeben werde. Überdies hatte Runge verraten, dass die Gemeinde "den Apothekerpreis", den die Bahn für den Kiosk verlangt hatte, nicht zahlen wollte.

Tatsächlich ist es so, dass das Kioskdach der Gemeinde gehört. Es bedeckt neben dem Kiosk auch die angrenzenden Toiletten sowie die vorderen Fahrradständer und es ist ein eigenständiges Bauwerk, das heißt: rein theoretisch könnte es abgebaut werden, ohne die darunter befindlichen Bauwerke zu zerstören. "Vielleicht kann man da ja draufbauen", schlug Anton Kammerl (CSU) vor.

Zudem nannte Kammerl einen zweiten Ansatzpunkt, der an die von Runge recherchierten Fakten anknüpft. Demnach gab es im Zuge des Umbaus des Kiosks in den DB-Store vor einigen Jahren eine Änderung des aus den Siebzigern stammenden Vertragswerks zwischen Gemeinde und Bahn. Laut Runge sind die neuen Konditionen deutlich schlechter für die Gemeinde, da sie sich nun um den Bauunterhalt kümmern muss - früher oblag ihr nur der Unterhalt der Toiletten. Kammerl regte an, die Verträge nochmals juristisch zu überprüfen. "Ich neige da jetzt langsam zu ungewöhnlicheren Methoden", begann Cordula Braun. Die merkwürdigen Besitzverhältnisse der Immobilie würden nach unkonventionellen Methoden verlangen. "Reißen wir doch das Dach des Kiosks ab", sagte sie. Bürgermeister Martin Schäfer, nach eigenem Bekenntnis "ein Freund von schrägen Maßnahmen", signalisierte in diesem Fall keine Unterstützung. Und Kamp erklärte, mit einer solchen Aktion würde die Gemeinde vertragsbrüchig werden.

Kuriose Konstruktion: Das Dach über den Fahrradständern und dem Kiosk gehört der Gemeinde, das Gebäude darunter der Bahn. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ein Bahnsprecher widersprach den Vorwürfen. "Das kann nicht sein", Verwaltungsmitarbeiter würden ihre Ansprechpartner bei der Bahn kennen, sagte er. "Wir haben der Gemeinde auch unseren neuen Pächter mitgeteilt", dem werde die Immobilie zum Februar übergeben. Dann werde umgebaut und eingerichtet. Wann er eröffne und was er außer Döner sonst verkaufe, stehe dem Pächter frei. DB-Fahrkarten werden allerdings keine dabei sein, vielleicht Streifenkarten von der MVG.

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: