Gröbenzell:Quote versus Willkommenskultur

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Das leer stehende Gebäude in der Poststraße in Gröbenzell könnte längst Unterkunft für Asylbewerber sein. (Foto: Günther Reger)

Weil in Gröbenzell große Unterkünfte unerwünscht sind, wirft der Landrat der Gemeinde vor, bis Jahresende nicht die vereinbarte Zahl von 234 Flüchtlingen aufzunehmen. Der Bürgermeister kontert: Landrat geht auf Angebote nicht ein

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

In der Frage der Asylbewerberunterbringung gehen Landrat Thomas Karmasin (CSU) und der Gröbenzeller Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) auf Konfrontationskurs. Der Grund: Karmasin bezweifelt, dass die Gemeinde bis zum Jahresende die mit dem Landratsamt vereinbarte Quote erfüllen und insgesamt 234 Asylbewerber aufnehmen und unterbringen kann. Bisher leben in der Gemeinde erst 74 Flüchtlinge. Während das Landratsamt Asylbewerber in beschlagnahmten Turnhallen einquartiert, ist Gröbenzell damit im Verzug, weiteren 160 Personen aus den Krisengebieten eine Bleibe zu verschaffen. Diese Tatsache veranlasst Karmasin dazu, in einer Presseerklärung den "Gröbenzeller Weg" in Frage zu stellen. Die Gemeinde lehnte Massenunterkünfte bisher strikt ab und setzt auf die dezentrale Unterbringung in kleinen Einheiten, was eine bessere Integration in die Gemeinschaft ermöglichen soll.

Und die Gemeinde erbringt Zusatzleistungen. So stellte sie zusätzlich zu den Flüchtlingsbetreuern des Landratsamtes eine eigene Sozialarbeiterin ein, die zusammen mit Asylhelfern für die besondere Willkommenskultur in der Gartenstadt steht. Der Bürgermeister erwidert die Vorwürfe des Landrats mit Gegenvorwürfen. "Karmasin blockiert, er nimmt die Angebote der Gemeinde nicht an und kommuniziert nicht mit uns", stellt Schäfer verärgert fest. Um zu ergänzen: So lange der Landrat die Kultur aufrecht erhalte, nicht zu informieren, werde nichts weiter gehen.

Ein Punkt, in dem nichts weiter geht, ist das seit zwei Monaten leer stehende alte Gröbenzeller Rathaus. "Das Landratsamt hatte der Gemeinde hinsichtlich des leer stehenden Rathauses ein Mietangebot unterbreitet, darauf aber keine explizite Antwort erhalten", konstatiert der Landkreischef, um dann klarzustellen: "Das Landratsamt hat das Rathaus niemals als Asylbewerberunterkunft abgelehnt." Allerdings ist der Gemeinderat in dieser Frage gespalten und es gab Protest aus der Bevölkerung, als SPD und Grüne im Sommer dem Landrat das Verwaltungsgebäude als Notquartier angeboten hatten. Die CSU lehnt die Nutzung ab, weil das Rathaus im Sommer abgerissen werden soll und dann der Zeitplan für den Neubau nicht mehr einzuhalten wäre. Bürgermeister Schäfer geht auf diese Meinungsverschiedenheiten im Gemeinderat nicht ein. Er fordert stattdessen den Landrat auf, endlich ein schriftliches Mietangebot für das Rathaus vorzulegen. "Ich habe nichts", stellt er verärgert fest. Er wisse also nicht, was Karmasin zu welchen Bedingungen mieten wolle. Zudem habe sich noch kein Mitarbeiter der Kreisbehörde das Rathaus angeschaut.

Und Schäfer verweist darauf, dem Landrat mehrere Grundstücke zum Bau von Wohncontainern angeboten zu haben. Beispielsweise das Züblingelände in der Lena-Christ-Straße. Würde die Gemeinde dem Anliegen zustimmen, dort Unterkünfte für bis zu 200 Flüchtlinge zu genehmigen, "würde längst etwas stehen", ereifert sich der Bürgermeister. Nur weil die Gemeinde dort nur Container für bis zu 60 Personen zulassen will, passiere nichts. Und Schäfer fragt: "Wie viele Containeranlagen für weniger als 200 Menschen gibt es im Landkreis?" Alle seien viel kleiner, aber in Gröbenzell sei das ein Problem. Als Gemeinde so ausgespielt zu werden, mache keinen Spaß, weil eine kleinere Containersiedlung auf dem Züblingelände schon längst belegt sein könnte, lautet das Fazit des Bürgermeisters. Laut Karmasin muss geprüft werden, ob es mit den "Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit" vereinbar sei, auf einem Areal, das für 200 Personen ausreiche, nur 50 bis 60 unterzubringen.

Unterschiedlich bewerten die beiden Kontrahenten auch die weiteren Wohnungsangebote. "Andere Objekte in der Gemeinde scheiterten, weil die Gemeinde eine Veränderungssperre erließ, oder an der fehlenden Wirtschaftlichkeit", stellt der Landrat pauschal fest. "Er muss die Angebote nur herschicken", kontert Schäfer und verweist darauf, dass er immer wieder kleinere Wohneinheiten vorgeschlagen und Suchanzeigen in größerer Zahl aufgegeben habe. Nur nehme Karmasin diese Angebote nicht an. Als Beispiel erwähnt Schäfer ein von der Gemeinde erworbenes Geschäfts- und Wohnhaus in der Poststraße, in dem schon seit längerer Zeit 15 Flüchtlinge wohnen könnten, sofern das Landratsamt wolle. Laut Karmasin ist zumindest für dieses Anwesen der Abschluss eines Mietvertrags in Reichweite. Da in Gröbenzell viermal so viele Plätze fehlten wie in kleinen Gemeinden, fragt der Landrat, was in Gröbenzell geschehe, wenn er der Gartenstadt Flüchtlinge zuweisen müsse.

© SZ vom 25.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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