Gröbenzell:Geliebtes Gegackere

Lesezeit: 2 min

Die Gröbenzeller Ampertal-Vogelschau steht in diesem Jahr im Zeichen einer neu entdeckten Liebe: Immer mehr Menschen halten sich offensichtlich ein paar Hühner für das Frühstücksei aus dem eigenen Garten

Von Christian Hufnagel, Gröbenzell

"Ich woll't, ich wär' ein Huhn, / ich hätt' nicht viel zu tun, / ich legte vormittags ein Ei und abends wär' ich frei": Die Tierliebe des Menschen geht bekanntlich bis hin zur Selbstverleugnung des eigenen Wesens. Mal mag er frei wie ein Vogel, stark wie ein Löwe sein, mal sich mit dem legendären Lied der Comedian Harmonists in die Welt des gemeinen Geflügels hineinträumen, dies wohl rein aus pragmatischen Gründen, weil dort die Arbeit offensichtlich schnell getan ist. Der Gröbenzeller Gerhard Wendl kennt zwar noch niemanden, der sich diese Metamorphose wünscht. Aber der Pressesprecher des örtlichen Rassegeflügel- und Vogelzuchtvereins trifft auf immer mehr Menschen, die dem Huhn gewissermaßen sehr nahe kommen wollen, es als so etwas wie ein nützliches Haustür entdecken: "Der Trend zur eigenen Hühnerhaltung ist da", sagt er. Und deshalb hat der Verein seine alljährliche Ampertal-Vogelschau an diesem Wochenende in der Wildmooshalle einem besonderen Aspekt gewidmet: "Das Frühstücksei im eigenen Garten."

Experten werden nun natürlich nicht die Frage aller Fragen beantworten können, wer denn nun zuerst da gewesen sei, Henne oder Ei, aber sie werden doch eine gründliche Aufklärung darüber abliefern, wie der normale Gartenbesitzer sich ein paar Hühner halten kann. Über die geeignete Rasse, Unterbringung, Futter sowie die Vorschriften beraten die Experten am Samstag um 14, am Sonntag um 10 Uhr. Denn so einfach wie mit einem Hund geht es natürlich mit dem Huhn nicht. Da gilt es vieles zu beachten und zu erfüllen, wie die Anmeldung als Betrieb beim Landwirtschaftsamt und die Vorgaben der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz, auf die Brucks Veterinäramtsleiter Hans Werner Merk die Hobby-Hühnerhalter hinweist. Und nicht zuletzt müssen am Ende die Nachbarn mitspielen. Und ein Hahn, der nicht selten als lärmender Störenfried vor dem Richter landet, ist keine Notwendigkeit, um ein paar weibliche Tiere zu halten.

Zu Gast auf der Ampertal-Vogelschau: Die Chabo-Hühner von Gerhard Wendl , eine Rasse aus Japan, gezüchtet nach dem Schönheitsideal von Geishas. (Foto: Günther Reger)

Aber all die Vorschriften zu erfüllen, scheint für viele kein Hindernis auf dem Weg zum Frühstücksei aus eigener Produktion. Wendl berichtet jedenfalls vom sehr starken Interesse der Besucher von Vogelschauen: "Da musst Du schnell schauen, um ein Huhn zu ergattern." Der pensionierte Postbeamte kann es verstehen: "Bilder von überfüllten Legebatterien und fast federlosen Hühnern verderben uns immer öfter die Freude am Genuss." Da sei das Ei aus dem Garten - ein Huhn legt 200 bis 250 im Jahr - schon etwas anderes. Zudem komme die Freude an Tieren, die den Garten bereichern würden.

Der 70-jährige Gröbenzeller weiß schließlich, wovon er spricht. Er hat schon als Kind seine Liebe zu Hühnern entdeckt - auf dem Bauernhof des Großvaters. Und seit mehr als einem Vierteljahrhundert hat er selbst welche. Seine Leidenschaft gehört dabei einer ganz besonderen Rasse: Chabo-Hühnern, die einst in Japan nach dem Schönheitsideal von Geishas gezüchtet wurden und mit ihren kurzen Beinchen durchaus ein kurioses Bild abgeben. Doch nicht nur dieses Merkmal hat Wendl "immer fasziniert". 25 Hennen und fünf Gockel hält er in einer Volliere und einem Schutzhaus.

Auch seine Art ist auf der Ampertal-Vogelschau an diesem Wochenende also zu sehen: am Samstag von 9 bis 18, am Sonntag von 9 bis 16 Uhr. Dazu stellen auch noch neun weitere Geflügelzüchter des Vereins aus, mehr seien es nicht mehr in dem heute 50 Mitglieder umfassenden Verein, bedauert Wendl. Aber auch andere Gröbenzeller Vogelliebhaber sind mit dabei, was darauf hinweist, dass in der Wildmooshalle nicht nur Hühner rumgackern. 150 Züchter aus Bayern mit rund 600 Tieren warten auf die Besucher, die vom Wellensittich über den Kanarienvogel bis hin zum Papagei natürlich ein breites Spektrum der Vogelwelt bestaunen können. Wird bei aller Faszination ja dann nicht gleich jemand in eine Identitätskrise wie einst die Comedian Harmonists geraten.

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: