Gröbenzell:Frühstarter

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Gastgeber: Thomas Breitenfellner hat jetzt mehr Zeit für sein Eichenauer Lokal Flori. Seine politischen Zeiten sind vorbei. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Thomas Breitenfellner war das Enfant terrible der CSU. Nun hört er mit Politik auf

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

"Politik war mein Leben", bekennt Thomas Breitenfellner im SZ-Gespräch in seinem Eichenauer Lokal Flori. Um unmittelbar darauf seinen Abschied von der Politik zu verkünden. Das ist eine kleine Sensation. Schließlich war der langjährige Kreis- und stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Union (JU) an Ehrgeiz und Zielstrebigkeit kaum zu überbieten. Mit etwas Glück könnte er seit Jahren im Landtag oder im Bundestag sitzen, wie einige der Mitstreiter, mit denen er im JU-Bundesvorstand bis 2014 zusammenarbeitete. Berufspolitiker, Abgeordneter zu werden, war sein Lebenstraum. Nun leitet er im Landkreis drei Unternehmen - und wirkt auf der Terrasse in der Frühlingssonne rundum zufrieden.

Das Provozieren, das Anecken, die Rolle des Wadlbeißers und das forsche Auftreten waren 19 Jahre sein Markenzeichen - und der zielstrebige Jungpolitiker hatte sich mit fast 490 JU-Mitgliedern nur im Landkreis eine gewichtige Hausmacht geschaffen. Das Wohlwollen der Mächtigen in der Kreis-CSU, also einer Gerda Hasselfeldt oder eines Reinhold Bocklet, brachte das von den Etablierten als "Eventpolitik" abgetane Engagement dem jungen Breitenfellner nicht ein.

Mit dem, was junge Leute gerne tun, nämlich Party zu feiern, machte Breitenfellner die JU im Landkreis attraktiv und groß. So organisierten er und seine Mitstreiter Après-Ski-Partys auf dem Rathausplatz in Gröbenzell mit viel Bier, einigen Betrunkenen und bis zu 1200 Besuchern, was ihm kritische Kommentare in der Brucker SZ einbrachte. Zum Public-Viewing der Gröbenzeller JU während der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland kamen an mehreren Tagen insgesamt 12 000 Besucher. Der JU-Chef wusste, dass er Jugendliche mit klassischen politischen Themen nicht erreichen konnte. Deshalb ging er unkonventionelle Wege und sprach Jugendliche darauf an, was sie sich wünschten. Die einen wollten einen McDonald's, andere ein Jugendcafé, Räume für Partys oder einen Bolzplatz. Breitenfellners Antwort könnte dann, wie er sich erinnert, gelautet haben: "Was du gesagt hast, ist Politik."

Auf diese Weise wuchs im Landkreis die Zahl der Mitglieder von 180 auf 490 an - inzwischen ist es nur noch die Hälfte. Die Brucker JU war bundesweit einmal der größte Kreisverband unter insgesamt 450 und nahm zweimal in Bayern die Spitzenposition ein. Er habe Leute begeistern können, sagt Breitenfellner. Man habe ihm abgenommen, dass er für das stehe, was er sage. Als der Nachwuchspolitiker nach der Kommunalwahl 2002 zusammen mit fünf Kandidaten der JU in den Gemeinderat von Gröbenzell einzog, fühlte er sich "so erwachsen". Jetzt bekennt selbstkritisch, zu früh gestartet zu sein.

Die politische Tätigkeit des 35 Jahre alten Gröbenzellers bestand nicht nur aus Feiern. Es gab noch eine andere Seite. Das sind sein Fleiß, seine Ausdauer und das Bestreben, unbedingt etwas zu bewegen und andere zu begeistern. Schon als 14-Jähriger, als andere Fußball spielten, saß er in jeder Gemeinderatssitzung in seinem Wohnort. Nach einem furiosen Start im Alter von 16 Jahren nach dem Beitritt zur JU begann der Rückzug Breitenfellners im Frühjahr 2014 mit der Niederlage als Bürgermeisterkandidat in Gröbenzell. Nach dem Sieg von Martin Schäfer in der Stichwahl sei ihm klar geworden, dass das Vorhaben, Abgeordneter im Landkreis zu werden, gescheitert war. Der Verlierer bekennt, unter ungünstigen Bedingungen als Königsmörder des damaligen CSU-Bürgermeisters Dieter Rubenbauer gestartet zu sein.

Weshalb er damals die Konsequenzen zog und sich aus dem JU-Bundes- und Landesvorstand zurückzog, nachdem er zuvor auf der Liste zweimal für den Bundestag kandidiert hatte. Obwohl er als stellvertretender JU-Bundesvorsitzender die Welt bereist hatte - er fuhr mit Delegationen nach Moskau, Irak, Washington, Kanada, Moldawien und Taiwan - genügte ihm seit 2014 Gröbenzell. Er wollte im Gemeinderat nur noch als Kommunalpolitiker "etwas bewegen". Um nun umso enttäuschter über die Stagnation ihm wichtiger Vorhaben wie der Umgestaltung der Kirchenstraße und der Erweiterung des Ortszentrums in die Bahnhofstraße hinein festzustellen: "Im Gemeinderat habe ich kaum Gestaltungsmöglichkeiten, da werde ich müde." Diese Stagnation war schon Rubenbauer zum Verhängnis geworden. Drei Jahre lang fand sich Breitenfellner mit der Rolle ab, "ein guter Verlierer" zu sein, wie er erläutert.

Allen, die in der CSU Karriere machen wollen, rät der Gröbenzeller ab, die Partei nicht zu kritisieren. Um zu ergänzen: "Es kommt besser an, wenn es kuscheliger ist". Als JU-Kreisvorsitzender verstieß Breitenfellner gegen diesen Grundsatz. Er wollte provozieren und schoss, wie er sagt, wiederholt übers Ziel hinaus. Brav mitzumachen und viel anwesend zu sein, komme besser an, meint er nun. Als exemplarisch für seine Verhältnis zur CSU erwähnt Breitenfellner eine Sitzung des CSU-Kreisvorstands im Jahr 2006. Damals feierte die Kreis-CSU das 60-jährige Bestehen, und Breitenfellner diskutierte in einer JU-Arbeitsgruppe, wie sich die CSU neu aufstellen und verändern müsse. Was er in einem Zehn-Punkte-Programm zusammenfasste und in lokalen Medien publizierte. "Da haben sie mich rasiert, dass ist unvorstellbar", allen voran Gerda Hasselfeldt, erinnert sich der ehemalige JU-Kreischef.

Was ihm in der Politik verwehrt blieb, etwas zu bewegen, erreicht er nun als Inhaber von drei Firmen. Das sind die Firma Breitenfellner Kommunikation mit der Zeitschrift Gustl als Aushängeschild, die Firma Breitenfellner-Weise Kulturarbeit, deren Veranstaltungen im Jahr etwa 20 000 Besucher haben, und die Firma Breitenfellner Gastro mit der Gaststätte Flori in Eichenau und Veranstaltungsgastronomie. "Da erlebe ich, dass ich eine Idee habe und die umsetze, in der Politik muss man Mehrheiten finden."

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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