Gröbenzell:Essbare Gärten

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Auf brachliegendem Gemeindegrund in Gröbenzell sollen Obst und Gemüse angebaut werden. Die Politiker sind begeistert.

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Ob die Gröbenzeller künftig noch mehr von ihrer Gemeinde schwärmen? Schließlich sollen sie so schnell es irgend möglich ist, "essbare Gärten" auf öffentlich zugänglichen Grünflächen gemeinsam bestellen. Gröbenzeller werden also künftig auf einem Spaziergang oder auf ihrem Weg ins Ortszentrum oder zur S-Bahn ernten können, was an Gemüse oder Obst neben ihren Straßen und Wegen so wächst. Der Gemeinderat war am Donnerstagabend von dem Vorschlag der Agenda-21-Sprecherin Andrea Gummert so begeistert, dass schon gefragt wurde, wer wohl wie in den Genuss der Erdbeeren kommen könnte, die demnächst auf einem der von der Gemeinde erworbenen Baugrundstücke in der Bahnhofstraße wachsen und reifen sollen.

Alles kein Problem, lautete die Antwort unter Berufung auf die positiven Erfahrungen des Projekts "Andernach - die essbare Stadt". Dort können die Andernacher in öffentlichen Parks Kräuter, Obst und Gemüse anbauen - und jeder dürfe sich bedienen. Das für Gröbenzell passende Konzept will die Agenda-Gruppe erst noch entwickeln. Die Idee kam nicht nur deshalb gut an, weil es wohl nur wenige Dinge gibt, die so gut zur einer Gartenstadt passen wie die Vorstellung von "essbaren Gärten".

Mit dem andernorts auch "Urban Gardening" genannten Anbau von Essbarem auf öffentlicher Flächen soll in der Bahnhofstraße begonnen werden. Das ist kein Zufall. Es ist vorstellbar, dass es einige Gemeinderäte nach rund dreißig Jahren fruchtloser Debatten satt haben, sich weiter über die Bebauung der im Ortszentrum gelegenen Bahnhofstraße zu streiten. Wüchsen dort auf öden Brachflächen Kartoffeln, Bohnen oder Salatköpfe, hätten die Bürger wenigstens schon einen Nutzen von den Millioneninvestitionen.

Wobei bei einer Fraktion schon gewisse Präferenzen erkennbar waren. Hat die SPD bei der Bebauung der Bahnhofstraße bisher Wohnungen und soziale Einrichtungen eindeutig bevorzugt, ließen die Sozialdemokraten bereits eine gewisse Sympathie für rote Früchte wie Erdbeeren und Radieschen erkennen. Ohne dass sich die schwarzen Kommunalpolitiker im Gegenzug gleich auf Schwarzwurzeln festlegten.

Mit dem avisierten Start im grünen Herzen der Gemeinde, in der Bahnhofstraße, sollen nicht etwa politische Versäumnisse kaschiert werden. Wie Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) darlegte, hat das einen pragmatischen Grund. Die Gemeinde verfügt dort über einen Brunnen. Damit wäre das Problem der Beschaffung des Gießwassers schon mal unbürokratisch gelöst. Auch über die Höhe von Zuschüssen für das Blumengießwasser aus dem Netz der öffentlichen Wasserversorgung müsste (vorläufig) nicht diskutiert werden. Offen blieb vorerst, ob in den "essbaren Gärten" auch nicht essbare Blumen gepflanzt werden dürfen.

Und es sprach auch niemand darüber, ob nach dem in einigen Monaten zu erwartenden Abriss des alten Rathauses gegenüber der katholischen Kirche auf den dann brach liegenden Freiflächen als Zwischenlösung gegartelt werden darf, bis ein Konzept für den Rathausneubau gefunden ist. Nur die Flächen der unbebauten gemeindlichen Grundstücke in der Bahnhofstraße summieren sich auf rund 10 000 Quadratmeter.

Noch etwas liegt auf der Hand. Angesichts der Bauwut einiger Investoren und Grundstückseigentümer ist die Gartenstadt gut beraten, das Gärtnern auf öffentlichen Grund zu verlegen. Jedes private Beet, das in Bauland umgewandelt wird, wirft schließlich eine viel höhere Rendite ab, als der Anbau von Obst und Gemüse.

Sollte im Überschwang der Begeisterung übersehen worden sein, dass die Erdbeerzeit ja bald beginnt, dürfte auch das kein Problem sein. Vielleicht finden sich ja Gartenstädter zusammen, die solche Erdbeeren anbauen, die auch noch im Herbst Früchte tragen. Und irgendwo findet sich bestimmt noch Platz für ein kleines Gewächshaus für den ganzjährigen Anbau. Schließlich dürfte es auch in der Gartenstadt aus der Mode gekommen sein, Gurken für den Winter einzulegen und das Sauerkraut der Marke Eigenbau in Steingutfässern aufzubewahren, um sich mit der vitaminreichen Winterkost gegen die nächste Grippewelle zu wappnen.

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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