Gröbenzell:Erste Hilfe für die Seele

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Das Kriseninterventionsteam der Malteser wird zehn Jahre alt

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Sie kommen nach Unfällen und tragischen Schicksalsschlägen, oft sind die Einsätze des Kriseninterventionsteams (Kit) mit dem Tod verbunden, immer geht es um traumatische Erlebnisse für Betroffene, Angehörige, Freunde und Bekannte, Zeugen - und die Rettungskräfte selbst: Die ehrenamtlichen Helfer des Kit der Malteser in Gröbenzell und des Kid (Kriseninterventionsdienst) vom BRK nehmen sich der psychischen Folgen schrecklicher Erlebnisse an - und zwar unmittelbar, nachdem es passiert ist. Das Gröbenzeller Kit feiert an diesem Freitag sein zehnjähriges Bestehen. Das Brucker Kid startete 1996 - zwei Jahre nachdem in München über den Arbeiter-Samariter als Träger das erste Kriseninterventionsteam auf der Welt gegründet worden war.

Die Krisenintervention, also die psychische Betreuung von Personen nach traumatischen Erlebnissen, ist ein relativ junges Angebot. Das liegt vermutlich daran, dass die gesamte wissenschaftliche Disziplin der Psychologie eine noch recht junge Wissenschaft ist. Die Gesellschaft reagiert erst nach und nach mit adäquaten Angeboten. Jedenfalls kam Andreas Müller-Cyran die Idee bei einem Einsatz, bei dem ein kleiner Bub von einer Straßenbahn angefahren wurde. Der Rettungssanitäter des ASB bemerkte den Schock der Eltern und des Trambahnfahrers und wollte helfen. Die Not der Betroffenen war erkannt, ein erstes Konzept wurde mit psychiatrischer und psychologischer Unterstützung ausgearbeitet. Das war 1994. 1996 griffen Mitarbeiter des Bayerischen Roten Kreuz (BRK) in Fürstenfeldbruck die Idee auf, neun Jahre später folgten die Malteser in Gröbenzell. Die Initiative kam von der Notärztin Birgit Vhynalek, die auch bei der Feier sprechen wird. Seit 1996 teilen sich Kid und Kit die Aufgaben im Landkreis zeitlich auf. In beiden Teams sind derzeit 15 beziehungsweise 14 ehrenamtliche Helfer. Bei den Maltesern befinden sich außerdem fünf Personen in der Hospitationsphase und fünf interessieren sich für die Ausbildung, wie Teamleiterin Heide Tartler berichtet.

Die Ausbildung erstreckt sich über sechs Wochenenden. Es wird psychosoziale Notfallversorgung mit den Schwerpunkten Psychotraumatologie, Kommunikation, Stresstheorie und einigen weiteren vermittelt. Die Teilnehmer werden schriftlich, mündlich und in einem Rollenspiel geprüft. Nach der erfolgreichen Prüfung folgt die Hospitation, während der die Anwärter erfahrene Teammitglieder bei Einsätzen begleiten. Die meisten Helfer haben zusätzlich die Ausbildung "Betreuung von Einsatzkräften" absolviert; sie dauert weitere drei Wochenenden. Um selbst mit dem erlebten Leid klar zu kommen, sind Gespräche besonders wichtig, sei es nach den in der Regel mindestens zu zweit gefahrenen Einsätzen, später am Telefon oder bei der monatlichen Supervision.

Tartler ist seit 2006 beim Kit. Teamleiterin sei sie seit rund fünf Jahren, schätzt die pensionierte Realschullehrerin. Ihr Team bestehe aus etwas mehr Frauen als Männern unterschiedlichster Berufsgruppen. "Ich denke, es sind alles Menschen, die sehr viel Gefühl und Empathie haben", sagt sie über ihre Helfer. Die Frage nach ihrer Motivation beantwortet Tartler so: "Es motiviert, wenn wir Leute wieder handlungsfähig zurück lassen können", oft brauche es keine großen Worte, sondern den Betroffenen helfe schon das Wissen, dass da jemand sei und helfe. Die Krisenhelfer aktivieren das soziale Netzwerk und organisieren oder vermitteln weiterführende Hilfe.

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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