Gröbenzell:Endstation für Rollstuhlfahrer

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Der Aufzug am S-Bahnhof Gröbenzell funktioniert nicht - und die Bahn ist darüber nicht immer im Bilde. (Foto: Simon)

91-Jährige kommt wegen defekten Aufzugs nicht auf den Bahnsteig

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Monika Graf wollte ihrer Mutter kurz vor Weihnachten eine Freude machen. Sie holte die 91-jährige Dame in Gröbenzell von zu Hause ab, um mit ihr per S-Bahn zu einem Stadtbummel nach München aufbrechen. Grafs Mutter ist zu hundert Prozent schwerbehindert und sitzt im Rollstuhl. "In dieser fröhlichen Annahme, dass es an der Gröbenzeller S-Bahnstation einen funktionierenden Aufzug gibt, sind wir zum Bahnhof gerollt", erzählt Monika Graf. Doch der Weg nach München war für die Rollstuhlfahrerin am Tag vor Heiligabend versperrt, genauso wie sechs Tage später am 29. Dezember.

"Am Aufzug war kein Schild, dass dieser außer Betrieb ist", sagt Graf. Angegeben war die Telefonnummer des Störungsdienstes der S-Bahn. Die dortige Mitarbeiterin teilte Graf mit, dass schon ein Monteur dort gewesen sei, aber der Schaden nicht behoben werden konnte. Wann dies der Fall sein werde, konnte die Bahn-Mitarbeiterin nicht sagen. "Viele Menschen hatten am Bahnhof dann angeboten, meine Mutter aufs Gleis hochzutragen", berichtet Graf. Das wären dort zweimal 15 Stufen gewesen. Sie wollte das den Passanten nicht zumuten - auch mit Blick aufs Risiko, nach der gemeinsamen Rückkehr keine so hilfsbereiten Menschen mehr anzutreffen. Sie machte mit ihrer Mutter also kehrt und schob sie im Rollstuhl wieder zehn Minuten nach Hause.

Am 29. Dezember startete Monika Graf einen zweiten Versuch. "Diesmal habe ich am Morgen gleich die Störungsstelle angerufen", so die Gröbenzellerin. Die Auskunft: Der Aufzug funktioniere, habe die Dame geantwortet. Graf holte ihre Mutter diesmal mit dem Auto ab. Eine Viertelstunde vor der Zugabfahrt kam sie am Gröbenzeller Bahnhof an und schob ihre Mutter zum Aufzug. Dort traute sie ihren Augen nicht - prangte doch am Aufzug ein roter "Defekt"-Aufkleber. "Was soll ich denn als S-Bahnfahrerin noch tun, als vorher bei der Störungsstelle anzurufen?", fragt Graf frustriert. Sie packte ihre Mutter und den Rollstuhl wieder ins Auto und fuhr zur S-Bahnstation Lochhausen. "Dort funktionierte der Lift", so Graf. Für den 23. Dezember hatte sie schon eine MVV-Tageskarte erworben, die sie nicht benutzen konnte. Die will sie von der Bahn ersetzt haben. Graf ist gespannt, ob ihre Reklamation Erfolg haben wird.

"Unsere Techniker sind grundsätzlich jeden Tag unterwegs", berichtet eine Mitarbeiterin der MVV-Störungsstelle. Die Monteure würden sich hauptsächlich um Rolltreppen und Aufzüge kümmern. In Gröbenzell ist noch ein älteres Aufzugsmodell in Betrieb. Möglicherweise habe dieses am 29. Dezember vormittags noch funktioniert, sei dann aber nachmittags wieder defekt gewesen. "Das passiert innerhalb von ein, zwei Stunden", so die MVV-Mitarbeiterin. "Dann ist es meistens doch etwas Größeres." Zudem gibt es an Wochenenden und um die Weihnachtstage nur einen Notdienst, der sich vorzugsweise um den Münchner Innenraum kümmert.

© SZ vom 31.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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