Gröbenzell:Ein Grüner der ersten Stunde

Lesezeit: 3 min

Bekanntestes Gesicht der Grünen im Landkreis: der Gröbenzeller Landtagsabgeordnete und Kommunalpolitiker Martin Runge. (Foto: Günther Reger)

Der Landtagsabgeordnete und Kommunalpolitiker Martin Runge feiert seinen 60. Geburtstag

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

In einem Video auf Youtube erzählt Martin Runge, wie es Ende der Siebzigerjahre zur Gründung eines Gröbenzeller Ortsverbands der Grünen gekommen ist, wodurch er später zum Mitbegründer des Landesverbands der Grünen in Bayern und der Bundes-Grünen geworden ist. Runge spielte damals Handball bei der A-Jugend des SC Gröbenzell. Die Sportler trafen sich regelmäßig auf ein Bier und zum Politisieren. Es ging um das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung, das man sich damals in einem Verfahren erstreiten musste, und um Umwelthemen. Abgesehen davon, dass der Weg vom Sport zur Politik schon erstaunlich ist, begann der Kriegsdienstverweigerer Runge als Grüner der ersten Stunde eine politische Karriere, die ihn bis in den Landtag brachte. Allerdings gehörte Runge nie einem der Parteiflügel an, er war weder ein ausgesprochener Fundi oder ein Realo, der um der Karriere willen Kompromisse einging. Wohl auch deshalb war der unbequeme, manchmal hemdsärmelige ehemalige Vorsitzende der Landtagsfraktion nie so populär, um in die erste Reihe von Bayerns Grünen aufzusteigen. Dafür steht er immer noch für seine Werte, die er stur gegen den Widerstand von Mitstreitern vertritt.

Landrat Thomas Karmasin (CSU) würde Runge, der an diesem Donnerstag 60 Jahre alt wird, deshalb wohl den Überzeugungstätern zuordnen. Falsch ist das nicht. So ist Runge überzeugt, dass von Handys eine Gesundheitsgefahr ausgeht, also besitzt er keines. Auch gegen den Klimawandel leistet er einen Beitrag. Zu Terminen im Landkreis oder Kreistagssitzungen in Fürstenfeldbruck radelt er mit dem E-Bike. Geht das nicht, kommt er mit Bus oder Bahn. Bequem ist das nicht, aber glaubwürdig. Dazu passt sein Wohnhaus, das ein Musterhaus für regenerative Energie sein könnte.

Mit der eigenen Arbeitskraft geht er verschwenderischer um als mit Energie. Gefürchtet sind Runges Fachwissen und Detailversessenheit. Arbeitet er sich doch gewissenhaft nächtelang durch Akten und in sperrige Themen ein, um mit Experten oder Verwaltungsmitarbeitern auf Augenhöhe zu diskutieren. Sitzungsunterlagen kennt er oft besser als deren Verfasser. Dazu passt, dass Runge als einziger Kreisrat mit seiner Kritik an den Fusionsplänen der Sparkasse deren Chef gehörig ins Schwitzen bringt. Der scheut deshalb den Diskurs mit dem Kritiker. Runge genießt es, in Gremien oder bei Auftritten mit Fachwissen aufzutrumpfen, bisweilen wird ihm das als Arroganz ausgelegt. Dabei entspricht das nur seinem Verständnis von Opposition, Mächtige zu kontrollieren und schonungslos Fehler aufzudecken. Gelingt es ihm, wie beim Bürgerentscheid gegen die Stadterhebung von Gröbenzell, der CSU eine Niederlage zu bereiten, genießt er den Erfolg wochenlanger Anstrengungen mit fast kindlicher Freude. Die Klüngelei anderer Kreisräte mit dem CSU-Landrat ist nicht Runges Art, weshalb er ein schwarz-grünes Bündnis im Kreistag ablehnte, auch um nicht das grüne Profil zu verwässern.

Kritiker meinen, der Gröbenzeller überschätze technische Fragen und seine Detailversessenheit. Dabei kommt hier nur der Betriebswirt, promovierte Wissenschaftler, Buchautor und Unternehmensberater zum Tragen. Er ist kein Ideologe, der verkündet, was richtig ist, sondern jemand, der anderen den Weg zum Verstehen komplexer Zusammenhänge aufzeigt. Wer Runge um eine Stellungnahme zu Themen wie Baurecht, Hochwasserschutz oder die Sparkassenfusion befragt, erhält statt einer kurzen Antwort ein Konvolut von E-Mails. Hat man die Dossiers gelesen und vielleicht verstanden, kann man immer noch reden.

Der 60-Jährige blieb nicht nur seinen Überzeugungen, sondern auch der Kommunalpolitik und damit seinen politischen Ursprüngen treu. Runge gehört dem Kreistag seit 1984 an, im Gröbenzeller Gemeinderat sitzt er mit einer Unterbrechung fast ebenso lange. Deshalb ist er mehr als die Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer und Sepp Dürr zum Gesicht der Grünen im Landkreis geworden. Als Runge 2013 nach 17 Jahren den Wiedereinzug in den Landtag knapp verfehlte, weil er sich für die Entlassung von Gustl Mollath aus der Psychiatrie einsetzte, statt seinen eigenen Wahlkampf zu betreiben, sagte er nur lapidar, Niederlagen gehörten zur Politik. Und kniete sich dafür umso mehr in die Kommunalpolitik rein. In Gröbenzell hielt er fortan als Stellvertreter dem Rathauschef Martin Schäfer den Rücken frei, in Fürstenfeldbruck trat er als OB-Kandidat an und unterlag knapp. Nach der Bundestagswahl rückte er im Oktober in den Landtag nach.

Wer Runge auf die Politik reduziert, wird ihm nicht gerecht. Wie zur Zeit der Parteigründung ist er der gesellige, offene, sportlich interessierte und am Wohnort verwurzelte Gröbenzeller. Das ist Teil seines Erfolgs.

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: