Gröbenzell:Ein Fall für die Abrissbirne

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Ein Bild, das bald der Vergangenheit angehören wird: die Vorderansicht des Rathauses von Gröbenzell. (Foto: Günther Reger)

Das Gröbenzeller Rathaus muss einem Neubau weichen. Obwohl noch viele Fragen ungeklärt sind, fällt der Beschluss im Gemeinderat einstimmig

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Der Betonbau des 1972 fertiggestellten neuen Rathauses im Ortszentrum von Gröbenzell hat endgültig ausgedient. Laut dem einstimmig gefassten Beschluss des Gemeinderates vom Dienstagabend soll der gesamte Gebäudekomplex einschließlich der beiden älteren Seitengebäude abgerissen und durch einen funktionalen Neubau ersetzt werden. Der Entscheidung ging eine mehrstündige, zum Teil hitzige Debatte voraus. In dieser wurde auch ein Gutachten zu den geschätzten Kosten einer Sanierung und eines Neubaus präsentiert. Demnach wäre bei einer Gesamtgeschossfläche von 3600 Quadratmetern ein Neubau um zwölf Prozent oder 1,3 Millionen Euro billiger als eine Generalsanierung des Mitteltrakts mit Errichtung zweier neuer Seitenflügel. Der Neubau soll rund 10,5 Millionen kosten - die Generalsanierung aber 11,74 Millionen Euro.

In der Kostenberechnung für beide Varianten sind 1,8 Millionen Euro für eine Tiefgarage mit 45 Stellplätzen enthalten. Christoph Winter, Geschäftsführer der auf das Kostenmanagement von Bauvorhaben spezialisierten Firma Emproc stellte die Berechnungen für die beiden Varianten Sanierung oder Neubau vor. Winter plädierte für den Neubau, mit dem sich ein funktionales, wirtschaftlich optimiertes Rathaus verwirklichen lasse. Als weitere Vorteile führte der Experte einen damit zu realisierenden kompakten Baukörper an, die Vermeidung von Anschlussproblemen durch unterschiedliche Höhenlagen des Bestands und der damit zu verbindenden Anbauten sowie eine bessere Wegführung und damit leichtere Orientierung in einem Neubau. Dem stellte er als Nachteile gegenüber, dass mit dem Abriss und einem neuen Erscheinungsbild die Identität des Rathauses verloren gehe. Werde die zentrale Betonhülle als Rohbau erhalten, dann mindere das die hohen Abbruch und Entsorgungskosten - die wohl den Kosten eines neue Rohbaus entsprechen - und stehe zudem noch für einen schonenden Umgang mit Ressourcen. Als problematisch stellte es Winter dar, die Betonfassade zu erhalten und gleichzeitig so zu ertüchtigen, dass die neuen Energieverbrauchstandards eingehalten werden können.

Wie das Abstimmungsergebnis zeigte, stand schon vor den Beratungen das Meinungsbild des Gemeinderats fest. Über die Vor- und Nachteile der Varianten wurde nicht länger diskutiert. CSU-Fraktionssprecherin Brigitte Böttcher wies auf mögliche juristische Probleme hin. Sie wollte wissen, ob es Probleme geben könne, wenn der Mitteltrakt des Architekten Raths dem Erdboden gleich gemacht wird. Laut Axel von Walter treten urheberrechtliche Probleme nur beim Erhalt und Umbau eines Gebäudes auf. "Wer ein Kunstwerk zerstört, muss den Urheber nicht fragen", sagte der Sozialdemokrat von Walter.

Inwiefern die Familie des verstorbenen Architekten und ehemaligen Gröbenzeller Gemeinderats bei einer Fassadenänderung Urheberrechte geltend machen will, blieb ungeklärt. Ebenso ungeklärt blieb, inwieweit Änderungswünsche der Fraktionen, der Gröbenzeller oder der Rathausverwaltung die Kosten in die Höhe treiben werden. Schließlich ist vorgesehen, wie von Markus Rainer (Grüne) vorgeschlagen, keinen reinen Verwaltungsbau zu errichten, sondern auch von Vereinen und Institutionen wie der Volkshochschule zu nutzende öffentliche Säle mit einem eigenen Eingang zu bauen. Allerdings muss die Verwaltung erst noch klären, ob überhaupt Platz für solche Sonderwünsche bleibt. Vertagt wurde nach fast zweistündiger Debatte über diesen Punkt, ob das Bauvorhaben in öffentlich-privater Partnerschaft einem Generalunternehmer übertragen oder in konventioneller Weise in Zusammenarbeit mit einem Projektsteuerer von der Rathausverwaltung durchgeführt werden soll. Offen blieb auch, wann und in welcher Form die Bürger in die Planungen einbezogen werden sollen.

In der aktuellen Viertelstunde gab es aus den Zuhörerreihen skeptische Beiträge. Michael Böhmer sprach von einer "Bodenlosigkeit sondergleichen", den Abriss zu beschließen, ohne eine Planung für den Neubau zu haben. Eine anderer Bürger wies verwundert darauf hin, in keinem Wahlprogramm etwas von einem Neubau gelesen zu haben. Er fragte: "Warum weiß man jetzt, dass das Rathaus kaputt ist?" Angesichts der unerträglichen Sommerhitze im Sitzungssaal im Dachgeschoss beantragte ein anderer Gröbenzeller, das neue Rathaus mit einer Klimaanlage auszustatten. Ein anderer wollte wissen, was der Oberste Rechnungshof zu einer solchen Planung sage.

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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